Rz. 719
Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL ist neu gefasst worden. Danach setzt die Steuerbefreiung ab 1.1.2020 ausdrücklich voraus, dass der Steuerpflichtige oder die nichtsteuerpflichtige juristische Person, für den bzw. die die Lieferung erfolgt, für Mehrwertsteuerzwecke in einem anderen Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat registriert ist, in dem die Versendung oder Beförderung der Gegenstände beginnt, und dem Lieferer diese USt-IdNr. mitgeteilt hat. Nach Art. 138 Abs. 1a MwStSystRL gilt die Steuerbefreiung nach Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL nicht, wenn der Lieferer der Verpflichtung zur Abgabe einer ZM nach den Art. 262 und 263 MwStSystRL nicht nachgekommen ist oder die ZM nicht die gemäß Art. 264 MwStSystRL erforderlichen korrekten Informationen zur Lieferung enthält, es sei denn, der Lieferer kann sein Versäumnis zur Zufriedenheit der zuständigen Behörden ordnungsgemäß begründen. Damit sind die Aufzeichnung einer gültigen USt-IdNr. des Abnehmers einer innergemeinschaftlichen Lieferung und die Abgabe einer zutreffenden ZM über diese Lieferung materiell-rechtliche Voraussetzungen der Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung. Es ist ab 1.1.2020 nicht mehr möglich, die Steuerbefreiung geltend zu machen, ohne dass der Abnehmer dem Lieferer eine gültige (ausländische) USt-IdNr. mitgeteilt hat.
Eine etwaige Versagung der Steuerbefreiung dürfte zeitlich regelmäßig erst nach Bewirken des Umsatzes eintreten, weil die Abgabe einer ZM zu einer innergemeinschaftlichen Lieferung immer erst später (bis zum 25. Tag nach Ablauf jedes Kalendermonats (Meldezeitraum), in dem die innergemeinschaftliche Lieferung ausgeführt wurde) erfolgt und somit frühestens erst in diesem Zeitpunkt feststehen kann, ob die Abgabe der ZM ordnungsgemäß war. Außerdem ist der Unternehmer, der nachträglich erkennt, dass eine von ihm abgegebene ZM unrichtig oder unvollständig ist, verpflichtet, die ursprüngliche Meldung innerhalb eines Monats zu berichtigen. Die Richtigkeit und Vollständigkeit einer ZM stehen insbesondere auch im Hinblick auf diese Berichtigungsmöglichkeit regelmäßig erst in einem bestimmten zeitlichen Abstand zu der innergemeinschaftlichen Lieferung fest.
Rz. 720
Im Zusammenhang mit diesen Neuregelungen enthält der ab 1.1.2020 als unmittelbares Recht geltende Art. 45a Abs. 1 VO 282/2011 Voraussetzungen, wonach vermutet werden kann, dass der Liefergegenstand in den Bestimmungsmitgliedstaat transportiert wurde. U.a. soll der Lieferer hierfür z. B. im Besitz von mindestens 2 einander nicht widersprechenden (Beleg-)Nachweisen nach Art. 45a Abs. 3 Buchst. a VO 282/2011 sein, die von 2 voneinander unabhängigen Parteien – vom Verkäufer und vom Erwerber – ausgestellt wurden. Außerdem soll der Lieferer im Besitz der in Art. 45a Abs. 1 Buchst. b VO 282/2011 aufgeführten Unterlagen sein. Die Finanzbehörde kann die Vermutungen widerlegen. Art. 45a Abs. 3 VO 282/2011 führt in einer abschließenden Aufzählung die Belegnachweise auf, aufgrund derer sich der Warentransport in den Bestimmungsmitgliedstaat gemäß Art. 45a Abs. 1 VO 282/2011 vermuten lässt, z. B. ein unterzeichneter CMR-Frachtbrief oder eine Rechnung des Spediteurs, der die Gegenstände transportiert hat.