Rz. 693
Die vom Rat am 2.20.2018 angenommene Verordnung enthält u. a. Neuregelungen der sog. Zusammenarbeits-Verordnung 904/2010 im Bereich des grenzüberschreitenden Austauschs von Kfz-Registrierungsdaten, Regelungen zu Ermittlungsbefugnissen von Beamten aus anderen Mitgliedstaaten, die sich anlässlich der Durchführung behördlicher Ermittlungen durch einen Mitgliedstaat in diesem aufhalten dürfen, Regelungen über den Informationsaustausch mit Europol und dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) sowie zum Austausch von Zolldaten im Zusammenhang mit Zollverfahren zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr mit unmittelbar anschließender umsatzsteuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferung.
4.26.1 Durchführung behördlicher Ermittlungen
Rz. 694
In Art. 7 Abs. 4, 4a der VO 904/2010 wurden neue Pflichten für Mitgliedstaaten (MS) geregelt, die auf Ersuchen anderer MS behördliche Ermittlungen durchführen.
4.26.2 Informationsübermittlung ohne Ersuchen (Art. 13 Abs. 3 VO 904/2010)
Rz. 695
Die Abweichung von Standardformularen wird nur in den Fällen des Art. 50 VO 904/2010 (Weiterleitung von Informationen von Drittländern) zugelassen oder in Fällen, bei denen es ein Einvernehmen der beteiligten MS über die Nutzung anderer sicherer Kanäle gibt.
4.26.3 Anforderungen an die elektronischen Systeme (MIAS) der MS (Art. 17 VO 904/2010)
Rz. 696
Der Datenumfang sollte ursprünglich durch Einführung neuer Datenkategorien erweitert werden, nämlich um Informationen zum Status des sog. zertifizierten Steuerpflichtigen (CTP) und bestimmte steuerfreie Einfuhren im Zollverfahren 42. Da der Abschluss der Verhandlungen zum CTP im Zusammenhang mit der Änderung der MwStSysRL (sog. Quick Fixes) nicht absehbar war, wurden die entsprechenden Vorschriften oder erforderlichen Anpassungen der VO 904/2010 zurückgestellt und alle diesbezüglichen Vorschriften in der Änderungsverordnung gestrichen. Die vorher zu speichernden Daten wurden somit nur um bestimmte Zolldaten im Zusammenhang mit dem Zollverfahren 42 ergänzt. Die EU-Kommission wurde zudem ermächtigt, weitere Details im Wege von Durchführungsrechtsakten festzulegen.
4.26.4 Zugang zu den durch die MS in ihren elektronischen Systemen (MIAS) gespeicherten Daten (Art. 21 VO 904/2010)
Rz. 697
Durch Art. 21 Abs. 1a VO 904/2010 soll sichergestellt werden, dass die mit der Prüfung der Steuerbefreiung für bestimmte Einfuhren im Zollverfahren 42 beauftragten (Zoll-)Beamten eines MS Zugriff auf dessen MIAS-Daten für Zwecke des Bestätigungsverfahrens erhalten.
4.26.5 3rd-MS-Request
Rz. 698
Die weiteren Modifizierungen betreffen den sog. "3rd-MS-Request" durch Eurofisc-Verbindungsbeamte aus nicht an der die Informationsabfrage betreffenden Transaktion beteiligten MS (Art. 21 Abs. 2 Buchst. e VO 904/2010). Der Zugriffszweck wurde um die Aufdeckung von Betrug erweitert und die zeitliche Beschränkung abgeschafft. Zur sicheren Authentifizierung der Person des den Datenzugang beantragenden Beamten erfolgen Konkretisierungen. Die EU-Kommission wurde diesbezüglich ermächtigt, praktische Modalitäten im Wege von Durchführungsrechtsakten festzulegen.
4.26.6 Grenzüberschreitender Zugang zu Daten der nationalen Fahrzeugregister (Art. 21a VO 904/2010)
Rz. 699
Die MS wurden verpflichtet, den zuständigen Behörden aus anderen MS über deren Eurofisc-Verbindungsbeamte automatisierten Zugang zu Fahrzeugidentifizierungsdaten sowie entsprechenden Daten der Fahrzeughalter und -eigentümer zu gestatten.
4.26.7 Amtshilfe-Instrument "gemeinsame Prüfungen" (Art. 28 Abs. 2a VO 904/2010)
Rz. 700
Im Zuge des Kompromisstextes der Änderungsverordnung wurde die Grundlage für gemeinsame behördliche Ermittlungen im Hoheitsgebiet eines ersuchten MS geschaffen, die unter der Verantwortung und Leitung des ersuchten MS stehen und bei denen die Beamten aus den ersuchenden MS Zugang zu denselben Räumlichkeiten und Unterlagen wie die Beamten der ersuchten Behörde erhalten, sofern die nationalen Vorschriften des ersuchten MS dies zulassen.
4.26.8 Allgemeine Änderungen des Rechtsrahmens für das Netzwerk Eurofisc (Art. 33 bis 37 VO 904/2010)
Rz. 701
Der erzielte Kompromiss sieht vor, dass die Koordinationstätigkeit von Eurofisc keine Kompetenz beinhaltet, die Durchführung behördlicher Ermittlungen in den MS anzuordnen. Die Änderungen bzw. Festlegungen zu den Rollen und Aufgaben der Verbindungsbeamten, Arbeitsbereichskoordinatoren sowie des Eurofisc-Vorsitzenden wurden konkretisiert.
4.26.9 Informationsaustausch mit Europol und dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung OLAF (Art. 36 Abs. 3 bis 5 VO 904/2010)
Rz. 702
Nach dem erzielten Kompromisstext ist eine Weitergabe von Informationen durch Eurofisc an OLAF oder Europol nicht vorgesehen. Die Vorschrift ist so ausgestaltet, dass OLAF oder Europol lediglich auf Anforderung von Eurofisc Daten an Eurofisc bereitstellen können.
4.26.10 Behandlung von Vorsteuer-Vergütungsansprüchen für Zwecke der Beitreibung (Art. 48 Abs. 1 VO 904/2010)
Rz. 703
Die MS der Erstattung i. S. d. RL 2008/9/EG (Vorsteuer-Vergütungsverfahren gegenüber in der EU ansässigen Unternehmern) können unter bestimmten Voraussetzungen den MwSt-Erstattungsbetrag oder einen Teil davon direkt an den Ansässigkeits-MS des beantragenden Unternehmers überweisen, wenn dieser dort Steuerschulden hat, wobei verfahrenstechnisch zwischen unbestrittenen und strittigen Schulden unterschieden wird.
4.26.11 Mitteilungen an die Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA) und OLAF über Verstöße gegen das gemeinsame MwSt-System (Art. 49 Abs. 2a VO 904/2010)
Rz. 704
Der erzielte Kompromisstext sieht die Informationsübermittlung an EUStA nicht mehr vor, da dies eine redundante Regelung zu Art. 24...