Rz. 1144
Die EU-Kommission hatte am 23.10.2013 den Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der MwStSystRL in Bezug auf eine Standard-Mehrwertsteuererklärung vorgelegt. Mit dem Richtlinienvorschlag wollte die Kommission rechtlich verbindlich für alle Unternehmen in der EU (ob sie in anderen Mitgliedstaaten als dem Sitzstaat für Umsatzsteuerzwecke erfasst sind oder nicht) eine standardisierte Mehrwertsteuererklärung einführen. Die Kommission legte damit erstmalig einen Vorschlag im Bereich der MwSt vor, der nahezu ausschließlich das Verfahrensrecht berührt.
Rz. 1145
Die vorgeschlagenen Regelungen betrafen im Wesentlichen den Inhalt, den Zeitpunkt und die Art und Weise der Abgabe der Standard-Mehrwertsteuererklärung sowie die Korrektur unrichtiger Angaben:
- Es sollte eine Standard-Mehrwertsteuererklärung eingeführt werden, die verbindlich in allen Mitgliedstaaten gilt. Damit entfielen die bisherigen nationalen Mehrwertsteuererklärungen (Voranmeldung und Jahreserklärung).
- Inhaltlich sollten 5 Pflichtfelder vorgeschrieben werden, die von den Unternehmern auszufüllen sind. Darüber hinaus sah der Vorschlag vor, dass die Mitgliedstaaten weitere 21 Felder vorsehen können. Alle Felder sollen standardisiert werden.
- Der Besteuerungszeitraum sollte grundsätzlich der Monat sein.
- Die Mehrwertsteuererklärung sollte am Ende des auf den Besteuerungszeitraum folgenden Monats abgegeben werden und die Steuer auch zu diesem Zeitpunkt fällig sein. Die Frist zur Abgabe der Steuererklärung und zur Entrichtung der Steuer sollte bis zu einem Monat durch die Mitgliedstaaten verlängert werden können.
- Schließlich sollten im Komitologieverfahren (Ausschussverfahren) die Einzelheiten der Mehrwertsteuererklärung, die Inhalte der Angaben und Verfahren, die Einzelheiten der Bearbeitung von Korrekturen sowie die gemeinsamen Verfahren der elektronischen Abgabe der Steuererklärung vereinbart werden.
Rz. 1146
Der Vorschlag war – jedenfalls aus fiskalischer Sicht – aus verschiedenen Gründen nicht unproblematisch. Es könnte bereits zweifelhaft sein, ob eine so weitreichende Harmonisierung des Verfahrensrechts, wie die vorgeschlagene Standardisierung der Mehrwertsteuererklärung, durch Art. 113 AEUV gedeckt ist.
Rz. 1147
Eine Standard-Mehrwertsteuererklärung in allen EU-Mitgliedstaaten führt nur zu einer Entlastung für die Unternehmer, wenn diese nicht nur in ihrem Sitzmitgliedstaat, sondern auch noch in anderen EU-Mitgliedstaaten Umsatzsteuererklärungen abgeben müssen, weil sie dort steuerpflichtige Umsätze ausführen, für die sie die USt schulden. Dies sind i. d. R. nur steuerpflichtige Umsätze an Nichtunternehmer. Der Richtlinienvorschlag kann auf den ersten Blick zu einer Erleichterung für die Unternehmer führen. Diese dürfte aber beschränkt sein auf die vergleichsweise geringe Zahl von Unternehmern, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat als dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Sitz haben, umsatzsteuerlich erfasst sind und dort Mehrwertsteuererklärungen abgeben müssen. Für die anderen Unternehmer bedeutet es zumindest eine einmalige Mehrbelastung, weil sie ihre Buchführungssysteme umstellen müssten.
Rz. 1148
Die eigentliche Schwierigkeit für die Unternehmer besteht in der Anwendung des materiellen Rechts und nicht so sehr in dem Ausfüllen und Einreichen einer Mehrwertsteuererklärung. Mit dem Vorschlag würde auch noch keine Vereinheitlichung der Mehrwertsteuererklärungen erreicht, da die Mitgliedstaaten frei wären, bis zu 21 optionale Angaben zu verlangen.
Rz. 1149
Die Abgabe der Voranmeldung würde nach dem Richtlinienvorschlag im Vergleich zur geltenden nationalen Regelung in bestimmten Fällen um bis zu 20 Tage nach hinten verschoben. Dagegen entfiele die Dauerfristverlängerung (Verlängerung der Abgabefrist um einen Monat, bei Unternehmern, die monatlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgeben, mit Sondervorauszahlung).
Mit dem Kommissionsvorschlag würde die bisher in Deutschland bestehende Pflicht zur Abgabe einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung entfallen. Dies führte dazu, dass (bei monatlicher Abgabe der Erklärung) eine Besteuerung zeitnah in dem Besteuerungszeitraum erfolgt, in dem die Steuer tatsächlich entstanden ist. Die Angabe – derzeit nur in den Umsatzsteuer-Jahreserklärungen enthaltener – zusätzlicher Informationen zu Umsätzen und Vorsteuerbeträgen des Unternehmers müssten bereits in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen bzw. Standard-Mehrwertsteuererklärungen vorgenommen werden.
Rz. 1150
Die Abschaffung der Umsatzsteuer-Jahreserklärung könnte außerdem zu erheblichen Erschwernissen für die Unternehmer und deren steuerliche Vertreter führen, da die Jahresabschlüsse erst nach Ablauf des jeweiligen Besteuerungszeitraums (Kj.) erstellt werden.
Rz. 1151
Das vorgeschlagene Komitologieverfahren hätte ebenfalls nicht unerhebliche Konsequenzen. Dadurch würden Gesetzgebungskompetenzen vom Rat auf die Kommission verlagert, was mit dem bisher für den Bereich der MwSt geltenden Einstimmigkeitsprinzip schlecht vereinbar wäre. Der Richtlinienvorschlag hat i...