Rz. 334
Art. 214ff. MwStSystRL enthalten Verfahrensregelungen im Hinblick auf die korrekte Anwendung und Kontrolle der Übergangsregelung für den innergemeinschaftlichen Handel. Zu diesem Zweck erhält jeder beteiligte Unternehmer eine USt-IdNr.
Rz. 335
Zur Kontrolle der ordnungsmäßigen Besteuerung des innergemeinschaftlichen Handels sind die Unternehmer verpflichtet, zusammenfassende Meldungen über ihre steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen abzugeben. In diesem Zusammenhang muss der Unternehmer auch entsprechende Aufzeichnungen führen.
Rz. 336
Nach Art. 272 MwStSystRL können die Mitgliedstaaten bestimmte Gruppen von Unternehmern von Steuererklärungs- und Aufzeichnungspflichten oder der Pflicht zur Rechnungserteilung befreien. Geringfügige Steuerschulden können erlassen werden.
Rz. 337
Der Neutralitätsgrundsatz wird nicht verletzt, wenn gegen einen Steuerpflichtigen, der seine Verpflichtung, die für die Berechnung der von ihm geschuldeten MwSt bedeutenden Umstände zu verbuchen und auszuweisen, nicht innerhalb der in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehenen Frist erfüllt hat, eine Verwaltungsgeldstrafe verhängt, die dem Betrag der nicht rechtzeitig entrichteten MwSt entspricht, auch wenn der Betroffene das Versäumnis in der Folge behoben und die geschuldete Steuer in voller Höhe zuzüglich Zinsen entrichtet hat. Unter Berücksichtigung der Art. 242 und 273 MwStSystRL muss die Höhe der verhängten Verwaltungsstrafe aber verhältnismäßig sein.
Der Grundsatz der Gleichbehandlung steht dem nicht entgegen, wenn die Steuerverwaltung von einem Steuerpflichtigen bei Unternehmensgründung anlässlich seiner Mehrwertsteuerregistrierung verlangt, dass er aufgrund seiner Verflechtung mit einer anderen juristischen Person, die Steuerrückstände hat, eine Sicherheit leistet. Eine solche Maßnahme ist im Einzelfall mit Art. 273 MwStSystRL vereinbar, wenn der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt ist.
Rz. 338
Art. 273 MwStSystRL erlaubt es den Mitgliedstaaten für Zwecke einer genauen Erhebung der MwSt und der Vermeidung von Steuerhinterziehung, vorbehaltlich der Gleichbehandlung der von den Unternehmern bewirkten Inlandsumsätze und innergemeinschaftlichen Umsätze weitere Pflichten als die in der MwStSystRL geregelten vorzusehen, die sie für diese Zwecke für erforderlich halten, wenn diese Pflichten im Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht zu Formalitäten beim Grenzübertritt führen. Die Vorschrift enthält weder die Bedingungen noch die Pflichten, die die Mitgliedstaaten vorsehen können, und räumt den Mitgliedstaaten daher in Bezug auf die Mittel zur Erreichung der Ziele, die gesamte MwSt nachzufordern und Betrug zu bekämpfen, ein Ermessen ein. Danach kann eine Steuerbehörde im Fall von gravierenden Divergenzen zwischen den erklärten Einnahmen und den auf der Grundlage von Sektorenanalysen geschätzten Einnahmen eine induktive Methode verwenden, um die Höhe der Umsätze eines Steuerpflichtigen zu bestimmen, und dementsprechend eine Steuernacherhebung vornehmen. Die Methode der Ermittlung des Umsatzbetrags muss es dem Steuerpflichtigen aber erlauben, die mit dieser Methode erzielten Ergebnisse auf der Grundlage aller Gegenbeweise, über die er verfügt, infrage zu stellen und sein Recht auf Vorsteuerabzug auszuüben.
Art. 273 MwStSystRL und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stehen einer nationalen Regelung nicht entgegen, die eine automatische gesamtschuldnerische Haftung für die Mehrwertsteuerschulden einer juristischen Person unter folgenden Umständen vorsieht:
- die gesamtschuldnerisch haftbar gemachte Person ist Geschäftsführer der juristischen Person oder Mitglied eines ihrer Leitungsorgane;
- die gesamtschuldnerisch haftbar gemachte Person hat unredlich Zahlungen aus dem Vermögen der juristischen Person geleistet, die als verdeckte Ausschüttung von Gewinn oder Dividenden eingestuft werden können, oder hat dieses Vermögen unentgeltlich oder zu Preisen übertragen, die erheblich niedriger als die Marktpreise sind;
- die unredlich vorgenommenen Handlungen haben bewirkt, dass die juristische Person nicht in der Lage ist, die von ihr geschuldete MwSt vollständig oder auch nur zum Teil abzuführen;
- die unredlich vorgenommenen Handlungen haben bewirkt, dass die juristische Person nicht in der Lage ist, die von ihr geschuldete MwSt vollständig oder auch nur zum Teil abzuführen;
- diese gesamtschuldnerische Haftung wird nur hilfsweise ausgelöst, wenn es sich als unmöglich erweist, die von der juristischen Person geschuldeten Mehrwertsteuerbeträge beizutreiben.
Art. 69, 206 und 273 MwStSystRL stehen einer Bestimmung des nationalen Rechts entgegen, die eine Pflicht zur Vorauszahlung der MwSt auf den innergemeinschaftlichen Erwerb von Kraftstoffen anordnet, bevor der Steueranspruch im Sinne dieses Art. 69 MwStSystRL eintritt.