Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. stationäre Mutter-Kind-Maßnahme. mütterspezifische Belastung. Ausschöpfung ambulanter Behandlungsmöglichkeiten
Orientierungssatz
1. Sowohl die Vorsorgemaßnahmen gem § 24 SGB 5 als auch die Rehabilitationsmaßnahmen nach § 41 SGB 5 setzen voraus, dass die Gesundheitsrisiken oder Krankheiten auch auf der besonderen Belastung der Versicherten als Mutter beruhen. Sie verfolgen insofern einen spezifischen Zweck. Sie dienen der Minderung solcher Belastungen, die in wesentlicher Hinsicht aus der Stellung der Versicherten als Mutter eines oder mehrerer Kinder verursacht wurden oder aufrechterhalten werden (vgl SG Karlsruhe vom 28.10.2010 - S 3 KR 2544/09).
2. Die Gewährung einer stationären Mutter-Kind-Maßnahme kommt weder nach § 24 SGB 5 noch nach § 41 SGB 5 in Betracht, wenn die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten genügen (vgl SG Dortmund vom 24.4.2008 - S 40 KR 220/06 und SG Karlsruhe vom 28.10.2010 - S 3 KR 2544/09).
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Notwendigkeit einer stationären Mutter-Kind-Maßnahme.
Die 48-jährige Klägerin, die bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert ist, stellte am 17.03.2011 einen Antrag auf eine stationäre Mutter-Kind-Maßnahme als Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme. Der Sohn solle sie begleiten, da eine Versorgung zu Hause nicht möglich sei. Sie sei belastet durch die Pflegebedürftigkeit oder schwere Erkrankung eines Familienmitglieds, den Schichtdienst und häufige Krankheiten des Kindes. Durch den Stress, der durch die Arbeit, Haushalt, Beruf und Kinderbetreuung entstehe, leide sie permanent unter Kopfschmerzen und Schlafproblemen, was sich auf die Neurodermitis und das Asthma negativ auswirke. Aufgrund des Schichtdienstes sei sie nicht in der Lage, verschiedene Angebote wahrzunehmen. Sie verspreche sich Abstand vom Alltagsstress und den besseren Umgang mit Konfliktsituationen. Beigefügt war zudem der Antrag der Dres. L, Fachärzte für Allgemeinmedizin, vom 17.03.2011, worin diese als Diagnosen Asthma, Neurodermitis und eine nicht näher bezeichnete somatoforme Störung angaben. Die Klägerin sei abgeschlagen, leide an Schlafstörungen und Hauterkrankungen. Diese führten zu einer deutlichen schweren Einschränkung der Belastbarkeit im täglichen Leben. Sie habe Schwierigkeiten bei der Fortbewegung, der Selbstversorgung, der Kommunikation und der körperlichen Bewegung. Ziel der Maßnahme sei der Erhalt der Berufsfähigkeit und Verbesserung der psychosomatischen Situation. Termine bei einem Therapeuten seien erst in sechs Monaten erhältlich. Es liege wegen der Tumorerkrankung des Ehemannes eine familiäre Belastung vor. Eine Versorgung des Kindes sei während der Abwesenheit der Mutter nicht sichergestellt. Die Beklagte schaltete daraufhin den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein, der in seiner Stellungnahme vom 28.03.2011 mitteilte, dass die therapeutischen Maßnahmen am Wohnort nicht genutzt würden. Die Klägerin sollte die entsprechenden Therapien zudem bereits während der Maßnahme 2006 erlernt haben. Die führende Diagnose sei auch nicht mütterspezifisch. Es genügten daher ambulante Maßnahmen am Wohnort. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 04.04.2011 ab. Nach den Feststellungen des MDK sei eine Mutter-Kind-Maßnahme nicht erforderlich. Es genüge eine ambulante Behandlung am Wohnort.
Dagegen erhob die Klägerin am 11.04.2011 Widerspruch. Nach Auskunft des Bundesversicherungsamtes könne sie nicht auf ambulante Behandlungsmöglichkeiten verwiesen werden. Es komme hinzu, dass nach der Stellungnahme ihres Arztes eine Herausnahme aus dem Umfeld erforderlich werde. Sie wende auch die erlernten Maßnahmen regelmäßig an. Gleichwohl sei eine Mutter-Kind-Maßnahme erforderlich. Während der Maßnahme solle das Kind sie einmal unbeschwert und ohne Alltagsbelastungen erleben, was sich nur positiv auf die Beziehung zu ihm auswirken könne. Zu Hause sei eine Versorgung nicht sichergestellt und sie würde sich die ganze Zeit Sorgen machen. Zudem übersandte sie ein Attest von Dr. L vom 05.04.2011, wonach ambulante Maßnahmen nicht ausreichend seien. Die im Jahre 2006 erlernten Therapien genügten nicht. In einem Gutachten des MDK vom 10.05.2011 nach Untersuchung der Klägerin teilte dieser mit, dass keine größeren familiären Konfliktsituation angegeben worden seien. Zudem sei eine Unterstützung durch den Ehemann möglich. Eine mütterspezifische Belastungssituation ergebe sich nicht. Es werde auf eine fachärztliche Behandlung verwiesen. Weitergehende Maßnahmen seien nicht erforderlich. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Bescheid vom 10.06.2011 zurück. In der wiederholten Stellungnahme des MDK habe dieser mitgeteilt, dass auch nach den erneuten Angaben keine Änderung feststellbar gewesen sei. Zwar müssten die ambulanten Maßnahmen nicht ausgeschöpft werden, jedoch komme die Maßnahme nicht in Betracht, soweit ambulante Behandlungen genü...