Rz. 4
Die versichertengeführte elektronische Patientenakte (Satz 1) wird den Versicherten von den Krankenkassen auf Antrag oder im Rahmen einer Widerspruchslösung zur Verfügung gestellt. Die Anwendung ist bis zum 14.1.2025 durch den Versicherten zu beantragen (§ 342 Abs. 1 Satz 1). Ab dem 15.1.2025 sind die Krankenkassen verpflichtet, jedem Versicherten eine Patientenakte zur Verfügung zu stellen (§ 342 Abs. 1 Satz 2). Versicherte sind entsprechend zu informieren (§ 343). Sie können danach innerhalb von 6 Wochen der Einrichtung einer elektronischen Patientenakte widersprechen. Der Widerspruch ist an die Krankenkasse zu richten. Die Patientenakte muss von der gematik zugelassen sein (§ 325 Abs. 1) und bestimmten Anforderungen entsprechen (§ 342 Abs. 2).
Rz. 4a
Die Nutzung ist für den Versicherten freiwillig (Satz 2). Der Versicherte bestimmt, welche Dokumente bzw. Datensätze im Einzelnen in der elektronischen Patientenakte gespeichert oder gelöscht werden und wer diese Daten mit Einwilligung des Versicherten in der elektronischen Patientenakte auslesen und in lokalen Datenverwaltungssystemen zur weiteren Verwendung speichern oder auch unmittelbar in der elektronischen Patientenakte verarbeiten darf (BT-Drs. 19/18793 S. 112). Die informationelle Selbstbestimmung und die Patientensouveränität der Versicherten– im Sinne einer "Datenhoheit" – werden damit gewährleistet (Buchholtz, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 341 Rz. 25 m. w. N.).
Rz. 5
Mit der Patientenakte werden den Versicherten auf Verlangen (bis zum 14.1.2025) oder im Rahmen einer Widerspruchslösung (ab 15.1.2025) Informationen barrierefrei bereitgestellt (Satz 3). Dazu gehören insbesondere Befunde, Diagnosen, durchgeführte und geplante Therapiemaßnahmen sowie Behandlungsberichte. Die Daten können einrichtungs-, fach- und sektorenübergreifend für Zwecke der Gesundheitsversorgung genutzt werden und im Krankheitsfall Anamnese und Befunderhebung unterstützen. Die Daten können von Leistungserbringern eingesehen werden, wenn der Versicherte darin einwilligt. Hierzu bedarf es einer eindeutigen bestätigenden Handlung durch technische Zugriffsfreigabe der Versicherten. Darüber hinaus können medizinische Informationen auch von den Versicherten selbst in ihrer elektronischen Patientenakte hinterlegt werden.
Rz. 6
Ziel ist es zum einen, die in die Behandlung der Versicherten einbezogenen Leistungserbringer im Bedarfsfall bestmöglich über Vorerkrankungen und vorliegende Befunddaten der Versicherten zu informieren (BT-Drs. 19/18793 S. 112). Im Rahmen der Anamnese und Befunderhebung hat der Behandelnde die für die geplante Behandlung wesentlichen Umstände, insbesondere auch Vorbefunde, in Erfahrung zu bringen. Das geschieht zurzeit durch Befragung des Versicherten oder seiner Angehörigen und Anforderung fachärztlicher Befunde mit Einverständnis des Patienten. Die elektronische Patientenakte ermöglicht es den Leistungserbringern, basierend auf Anamnese und Befunderhebung und je nach z. B. Komplexität und Dringlichkeit des medizinischen Problems, gezielt ergänzende Vorinformationen einzusehen und unterstützt die Leistungserbringer dadurch bei der Auswahl der für die Versicherten geeigneten medizinischen Behandlung. Zum anderen sollen auch die Versicherten besser über ihre Gesundheitsdaten informiert werden und dadurch ihre medizinische Behandlung besser begleiten können.
Rz. 6a
Die Versicherten- und Widerspruchsrechte im Hinblick auf die elektronische Patientenakte können ab Vollendung des 15. Lebensjahres ausgeübt werden (Satz 4). Die Mitwirkung eines gesetzlichen Vertreters des Minderjährigen ist nicht erforderlich (BT-Drs. 20/9788 S. 184). Bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres nehmen die gesetzlichen Vertreter die Versicherten- und Widerspruchsrechte minderjähriger Versicherter wahr. Die Altersgrenze entspricht derjenigen in § 36 Abs. 1 Satz 1 SGB I und in § 175 Abs. 1 Satz 3 (sozialrechtliche Handlungsfähigkeit). Die Ausübung der Versicherten- und Widerspruchsrechte im Hinblick auf die elektronische Patientenakte begründet für den Minderjährigen keine Verpflichtungen, sodass Belange des Minderjährigenschutzes durch die Regelung nicht beeinträchtigt werden. Vielmehr ermächtigt die Regelung Minderjährige, die im medizinischen Kontext bereits einwilligungsfähig sein können, auch im Umgang mit ihrer elektronischen Patientenakte zu eigenständigen Entscheidungen. Die Regelung hat eine Vereinheitlichung der Praxis der Krankenkassen im Umgang mit Minderjährigen im Hinblick auf die elektronische Patientenakte zur Folge.