Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücknahme der Arbeitslosengeldbewilligung für die Vergangenheit. Überzahlung. Festlegung des Anspruchsbeginns durch Gericht. geänderter Leistungszeitraum. Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes. keine Bösgläubigkeit des Begünstigten
Leitsatz (amtlich)
1. Wird die Bundesagentur für Arbeit (BA) im Rahmen eines Klageverfahrens verpflichtet, einem Arbeitslosen Arbeitslosengeld bereits ab einem früheren als dem von der BA festgelegten Zeitpunkt zu gewähren, und hat der Arbeitslose seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld ausgehend von dem von der BA festgelegten Anspruchsbeginn in der Zwischenzeit bereits vollständig ausgeschöpft, so kommt als Anspruchsgrundlage für die hierdurch am Ende der Bewilligung eingetretenen Überzahlung ausschließlich § 45 SGB 10 in Betracht.
2. Allein der Umstand, dass der Arbeitslose von Anfang an die Rechtsauffassung vertreten hat, dass ihm Arbeitslosengeld bereits ab einem früheren Zeitpunkt zusteht, begründet noch keine Bösgläubigkeit hinsichtlich der Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides in Bezug auf das Ende des von der BA festgelegten Bewilligungszeitraums.
Tenor
I. Der Bescheid der Beklagten vom 08. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. März 2013 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Aufhebung der Bewilligung und die Erstattung von überzahltem Arbeitslosengeld I (Alg I) im Anschluss an eine Verurteilung der Beklagten, dem Kläger für einen anderen als den ursprünglich bewilligten Zeitraum Alg I zu gewähren.
Der Kläger arbeitete ursprünglich als Schlosser für die Fa. Z. K. ... Seit dem 26. April 2009 war der Kläger wegen einer chronischen Entzündung der Bauchspeicheldrüse arbeitsunfähig erkrankt.
Am 30. September 2010 schloss der Kläger mit seinem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag dahingehend ab, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30. November 2010 enden sollte. Der Kläger erhielt für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 4.630,-- Euro brutto.
Mit Ablauf des 01. November 2010 wurde der Kläger aus dem Krankengeldbezug ausgesteuert.
Am 04. Oktober 2010 meldete sich der Kläger mit Wirkung ab dem 02. November 2010 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg I. Der Ärztliche Dienst der Beklagten kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger trotz seiner Erkrankung noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig ausüben könne.
Mit Bescheid vom 22. November 2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg I in Höhe von 29,09 Euro kalendertäglich zunächst für den Zeitraum 01. Dezember 2010 bis 30. November 2011.
Mit Schreiben vom 27. Dezember 2010 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid ein und machte geltend, dass ihm Alg I bereits ab dem 02. November 2010 zustehe.
Mit Änderungsbescheid vom 14. Februar 2011 änderte die Beklagte die Bewilligung von Leistungen dahingehend ab, dass als Anspruchsbeginn zwar der 02. November 2010 aufgenommen wurde. Zugleich wurde jedoch festgestellt, dass der Anspruch des Klägers im Zeitraum 02. November 2010 bis 30. November 2010 wegen des Bezugs der Entlassungsentschädigung ruhe. Als Beginn der Leistungen wurde erneut der 01. Dezember 2010 festgelegt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. März 2011 (W 9/11) wurde der Widerspruch des Klägers im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen hatte der Kläger am 11. April 2011 Klage beim Sozialgericht Landshut erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 13 AL 78/11 registriert worden ist. Die Beklagte hatte im Rahmen der Klageerwiderung zu diesem Verfahren ausgeführt, dass die Klage bereits deshalb keinen Erfolg haben könne, weil der Kläger bis zum 30. November 2011 Alg I bezogen und seinen Alg I-Anspruch somit vollständig ausgeschöpft habe.
Mit Urteil vom 08. Oktober 2012 hat das Sozialgericht Landshut die angefochtenen Bescheide abgeändert und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger auch im Zeitraum vom 02. November 2010 bis zum 30. November 2010 Alg I zu gewähren. Zur Begründung führte das Sozialgericht Landshut aus, die Voraussetzungen für ein Ruhen des Anspruchs im streitgegenständlichen Zeitraum lägen nicht vor. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass der Kläger seinen Anspruch auf Alg I ausgeschöpft habe. Die Bewilligung von Leistungen im Zeitraum 02. bis 30. November 2011 führe nicht analog § 362 BGB zur Erfüllung des Anspruchs im Zeitraum 02. bis 30. November 2010.
Mit Änderungsbescheid vom 27. November 2012 setzte die Beklagte das Urteil um und bewilligte dem Kläger daraufhin Alg I in Höhe von 29,09 Euro kalendertäglich ab dem 02. November 2010.
Mit Schreiben vom gleichen Tag hörte die Beklagte den Kläger zu einer Aufhebung und Erstattung von Alg I in Bezug auf den Zeitraum 02. bis 30. November 2011 an.
Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 08. Januar 2013 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg I für die Zeit vom 02. November 2011 bis zum 30. November 2011 auf und forderte von dem Kläger einen Betr...