0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Art. 1 Nr. 44a des Gesetzes zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz – DigiG) v. 22.3.2024 (BGBl. I Nr. 101) hat die Vorschrift mit Wirkung zum 26.3.2024 eingefügt. Die bisher in § 342 Abs. 3 vorgesehenen Aufgaben der Ombudsstellen im Zusammenhang mit der elektronischen Patientenakte (ePA) bleiben auch mit Einführung der Opt-out-ePA bestehen. Darüber hinaus erhalten die Ombudsstellen weitere Aufgaben. Errichtung und Aufgaben werden mit der neuen Vorschrift an einen einheitlichen Regelungsort überführt.
1 Allgemeines
Rz. 2
Ombudsstellen sind bei jeder Krankenkasse eingerichtet, um die Versicherten im Zusammenhang mit der widerspruchsbasierten elektronischen Patientenakte zu beraten (individuell) und zu informieren (allgemein). Die bisher in § 342 Abs. 3 vorgesehenen Aufgaben der Ombudsstellen der Krankenkassen zur Beratung und Aufklärung der Versicherten im Zusammenhang mit allen Fragen zu Nutzung, Funktionsweise und Inhalten der ePA bleiben auch mit Einführung der Opt-out-ePA bestehen. Darüber hinaus nehmen die Ombudsstellen weitere Aufgaben zur Unterstützung der Versicherten bei der ePA wahr. Die Ombudsstellen sind funktional getrennt von den Krankenkassen.
Rz. 3
Die Ombudsstellen unterstützen insbesondere diejenigen Versicherten bei der Ausübung ihrer Rechte, die ihre ePA nicht über eine eigene Benutzeroberfläche verwalten. Damit sind die Möglichkeiten zur Rechtewahrnehmung und -ausübung aller Versicherten angeglichen und die Widerspruchsmöglichkeiten klar, verständlich und einheitlich ausgestaltet. Damit können alle Versicherten selbstbestimmt und eigenverantwortlich ihre Widerspruchsrechte wahrnehmen. Dies gewährleistet eine gleichberechtigte Teilhabe aller Versicherten bei Umgang und Nutzung der ePA. Hierzu nehmen die Ombudsstellen die Widersprüche der Versicherten entgegen, die sich gegen die Anwendungsfälle nach § 342 Abs. 2a, 2b und 2c oder gegen die Ausleitung von Daten zu Forschungszwecken in der ePA richten. Auch die Widersprüche gegen den Zugriff einzelner Zugriffsberechtigter können Versicherte an die Ombudsstelle richten.
Rz. 3a
Um die Verpflichtungen nach den Abs. 2 bis 4 zu erfüllen, darf die Ombudsstelle auf die elektronische Patientenakte des Versicherten zugreifen. Für diesen Zugriff benötigen die Krankenkassen eine digitale Identität. Die digitale Identität der Krankenkassen wird vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) herausgegeben (SM-B Zertifikate) und ist dort zu beantragen.
2 Rechtspraxis
2.1 Beratung und Information (Abs. 1)
Rz. 4
Jede Krankenkasse richtet eine funktional von den Aufgaben der Krankenkasse getrennte Ombudsstelle ein (Satz 1). Damit ist keine eigenständige und rechtsfähige Organisation verbunden. Die Ombudsstelle ist vielmehr in die Organisation der Krankenkasse eingegliedert.
Rz. 5
Die Versicherten können sich mit ihren Anliegen im Zusammenhang mit der ePA an die Ombudsstelle ihrer Krankenkasse wenden (Satz 2). Die Ombudsstellen beraten die Versicherten bei allen Fragen und Problemen bei der Nutzung der elektronischen Patientenakte (Satz 3). Die Beratungspflicht korrespondiert mit der Beratung durch die Krankenkasse (§ 14 SGB I) und beruht auf einem konkreten Sachverhalt. Der Versicherte hat darauf einen Rechtsanspruch. Bei fehlerhafter Beratung kann daraus ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch gegen die Krankenkasse entstehen.
Rz. 6
Die Ombudsstellen haben die Pflichtaufgaben, über
- das Verfahren bei der Beantragung der ePA (§ 342 Abs. 1 Satz 1),
- das Verfahren zur Bereitstellung der ePA und der Erklärung des Widerspruchs (§ 342 Abs. 1 Satz 2),
- Rechte und Ansprüche der Versicherten nach §§ 341 bis 355 (elektronische Patientenakte) sowie
- die Funktionsweise und die möglichen Inhalte der ePA
zu informieren (Satz 4). Die Aufzählung ist nicht abschließend. Die Ombudsstellen können über weitere Rechtsfragen informieren. Die Information richtet sich allgemein und abstrakt an Versicherte einer Krankenkasse.
Rz. 7
Die Ombudsstellen informieren die Versicherten darüber, Protokolldaten nach Abs. 5 zu erhalten (Satz 5).
2.2 Widerspruch gegen erteilte Zugriffsberechtigung (Abs. 2)
Rz. 8
Die Ombudsstellen nehmen Widersprüche der Versicherten gegen die Anwendungsfälle der ePA nach § 353 Abs. 1 entgegen und gewährleisten technisch, dass der Widerspruch in der ePA durchgesetzt wird. Die Ombudsstellen erhalten hierfür die entsprechenden Befugnisse zur Verarbeitung der Daten und die technisch erforderlichen Zugriffe auf die ePA. Die Verarbeitung von Daten und der Zugriff auf die ePA ist ausschließlich für die genannten Zwecke zulässig. Der Zugriff auf die medizinischen Daten in der ePA ist ausgeschlossen.
2.3 Widerspruch gegen den Zugriff einzelner Berechtigter (Abs. 3)
Rz. 9
Die Ombudsstellen nehmen Widersprüche der Versicherten gegen den Zugriff durch einzelne Zugriffsberechtigte (§ 353 Abs. 2) entgegen und gewährleisten technisch, dass der Widerspruch bezogen auf den jeweiligen Zugriffsberechtigten in der ePA durchgesetzt wird.
2.4 Widerspruch gegen die Verarbeitung von Daten zu Forschungszwecken (Abs. 4)
Rz. 10
Die Ombudsstellen nehmen Widersprüche der Versicherten gegen die Verarbeitung von Daten der ePA zu Forschungszwecken (§ 363 Abs. 5) entgegen und gewährleisten technisch, dass der Wide...