Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 2
Die beratenden Fachausschüsse für Psychotherapie sind unter dem Organisationsdach der Vertragsärzte auf Dauer gebildet und beraten intern die Beschlussorgane der KV und der KBV in allen wesentlichen Fragen zur Sicherstellung der psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Formulierung "wird gebildet" verpflichtet jede KV und die KBV jeweils eine beratenden Fachausschuss für Psychotherapie einzurichten. Die Amtszeit der Mitglieder des beratenden Fachausschusses für Psychotherapie ist identisch mit der 6-jährigen Amtsperiode der Vertreterversammlungen der KVen bzw. der Vertreterversammlung der KBV (vgl. § 80 Abs. 3 Satz 1). Die vertragszahnärztliche Versorgung ist nicht tangiert, was u. a. daran deutlich wird, dass im Gesetz auf die KBV hingewiesen wird, während sonst Kassenärztliche Bundesvereinigungen aufgeführt sind.
Rz. 3
Der Begriff Sicherstellung (Satz 4) beschränkt die Beratung nicht auf Fragen der Zulassung oder der Psychotherapie-Vereinbarung, sondern bezieht darüber hinaus z. B. auch Vergütungs- oder Verteilungsfragen nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab (§ 87) oder Honorarverteilungsmaßstab (§ 85 Abs. 4) sowie Abrechnungsmodalitäten nach dem Gesamtvertrag ein, soweit es sich um psychotherapeutische Angelegenheiten handelt. Dagegen gehört es z. B. sicher nicht zu den Aufgaben des die KBV beratenden Fachausschusses für Psychotherapie, sich in die ärztliche Weiterbildung nach dem Berufsrecht der Ärztekammern einzumischen und ärztlichen Psychotherapeuten eine gleichzeitige psychotherapeutische und somatische Komplettbehandlung als "Kunstfehler" vorzuhalten. Die vertragsärztlichen Selbstverwaltungs-Körperschaften sind ihrerseits verpflichtet, die beratenden Fachausschüsse für Psychotherapie einzuschalten, allerdings nur bei wesentlichen Fragen der Sicherstellung der psychotherapeutischen Versorgung. Bei dem Begriff "wesentliche Fragen" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Welche Fragen wesentlich sind, wird im Einzelfall zu entscheiden sein und lässt sich nicht abschließend beschreiben; jedenfalls wird es sich um gewichtige und bedeutsame, über den Einzelfall hinausgehende Fragen auf Landes- oder Bundesebene handeln müssen, die meist eine oder beide Gruppen der neuen Heilberufe betreffen. Die Zuständigkeit der Landes- oder Bundesebene richtet sich nach den vertragsärztlichen Gepflogenheiten, z. B. beim Bundesmantelvertrag (§ 82) und den Gesamtverträgen (§ 83).
Rz. 3a
Nach § 18 Abs. 3 der KBV-Satzung ist vor Entscheidungen oder Beschlüssen des Vorstandes oder der Vertreterversammlung über solche die Sicherstellung der psychotherapeutischen Versorgung betreffenden wesentlichen Fragen, welche die Gesamtheit der an der Versorgung teilnehmenden psychotherapeutisch tätigen Ärzte und Psychtotherapeuten unmittelbar betreffen, dem Ausschuss Gelegenheit zu einer schriftlichen Stellungnahme zu geben. Dies ist insbesondere der Fall bei auf diese Gruppe bezogenen Sonderregelungen entweder für die Sicherstellung der bedarfsgerechten psychotherapeutischen Versorgung oder für die Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen. Bei eilbedürftigen Angelegenheiten kann für die Abgabe der Stellungnahme eine Frist gesetzt werden. Das Wort "insbesondere" lässt auch andere wesentliche Fragen zu, bei denen der Fachausschuss eingeschaltet werden muss, immer vorausgesetzt, es handelt sich um psychotherapeutische Angelegenheiten.
Anhörungspflichtig sind für die Vertreterversammlung der KV z. B.:
- Beschlüsse und Änderung der Satzung,
- Beschlüsse zur Änderung der Notfalldienstordnung,
- Übernahme von Aufgaben nach § 75 Abs. 6,
- Beschlussfassung über Grundsatzentscheidungen, Richtlinien und Bestimmungen,
- Sonderregelungen für die Sicherstellung der bedarfsgerechten psychotherapeutischen Versorgung oder für die Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen.
Rz. 4
Um sinnvoll beraten zu können, müssen die Fachausschüsse für Psychotherapie durch den Vorstand oder durch die Vertreterversammlung rechtzeitig eingeschaltet werden. Zeitpunkt der Einschaltung und Dauer der Beratung hängen vom Sachinhalt ab. Eine unterlassene Einschaltung des Fachausschusses oder eine objektiv zu knapp bemessene Beratungszeit können eine Entscheidung eines Organs der KV bzw. der KBV nichtig erscheinen lassen. Das heißt nicht, dass die schriftliche Stellungnahme des beratenden Fachausschusses mit der Entscheidung des Organs identisch sein muss, sie also die Entscheidung vorwegnimmt. Nach dem Gesetz sind Stellungnahmen des Ausschusses in die Entscheidungen einzubeziehen, was soviel heißt, dass sich das Entscheidungsorgan bei der Entscheidungsfindung ernsthaft mit der Stellungnahme auseinander zu setzen hat. Zu begründende Abweichungen sind ebenso möglich wie eine Zurückverweisung an den Fachausschuss, wenn z. B. bestimmte Fakten bei der schriftlichen Stellungnahme noch nicht berücksichtigt werden konnten. Den Verfahrensablauf regelt die Satzung (vgl. § 81) als Pflichtinhalt.