0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde durch Art. 1 Nr. 31 des Gesetzes zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur (Patientendaten-Schutz-Gesetz – PDSG) v. 14.10.2020 (BGBl. I S. 2115) mit Wirkung zum 20.10.2020 in das SGB V eingefügt. Das PDSG hat mit den neuen Kapiteln 11 und 12 die bisherigen Regelungen zur Telematikinfrastruktur übernommen und umfassend neu strukturiert. Ferner werden sie weiterentwickelt und im Hinblick auf die datenschutzrechtlichen Vorgaben differenziert ausgestaltet. § 357 übernimmt das bislang geltende Recht aus § 291a Abs. 5a für die Hinweise des Versicherten auf Vorsorgevollmachten oder Patientenverfügungen.
Rz. 1a
Art. 1 Nr. 56 des Gesetzes zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz – DVPMG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1309) hat mit Wirkung zum 9.6.2021 Abs. 1, 2 und 3 geändert und Abs. 4 und 5 angefügt. Die Norm wird an die Regelungen angepasst, nach denen die Hinweise der Versicherten auf Vorsorgevollmachten oder Patientenverfügungen nicht mehr auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert und ab Januar 2023 die Daten von der elektronischen Gesundheitskarte in die elektronische Patientenkurzakte migriert werden.
Rz. 1b
Art. 1 Nr. 25 des Gesetzes zur Pflegepersonalbemessung im Krankenhaus sowie zur Anpassung weiterer Regelungen im Krankenhauswesen und in der Digitalisierung (Krankenhauspflegeentlastungsgesetz – KHPflEG) v. 20.12.2022 (BGBl. I S. 2793) hat mit Wirkung zum 29.12.2022 Abs. 1 Nr. 3 ergänzt und Abs. 4 Satz 1, 3 geändert. Die Verarbeitungsbefugnisse der genannten Berufsgruppen werden geklärt (Abs. 1 Nr. 3). Fristen werden als Folgeänderungen aufgrund der Termine in § 342 Abs. 2 Nr. 5 angepasst (Abs. 4 Satz 1, 3).
Rz. 1c
Art. 1 Nr. 57 des Gesetzes zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz – DigiG) v. 22.3.2024 (BGBl. I Nr. 101) hat die Vorschrift mit Wirkung zum 26.3.2024 geändert. Die bislang auf der elektronischen Gesundheitskarte speicherbaren elektronischen Hinweise der Versicherten auf Erklärungen zur Organ- und Gewebespende (§ 356) sowie auf Vorsorgevollmachten oder Patientenverfügungen (§ 357) werden, sobald die technischen Voraussetzungen hierzu vorliegen, nur noch in der elektronischen Patientenakte nach § 341 gespeichert. Die Vorschrift wird entsprechend angepasst.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Norm regelt, welche Personen auf Hinweise der Versicherten auf Vorsorgevollmachten oder Patientenverfügungen sowie zum Aufenthaltsort solcher Erklärungen (§ 334 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3) zugreifen dürfen. Die Daten haben gemeinsam, dass sie ggf. schnell verfügbar sein müssen und das Datenschutzinteresse der Versicherten nicht so hoch wie bei sensiblen Gesundheitsdaten ist. Diese Besonderheiten rechtfertigen besondere Regelungen hinsichtlich der Zugriffsrechte. Die Versicherten können die Übertragung ihrer Hinweise von der elektronischen Gesundheitskarte in die elektronische Patientenkurzakte gegenüber den Ärzten beanspruchen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen oder in entsprechenden Krankenhäusern oder Einrichtungen tätig sind. Ab 15.1.2025 sind die Daten Bestandteil der elektronischen Patientenakte (§ 334 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1).
2 Rechtspraxis
2.1 Zugriff auf Erklärungen (Abs. 1)
Rz. 3
Auf elektronische Hinweise des Versicherten auf Vorsorgevollmachten oder Patientenverfügungen sowie zum Aufenthaltsort solcher Erklärungen (§ 334 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3) darf nur mit einer formlosen Einwilligung des Versicherten zugegriffen werden. Eine eindeutige bestätigende Handlung durch technische Zugriffsfreigabe (Einsatz der Gesundheitskarte und Eingabe einer PIN) ist nicht erforderlich. Zugriffsberechtigt sind
- Ärzte oder Psychotherapeuten, die in die Behandlung des Versicherten eingebunden sind, mit lesendem und schreibendem Zugriff (Nr. 1),
- berufsmäßige Gehilfen der behandelnden Ärzte oder Therapeuten mit lesendem und schreibendem Zugriff unter Aufsicht des jeweiligen Leistungserbringers (Nr. 2),
- Angehörige eines Pflegeberufs (z. B. Gesundheits- und Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, Altenpfleger, Kranken- und Altenpflegehelfer), die in einer Pflegeeinrichtung, einem Hospiz oder einer Palliativeinrichtung beschäftigt sind (§ 352 Nr. 9 bis 12) und über einen Zugriff verfügen, der das Auslesen, die Speicherung und die Verwendung von Daten ermöglicht (Nr. 3).
Die genannten Personen sind auch dann zugriffsberechtigt, wenn sie nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung (SGB VII) tätig werden (z. B. aufgrund eines Arbeitsunfalls; Satz 2).
Rz. 3a
Jeder Zugriff muss zur Versorgung erforderlich sein. Auf der ärztlichen, psychotherapeutischen oder pflegerischen Seite ist dafür ein Heilberufsausweis erforderlich, der über eine Möglichkeit zur sicheren Authentifizierung und über eine qualifizierte elektronische Signatur verfügt. Der Zugriff ist erforderlich, wenn sich der Gesundheitszustand des Versicherten insoweit verschlechtert hat, dass die Hinweise auf das Vorhandensein und den Aufbewahrungsort von...