Rz. 2
Geriatrie, auch als Altersheilkunde bekannt, ist die Lehre von den Krankheiten der alternden Menschen. Ärztliche Geriater sind hauptsächlich dann gefordert, wenn Mehrfacherkrankungen vorliegen, die den einzelnen Arzt der jeweiligen medizinischen Fächer (Innere Medizin, Orthopädie, Neurologie, Psychiatrie/Gerontopsychiatrie) aufgrund vielfältiger Verflechtungen überfordern, wobei aber beim Patienten ein Potenzial vorhanden sein muss, eine Verbesserung zu erreichen. Die Geriatrie ist also als fächerübergreifende Disziplin zu verstehen. Ärzte können in Deutschland nach ihrer Facharzt-Weiterbildung die Zusatzbezeichnung "Geriatrie" erhalten, wenn sie 1,5 Jahre an einer für Geriatrie weiterbildungsberechtigten Klinik tätig waren.
Die Einfügung der Vorschrift geht auf Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit des Bundestages (14. Ausschuss) zurück, der einen Vorschlag des Bundesrates zum GKV-Versorgungsgesetz aufgegriffen hat, geriatrische Fachkrankenhäuser und Allgemeinkrankenhäuser mit selbstständigen, fachärztlich geleiteten geriatrischen Abteilungen vom Zulassungsausschuss zur ambulanten geriatrischen Behandlung bestimmter Patientinnen und Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung zu ermächtigen.
Rz. 3
Ziel der Vorschrift ist eine Verbesserung der geriatrischen Versorgung derjenigen Patientinnen und Patienten, die wegen ihrer für die Geriatrie typischen Mehrfacherkrankungen (Multimorbidiät) einen dringenden ambulanten Versorgungsbedarf haben, die aber aufgrund der Art, Schwere und Komplexität ihrer Krankheitsverläufe mit den verfügbaren Qualifikationen und Versorgungsstrukturen derzeit nicht adäquat ambulant versorgt werden können. Mit der Vorschrift soll außerdem die wohnortnahe geriatrische Versorgung verbessert werden, indem eine zielgerichtete Nutzung der ambulanten geriatrischen Kompetenzen der Institutsambulanzen zur Unterstützung der hausärztlichen Versorgung erfolgt. So kann die geriatrische Institutsambulanz einbezogen werden, um einen schweren geriatrischen Fall zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt zu erkennen, einen Behandlungsplan aufzustellen sowie in Ausnahmefällen die geriatrische Behandlung, zeitlich begrenzt, zu übernehmen. In der Regel ist die geriatrische Institutsambulanz Teil eines ambulanten geriatrischen Versorgungsnetzwerkes, zu dem auch Hausärzte, niedergelassenen Fachärzte für Geriatrie, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden gehören. Die genannten nichtärztlichen Leistungserbringer müssen dabei u. a. Erfahrungen in der Anwendung von Assessmentverfahren haben.
Die Regelung soll im Übrigen dazu beitragen, Erfahrungen zu sammeln, ob und inwieweit hierdurch die hausärztliche geriatrische Versorgung verbessert werden kann und ob auch für schwer erkrankte geriatrische Patienten eine weitere Öffnung der Krankenhäuser durch weitere gesetzliche Schritte erfolgen sollte.
Die mit Wirkung zum 23.7.2015 durch Beschluss des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss des Bundestages) eingeführte Änderung der Sätze 1 und 3 zielt darauf ab, den bedarfsabhängigen Ermächtigungstatbestand für Leistungserbringer um geriatrische Rehabilitationskliniken und dort angestellte Ärztinnen und Ärzte mit entsprechender geriatrischer Weiterbildung zu erweitern. Damit können neben geriatrischen Fachkrankenhäusern, Allgemeinkrankenhäusern mit selbständigen geriatrischen Abteilungen sowie Krankenhausfachärzten nunmehr auch geriatrische Rehabilitationskliniken und dort angestellte Ärzte zur strukturierten und koordinierten ambulanten geriatrischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung vom Zulassungsausschuss ermächtigt werden, wenn für die Ermächtigung Bedarf besteht.
Die Vorschrift ergänzt die vertragsärztliche Regelversorgung und gehört gleichzeitig zur ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung, wie sie in § 116b, für Hochschulambulanzen in § 117 (mit Ausnahme der Lehre und Forschung), für psychiatrische Institutsambulanzen in § 118, für sozialpädiatrische Zentren in § 119, für Einrichtungen der Behindertenhilfe in § 119a, für stationäre Pflegeeinrichtungen in § 119b und für medizinische Behandlungszentren in § 119c durch den Bezug auf spezielle Krankheitsbilder und auf ein darauf definiertes Patientenklientel zum Ausdruck kommt.
Mit der zum 11.5.2019 erfolgten Änderung ist im Konfliktfall die Festsetzung des dreiseitigen Vertrages durch die Neufassung des Abs. 2 Satz 2 auf das sektorenübergreifende Schiedsgremium nach § 89a übertragen worden.