2.1 Angebot einer elektronischen Patientenakte (Abs. 1)
Rz. 3
Die Krankenkassen stellen jedem Versicherten (seit dem 1.1.2021) eine elektronische Patientenakte zur Verfügung (bis zum 14.1.2025; Satz 1). Die Patientenakte muss von der gematik zugelassen sein (§ 325 Abs. 1). Zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts der Versicherten und der Patientensouveränität ist die Patientenakte vom jeweiligen Versicherten zu beantragen. Der Versicherte hat zusätzlich darin einzuwilligen, die Akte anzulegen und zu führen. Die Nutzung einer elektronischen Patientenakte ist für die Versicherten freiwillig und kann jederzeit wieder abgelehnt werden. Eine besondere Antrags- und Einwilligungsform ist nicht vorgegeben.
Rz. 3a
Ab dem 15.1.2025 sind die Krankenkassen verpflichtet, jedem Versicherten eine nach § 325 Abs. 1 von der gematik zugelassene elektronische Patientenakte zur Verfügung zu stellen (Satz 2). Versicherte sind darüber umfassend zu informieren (§ 343) und können anschließend innerhalb einer Frist von 6 Wochen der Ausfertigung einer Patientenakte widersprechen. Die Patientenakte muss jeweils rechtzeitig den Anforderungen nach Abs. 2 entsprechen. Der Widerspruch des Versicherten, die Patientenakte für einzelne Anwendungsfälle zu nutzen, hat die gesamthafte Löschung des entsprechenden Anwendungsfalls einschließlich der mit ihm gespeicherten Daten zur Folge (BT-Drs. 20/9788 S. 183). Soweit in den jeweiligen Anwendungsfällen der Patientenakte auch medizinische Daten verarbeitet werden, die automatisiert aus Diensten der Anwendungen der Telematikinfrastruktur in die Patientenakte übermittelt und dort gespeichert werden (z. B. Daten des E-Rezept-Fachdienstes), sind diese im Fall eines Widerspruchs gegen den jeweiligen Anwendungsfall jeweils von der vollständigen Löschung ausgenommen. Die Versicherten haben die Möglichkeit, entweder über das Frontend der Patientenakte oder bei der Ombudsstelle (§ 342a) der Übermittlung und Speicherung dieser Fachdienstdaten in die Patientenakte gesondert zu widersprechen. In der Folge wird die Übermittlung dieser Daten beendet und entsprechende Daten in der Patientenakte werden gelöscht.
2.2 Anforderungen an eine elektronische Patientenakte (Abs. 2)
Rz. 4
Die Norm definiert die technischen Anforderungen an eine Patientenakte hinsichtlich ihres Umfangs und ihrer Funktionalität, die zeitlich gestuft eingeführt werden. Dazu gehören die bereitzustellenden Dateninhalte, das technische Zugriffsberechtigungsmanagement durch die Versicherten sowie der Zugriff auf Protokolldaten durch den Versicherten. Aufgeführt werden in der nicht abschließenden Aufzählung die Mindestanforderungen. Die Vorschrift lässt Raum für Anpassungen an die zukünftige technische Entwicklung und wurde auf 4 Umsetzungsstufen beschränkt (Stand: 22.3.2024).
2.2.1 Umsetzungsstufe 1 (mit der Bereitstellung)
Rz. 5
Die Akte kann Daten (§ 341 Abs. 2 Nr. 1, 6 bis 9, 11, 12 und 15) bereitstellen, die der Versicherte selbst in seiner Patientenakte speichert (z. B. medizinische Informationen, Gesundheitsdaten, Hinweise auf Patientenverfügungen, Abschriften der Patientenakte nach § 630g Abs. 2 Satz 1 BGB; Nr. 1 Buchst. a). Grundlage sind die Ende 2018 von der gematik veröffentlichten Interoperabilitäts- und Zulassungsvorgaben (www.ina.gematik.de/startseite; abgerufen: 24.4.2024), die u. a. eine dokumentenbasierte Datenspeicherung vorgeben (BT-Drs. 19/18793 S. 114).
Rz. 6
Die Patientenakte gewährleistet, dass Versicherte über eine Benutzeroberfläche eines geeigneten Endgeräts (z. B. Smartphone) ihre Rechte nach §§ 336, 337 barrierefrei wahrnehmen können (Nr. 1 Buchst. b). Versicherte können damit sowohl selbst eingestellte Dokumente als auch von Leistungserbringern eingestellte Dokumente eigenständig löschen sowie über die persönliche Benutzeroberfläche Protokolldaten zu Zugriffen auf die Patientenakte einsehen.
Rz. 7
Der Versicherte muss einwilligen, bevor befugte Dritte (§ 352) auf die Daten der Patientenakte zugreifen können (Nr. 1 Buchst. c, d). Die Einwilligung wird entweder über die Benutzeroberfläche eines geeigneten Endgeräts oder mittels der dezentralen Infrastruktur der Leistungserbringer (z. B. Arzt, Zahnarzt) erteilt. Im Rahmen der Patientensouveränität gilt nicht das "Alles-oder-nichts-Prinzip", sondern eine Wahlmöglichkeit des Versicherten. Der Versicherte kann Leistungserbringern zeitlich und inhaltlich eingrenzbare Zugriffsberechtigungen erteilen, diese inhaltlich ausweiten, zeitlich verlängern oder erteilte Zugriffsberechtigungen jederzeit wieder einschränken oder vollständig entziehen.
Rz. 8
Mit der Umwandlung der Patientenakte in eine widerspruchsbasierte Lösung und der Priorisierung von medizinischen Anwendungsfällen soll der Mehrwert, den die elektronische Patientenakte für die Steigerung der Versorgungsqualität hat, möglichst zügig nutzbar gemacht werden (BT-Drs. 20/9048 S. 113). Hierzu werden sowohl die für die Patientenakte bisher vorgesehenen zeitlichen Umsetzungsstufen angepasst als auch die bislang vorgesehenen Umsetzungsinhalte reduziert bzw. auf weitere, im Wege einer Rechtsverordnung zu regelnde Umsetzungsstufen verschoben. In diesem Sinne erfolgt auch eine Reduktion der Anzahl...