2.1 Heilmittelerbringung mit erweiterter Versorgungsverantwortung
Rz. 3
Nach Abs. 1 Satz 3 der Vorschrift handelt es sich um eine besondere Form der Heilmittelversorgung, bei der die Heilmittelerbringer aufgrund einer durch eine Vertragsärztin/einen Vertragsarzt festgestellten Diagnose und der Indikation für eine Heilmittelbehandlung selbst über die Auswahl und die Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten bestimmen können. In dieser Selbstbestimmung liegt gleichzeitig die in der Überschrift geforderte erweiterte Versorgungsverantwortung des dafür qualifizierten Heilmittelerbringers, weil er z. B. auch dafür zu sorgen hat, dass neben der fach- und sachgerechten Versorgung mit geeigneten Heilmitteln eine unverhältnismäßige Mengenausweitung in der Anzahl der Behandlungseinheiten je Versicherten vermieden wird (vgl. Abs. 2 Satz 1 Nr. 6).
Mit Wirkung zum 1.1.2020 ist klargestellt, dass sich die Heilmittelversorgung mit erweiterter Versorgungsverantwortung nicht nur auf die vertragsärztliche, sondern auch für die vertragszahnärztliche Versorgung bezieht, sodass, falls erforderlich, die Diagnose und Indikation für eine Heilmittelbehandlung auch von einer Vertragszahnärztin oder einem Vertragszahnarzt gestellt werden können, wenn die Ursache der strukturellen/funktionellen Schädigung im Mund-, Kiefer- oder Gesichtsbereich der versicherten Patientin bzw. des versicherten Patienten liegt (§ 2 Abs. 2 Satz 3 der Heilmittel-Richtlinie Zahnärzte).
2.2 Abschluss des Vertrages über die Heilmittelversorgung mit erweiterter Versorgungsverantwortung (Abs. 1 Satz 1 bis 3)
Rz. 4
Nach Abs. 1 Satz 1 ist der GKV-Spitzenverband verpflichtet, mit bindender Wirkung für die Krankenkassen auf Bundesebene mit den für die Wahrnehmung der Interessen der Heilmittelerbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen für jeden Heilmittelbereich, d. h. für Physiotherapie, Ergotherapie, Sprachtherapie, Podologie und Ernährungstherapie, einen Vertrag über die Heilmittelversorgung mit erweiterter Versorgungsverantwortung zu schließen. Das Wort "schließt" räumt den Vertragspartnern kein Dispositionsrecht ein. Mit "bindender Wirkung für die Krankenkassen" bedeutet, dass der GKV-Spitzenverband zwar rechtlich nicht auf Zustimmung oder Anhörung der Krankenkassen oder deren Verbände angewiesen ist. Das heißt nicht, dass er sich nicht im Innenverhältnis mit den Landesverbänden der Krankenkassen und dem Verband der Ersatzkassen (vdek) abstimmt, damit der ausgehandelte Vertrag in der Praxis auf der Ebene der gesetzlichen Krankenkassen und der qualifizierten Heilmittelerbringer problemlos umgesetzt werden kann. Die Letztentscheidung über den Vertragsinhalt auf Krankenkassenseite hat aber immer der GKV-Spitzenverband.
Was die für die Wahrnehmung der Interessen der Heilmittelerbringer maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene sind, ergibt sich aus § 125, sodass, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die dortige Kommentierung verwiesen wird.
Der Vertrag erstreckt sich auf jeden Heilmittelbereich, was darauf hindeutet, dass für jeden Heilmittelbereich nur ein Vertrag zu schließen ist. Die Vorgabe in Abs. 1 Satz 2, dass die zuständigen maßgeblichen Spitzenorganisationen den Vertrag gemeinsam schließen, macht es notwendig, dass sich die für den jeweiligen Heilmittelbereich zuständigen Spitzenorganisationen auf eine einheitliche Linie verständigen müssen, wenn sie in einzelnen Vertragspunkten unterschiedlicher Auffassung sein sollten. Sachlich unterschiedliche Verträge in einem Heilmittelbereich sind ausgeschlossen.
Weil aber die vertragsärztliche Versorgung und die vertragszahnärztliche Versorgung im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung getrennt zu betrachten sind, kann es sein, dass die Verträge nach Abs. 1 Satz 1 formell differenziert abgeschlossen werden. Dafür spricht z. B. auch, dass die Heilmittel-Richtlinien in den beiden Versorgungsbereichen unterschiedlich sind und die Bundesverträge in Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 als Vertragsinhalt Möglichkeiten der Heilmittelerbringer vorsehen sollen, bei der Leistungserbringung von den Vorgaben der Heilmittel-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses abzuweichen.
Nach Abs. 1 Satz 3 i. d. F. d. COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetzes sind die Verträge bis zum 15.3.2021 zu schließen, sodass in der Praxis die Vertragspartner zuerst den Vertrag nach § 125 und danach die nachgelagerten Verträge über die Heilmittelversorgung mit erweiterter Versorgungsverantwortung schließen werden.
2.3 Vorgaben für den Vertragsabschluss (Abs. 1 Satz 4 bis 8)
Rz. 5
Nach Abs. 1 Satz 4 ist Gegenstand der Verträge eine Form der Heilmittelversorgung, bei der die Heilmittelerbringer aufgrund einer durch einen Vertragsarzt/Vertragszahnarzt festgestellten Diagnose und der Indikation für eine Heilmittelbehandlung selbst über die Auswahl und die Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten bestimmen können. Voraussetzung ist also zunächst eine vertragsärztliche/vertragszahnärztliche Verordnung der Heilmittelbehandlung, d. h. der Vertrags(zahn)arzt entscheidet über die Notwendigkeit der Heilmittelbehandlung, insbesondere ob die Diagnose und die Indikation mit den in der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung verbindlichen HeilM-RL bzw. HeilM-RL Zahnärzte des ...