Besonderer Kündigungsschutz bedeutet: Möchte der Arbeitgeber einen schwerbehinderten Mitarbeiter entlassen, benötigt er hierfür die Zustimmung des Integrationsamts. Bei einem Betriebsübergang nach § 613a BGB muss sich der Betriebsübernehmer die Kenntnis des Betriebsveräußerers von der Schwerbehinderteneigenschaft eines Arbeitnehmers zurechnen lassen. Der Sonderkündigungsschutz gilt allerdings nicht für schwerbehinderte Mitarbeiter,
deren Schwerbehinderung zum Zeitpunkt der Kündigung nicht nachgewiesen ist oder bei denen das Versorgungsamt die Schwerbehinderteneigenschaft wegen fehlender Mitwirkung nicht nachweisen konnte;
Nachweis der Schwerbehinderung
Als nachgewiesen gilt die Schwerbehinderung zum einen durch einen Feststellungsbescheid. Zum anderen ist sie aber auch dann nachgewiesen, wenn sie für den Arbeitgeber offenkundig ist. Kündigt ein Arbeitgeber, für den die Schwerbehinderteneigenschaft eines Arbeitnehmers offenkundig ist, ohne Zustimmung des Integrationsamts, kann der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Kündigung bis zur Grenze der Verwirkung jederzeit geltend machen, wenn ihm eine entsprechende Entscheidung der zuständigen Behörde nicht bekannt gegeben worden ist. Nach § 4 Satz 4 KSchG beginnt in derartigen Fällen die 3-wöchige Klagefrist gemäß § 4 Satz 1 KSchG erst ab der Bekanntgabe einer entsprechenden Entscheidung der Behörde (hier des Integrationsamts) an den Arbeitnehmer.
die nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX auf Stellen i. S. d. § 156 Abs. 2 SGB IX beschäftigt werden, das heißt:
- Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist sowie Geistliche öffentlich-rechtlicher Religionsgemeinschaften.
Beispiele: Ordensangehörige, Rot-Kreuz-Schwestern, Diakonissen
- Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung oder Erziehung beschäftigt werden.
Beispiele: Beschäftigungstherapie, Belastungserprobung
- Tätigkeiten im Rahmen von Arbeitsbeschaffungs- und Strukturanpassungsmaßnahmen.
- Personen, die nach ständiger Übung – z. B. bei Vereinen, Verbänden, politischen Parteien oder Kommunen – in ihre Stelle gewählt werden.
Beispiel: Bürgermeister
- deren Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch nicht länger als 6 Monate ohne Unterbrechung besteht. Dies gilt auch bei Zugangsvereitelung noch während der 6-monatigen Wartefrist;
- die das 58. Lebensjahr vollendet und Anspruch auf eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung aufgrund eines Sozialplans haben. Das gilt allerdings nur dann, wenn ihr Arbeitgeber dem schwerbehinderten Mitarbeiter seine Kündigungsabsicht rechtzeitig mitgeteilt und der schwerbehinderte Mitarbeiter der Kündigung nicht widersprochen hat;
- die aus Witterungsgründen entlassen werden, sofern ihre Wiedereinstellung bei Wiederaufnahme der Arbeit gewährleistet ist.
Vom Zustimmungserfordernis nach § 168 SGB IX erfasst werden nur Kündigungen gegenüber solchen Arbeitnehmern, die bei Zugang der Kündigung bereits als schwerbehinderte Menschen anerkannt sind oder den Antrag auf Anerkennung mindestens 3 Wochen vor dem Zugang der Kündigung gestellt haben. Nach der Rechtsprechung des BAG gilt dabei Folgendes: Der Antrag des Mitarbeiters auf Anerkennung seiner Schwerbehinderteneigenschaft wurde rechtzeitig gestellt, wenn das Versorgungsamt vor Ausspruch der Kündigung noch genügend Zeit hatte, eine Entscheidung zu treffen. In diesem Fall benötigt der Arbeitgeber die Zustimmung des Integrationsamts. Die Bearbeitungsfrist des Versorgungsamts beträgt in der Regel 3 Wochen. Damit ist der Antrag mindestens 3 Wochen vor Ausspruch der Kündigung in jedem Fall rechtzeitig gestellt. Gleiches gilt für Arbeitnehmer, die einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind. Auch sie sind vom Sonderkündigungsschutz ausgeschlossen, wenn sie den Gleichstellungsantrag nicht mindestens 3 Wochen vor der Kündigung gestellt haben. Eine rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft ist insofern ohne Belang.
Die Zustimmung des Integrationsamts ist auch dann nicht entbehrlich, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung eine nicht rechtskräftige (und später wieder aufgehobene) Entscheidung des Integrationsamts vorlag, in dem dieses einen unter 50 liegenden Grad der Behinderung feststellt.
Arbeitnehmer hatte die Schwerbehinderung noch nicht mitgeteilt
Hat ein schwerbehinderter Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits einen Bescheid über seine Schwerbehinderteneigenschaft erhalten, steht ihm der Sonderkündigungsschutz nach §§ 168 ff. SGB IX auch dann zu, wenn der Arbeitgeber von der Schwerbehinderteneigenschaft oder der Antragstellung nichts wusste. Allerdings unterliegt das Recht des Arbeitnehmers, sich nachträglich auf eine Schwerbehinderung zu berufen und die Zustimmungsbedürftigkeit der Kündigung geltend zu machen, der Verwirkung. Die Verwirkung ist ein Sonde...