Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 53
Die Vergütungssystematik der ASV ist eine in den Abs. 6 bis 9 geregelte bereichsspezifische Besonderheit (Blöcher, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 116b Rz. 86). Angestrebt wird ein dreiseitiger Normenvertrag auf Bundesebene (Köhler-Hohmann, in: jurisPK-SGB V, § 116b Rz. 124).
Rz. 54
Die Leistungen der ASV werden nach Abs. 6 unmittelbar von der Krankenkasse vergütet, bei der der Patient versichert ist. Damit rechnen auch die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer ihre bisherigen vertragsärztlichen Leistungen, die zur ASV gehören, nicht mehr mit ihrer KV ab. Allerdings ist es ihnen, aber wegen der mit Wirkung zum 23.7.2015 erfolgten Streichung des Wortes "vertragsärztlichen" auch allen anderen berechtigten Leistungserbringern, aufgrund des Abs. 6 Satz 1 grundsätzlich erlaubt, die für den Behandlungsort zuständige KV gegen Aufwendungsersatz mit der Abrechnung der Leistungen der ASV zu beauftragen. Dies betrifft dann alle infrage kommenden Leistungen, also auch die, die nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zählen. Für die KV entsteht insoweit ein erhöhter Aufwand, den sie beim Aufwendungsersatz berücksichtigen wird. Für die Krankenhäuser bleibt es dabei, dass sie die Leistungen der ASV direkt mit der zuständigen Krankenkasse abrechnen. Die Aufhebung des Abs. 6 Satz 16 ist Folge des geänderten Abs. 6 Satz 1 und geht auf die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit zurück. Die allen Leistungserbringern zustehende Möglichkeit, mit der Abrechnung der ASV-Leistungen andere Stellen zu beauftragen, bleibt dadurch auf die in Satz 1 genannten öffentlich-rechtlichen Stellen, die zuständigen KVen, begrenzt. Eine Abrechnung der ASV-Leistungen mit den Krankenkassen z. B. durch privatärztliche Abrechnungs- oder Verrechnungsstellen scheidet somit aus.
Rz. 55
Nach Abs. 6 Satz 2 hat die gemeinsame Selbstverwaltung auf Bundesebene, der GKV-Spitzenverband, die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), den gemeinsam und einheitlich durchzuführenden Auftrag erhalten, eigenständige, nach Diagnosen differenzierte Gebührenpositionen in Euro, deren Einführungszeitpunkte sowie eine einheitliche Kalkulationssystematik zu vereinbaren. Der Auftrag ist bindend bzw. steht vom Wortlaut her nicht zur Disposition der gemeinsamen Selbstverwaltung. Allerdings kann der Auftrag erst wahrgenommen werden, wenn die Richtlinie nach Abs. 4 bzw. die Richtlinienergänzung nach Abs. 5 rechtswirksam vorliegen und sich die gemeinsame Selbstverwaltung auf ein einheitliches und gemeinsames Vorgehen verständigt (vgl. auch Abs. 6 Satz 7).
Rz. 56
Zur Festlegung der Vergütung der in der ASV berechnungsfähigen Leistungen musste zunächst eine neue Organisationsstruktur geschaffen werden: der ergänzte Bewertungsausschuss, sein Arbeitsausschuss und dessen Arbeitsgruppen. Auf der Basis des § 87 Abs. 5a ist der ergänzte Bewertungsausschuss ein Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung, welches bis zum Inkrafttreten einer Vereinbarung nach Abs. 6 Satz 2 der Vorschrift über die Anpassung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) zur Vergütung der Leistungen in der ASV beschließt.
Rz. 57
Die Kalkulation hat auf betriebswirtschaftlicher Grundlage zu erfolgen (vgl. Abs. 6 Satz 3). Ausgangspunkt ist der EBM für ärztliche Leistungen (EBM nach § 87), wobei die nichtärztlichen Leistungen, die Sachkosten und die spezifischen Investitionsbedingungen ergänzend zu berücksichtigen sind. Den EBM nur als Ausgangspunkt und nicht für eine dauerhafte Vergütung der ASV zu nehmen, beruht nach der Gesetzesbegründung darauf, dass die aktuellen EBM-Gebührenpositionen zu wenig diagnosebezogen und zu arztgruppenspezifisch sind. Darüber hinaus sind im EBM die für die ASV typischen Sachkosten sowie die Kosten der teamorientierten Fallbehandlung nicht enthalten. Die Vergütung der Leistungen der ASV sollte im Übrigen so gestaltet sein, dass das ambulante Potenzial möglichst weitgehend ausgeschöpft und nicht etwa wegen Unterfinanzierung die stationäre Behandlungsvariante bevorzugt wird.
Rz. 58
Bei seltenen Erkrankungen und Erkrankungszuständen mit entsprechend geringen Fallzahlen sollen nach Abs. 6 Satz 4 die Gebührenpositionen für die Diagnostik und die Behandlung getrennt kalkuliert werden. Dahinter steckt der Gedanke, dass speziell bei seltenen Erkrankungen die Phase der Diagnostik anders zu bewerten ist als die Phase der Behandlung, weil die Absicherung einer bestehenden seltenen Erkrankung im Rahmen der ASV oft mehr Zeit und vielfältige Untersuchungen erfordert, die bei der Gebührenfindung berücksichtigt werden sollen.
Rz. 59
Die gemeinsame Selbstverwaltung kann einen geeigneten unabhängigen Dritten mit der Kalkulation beauftragen (Abs. 6 Satz 5). Das professionell erstellte Kalkulationsergebnis kann anschließend von der gemeinsamen Selbstverwaltung vereinbart werden. Für die Beauftragung eines Dritten bieten sich nach der Gesetzesbegründung z. B. das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) oder das ...