Prof. Dr. Volker Wahrendorf
2.1 Übersicht über ausgeschlossene Arzneimittel (Abs. 1)
Rz. 3
In § 34 Abs. 1 sind Arzneimittel genannt, deren Verordnung gesetzlich ausgeschlossen ist. Darüber hinaus hat der damals noch zuständige Bundesminister für Arbeit und Gesundheit nach dem in § 34 Abs. 3 a. F. bestimmten Verfahren die Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der GKV v. 21.2.1990 (BGBl. I S. 301) als Rechtsverordnung erlassen, die in abstrakter Form in ihrer Anlage 1 unwirtschaftliche und in Anlage 2 Arzneimittel aufführt, deren therapeutischer Nutzen nicht nachgewiesen ist. Der Bundesgesundheitsminister hat am 1.10.1991 die durch diese Verordnung ausgeschlossenen Arzneimittel in einer Übersicht zusammengefasst und sie als Beilage zum BAnz v. 1.10.1991 veröffentlicht; am 3.3.1992 ist diese Übersicht nochmals geändert worden (BAnz Nr. 32 v. 3.3.1992). Durch das GMG sind mit Wirkung ab 1.1.2004 die nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel (OTC-Präparate – "over the counter"–Arzneimittel) von der Versorgung nach § 31 ausgenommen worden. Bis 31.3.2004 sollte der Gemeinsame Bundesausschuss in den Arzneimittel–Richtlinien festlegen, welche OTC-Mittel, die bei schwerwiegenden Erkrankungen als Therapiestandard gelten, weiterhin zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können.
Auch der Markt der "Bagatell-Arzneimittel" entwickelt sich weiter, neue Präparate kommen auf den Markt oder vorhandene Mittel werden unter neuen Markennamen kombiniert. Dem Gemeinsamen Bundesausschuss obliegt es daher, den Markt zu beobachten und in regelmäßigen Zeitabständen eine neue Übersicht über die von der Verordnung ausgeschlossenen Arzneimittel zu erstellen. Sobald die neue Übersicht im Bundesanzeiger veröffentlicht ist, haben sich die Beteiligten an der vertragsärztlichen Versorgung danach zu richten. Um den Informationswert der Übersicht für die Vertragsärzte und die Krankenkassen zu erhöhen, sind die ausgeschlossenen Arzneimittel nach Indikationsgebieten geordnet.
Die Bezugnahme auf die Indikationen schließt jedoch nicht aus, dass auch Arzneimittel, die üblicherweise als "Bagatellmittel" angesehen werden, bei bestimmten Indikationen dennoch zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden dürfen.
Würde der Gemeinsame Bundesausschuss seiner Verpflichtung, die Übersicht in regelmäßigen Zeitabständen zu überprüfen und ggf. neu herauszugeben, nicht nachkommen, kann das nunmehrige BMG seit Inkrafttreten des GSG am 1.1.1993 im Wege der Ersatzvornahme handeln. Es stellt dann selbst die Übersicht über ausgeschlossene Arzneimittel zusammen und veröffentlicht diese im BAnz. Die Ersatzvornahme schließt eine Regelungslücke, weil vorher die Sozialgerichtsbarkeit auf die Klagen mehrerer Arzneimittelhersteller entschieden hatte, dass nur der Gemeinsame Bundesausschuss die Übersicht zusammenstellen und veröffentlichen dürfe.
2.2 Ersatzvornahme (Abs. 2)
Rz. 4
Abs. 2 ermächtigt das BMG zu einer zukünftigen Zusammenstellung und Bekanntmachung der Arzneimittelübersicht. Voraussetzung ist, dass ein entsprechender Bedarf besteht. Dass das Bundesministerium von sich aus im Wege der Ersatzvornahme eine Arzneimittelübersicht vornehmen kann, ist durch das BVerfG (Nichtannahmebeschluss v. 25.2.1999, 1 BvR 1510/91) ausgeschlossen worden.
2.3 Rechtsschutz
Rz. 5
Schon in der Bezeichnung Negativliste deutet sich an, dass es sich dabei nicht um einen Verwaltungsakt handelt. Gleichwohl wird die Auffassung vertreten (Hannes, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 93 Rz. 27), dass analog § 92 Abs. 3 Satz 1 ohne Vorverfahren eine Anfechtungsklage in analoger Anwendung erhoben werden kann. Angemessener dürfte eher eine Feststellungsklage sein.
Betroffen von einer Negativliste sind Vertragsärzte, Versicherte und pharmazeutische Unternehmen. Vertragsärzte und Patienten sind nicht in eigenen Rechten verletzt. Damit fehlt ihnen das Rechtsschutzbedürfnis. Grundsätzlich klagebefugt sind die pharmazeutischen Unternehmen. Nach der Rechtsprechung des BVerfG (Nichtannahmebschluss v. 25.2.1999, 1 BvR 1510/91) liegt in der Veröffentlichung kein eigenständiger Nachteil, wenn die aufgelisteten Arzneimittel bereits aufgrund des § 34 konstitutiv aus der Versorgung ausgeschlossen sind und damit in die Negativliste aufgenommen werden konnten.