Diskutiert wird, inwieweit ein Einspruch gegen Änderungsbescheide die Wirksamkeit der Selbstanzeige gefährden könnte. Nach zutreffender Ansicht zählt zu den Spielregeln im steuerlichen Verfahren, dass grundsätzlich Einspruch gegen den aufgrund der Selbstanzeige ergehenden Änderungsbescheid eingelegt werden kann, wenn diese unzutreffend ist. Soweit hierdurch nur Fehler des Finanzamts bereinigt werden sollen und aus verfahrensrechtlichen Gründen ein Einspruch geboten ist, wird hierdurch nicht die Selbstanzeige selbst infrage gestellt oder gar widerrufen.
Höhere Besteuerungsgrundlagen
Es wird eine Selbstanzeige für ESt 2006-2015 wegen eines Auslandskontos abgegeben. Die zutreffenden Besteuerungsgrundlagen werden mittels Bankunterlagen nachgewiesen. Das Finanzamt legt in den Änderungsbescheiden unzutreffend für ein Jahr jedoch höhere Besteuerungsgrundlagen zugrunde. Der Berater legt gegen den Änderungsbescheid Einspruch ein. Lösung: Dieser Einspruch entzieht der Selbstanzeige nicht den Boden, sodass diese wirksam bleiben muss.
Ruhen des Einspruchs
Der aufgrund der Selbstanzeige geänderte ErbSt-Bescheid enthält nicht die zu berücksichtigende Einkommensteuer als Nachlassverbindlichkeit und steht nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Der Berater legt Einspruch ein mit dem Antrag, den Einspruch ruhen zu lassen, bis das Finanzamt die ESt festgesetzt hat. Lösung: Auch dieser Einspruch ist nicht als Widerruf der Selbstanzeige zu werten.
Der Selbstanzeige wird aber der Boden entzogen, wenn der Einspruch als ein Widerruf der Selbstanzeige zu werten sein sollte. Der Berater bestreitet beispielsweise nach Abgabe der Selbstanzeige wahrheitswidrig, dass der Mandant überhaupt keine derartigen Einkünfte erzielt habe.
Willkürlich hohe Werte
Es wird eine geschätzte Selbstanzeige mit willkürlich hohen Werten abgegeben, weil dem Mandanten im Moment keine Bankunterlagen vorliegen. Später legt der Berater gegen die Änderungsbescheide Einspruch ein unter Vorlage der Bankunterlagen. In diesem Fall sind manche Straf- und Bußgeldsachenstellen wegen der willkürlich hohe Schätzungen der Ansicht, dass schon keine ernstgemeinte Selbstanzeige vorliege. Zumindest führe der spätere Einspruch dazu, dass die Selbstanzeige widerrufen werde.
Lösung: Eine Selbstanzeige darf nicht willkürlich erfolgen. Vielmehr muss die Schätzung nachvollziehbar sein. Angesichts der erheblichen Differenz zwischen den willkürlich hohen Schätzwerten und den später mittels Einspruchs mitgeteilten Besteuerungsgrundlagen ist das Risiko zu sehen, dass dieser Einspruch u. U. als eine Distanzierung von der Selbstanzeige gewertet werden könnte.
Ob und unter welchen Voraussetzungen ein Einspruch zu einem Widerruf der Selbstanzeige führt, kann nur im Einzelfall beurteilt werden. Der Berater sollte bei der Planung der Selbstanzeige diesen Aspekt im Blick haben und den Mandanten vorab hierüber aufklären, wenn sich ein solches Risiko ergeben könnte. Dann muss der Mandant selbst entscheiden, welchen Weg er gehen möchte. Wenn insbesondere nur hinsichtlich der Höhe der Zinsen von 6 % ein Rechtsbehelf eingelegt wird, bedeutet dies kein widersprüchliches Verhalten und steht – wenn die Zinsen gezahlt werden – der Wirksamkeit der Selbstanzeige nicht entgegen. Diese Frage erledigt sich wenn die Zinsen im Hinblick auf die Verfassungsbeschwerden beim BVerfG zur Zinshöhe vorläufig gem. § 165 AO festgesetzt sind.