0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
§ 28a trat mit dem Zweiten Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz – PSG II) v. 21.12.2015 (BGBl. I S. 2424) zum 1.1.2017 in Kraft.
1 Allgemeines
Rz. 2
Dem Bundesministerium für Gesundheit wurde 2009 vom Beirat zur Überprüfung des Pflegebedürfigkeitsbegriffs und 2013 vom Expertenbeirat zur konkreten Ausgestaltung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs empfohlen, den Pflegegrad 1 zur Erhaltung und Wiederherstellung der Selbständigkeit und der Vermeidung schwererer Pflegebedürftigkeit für Personen mit geringen Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten zu hinterlegen.
Die Beeinträchtigungen von Personen im Pflegegrad 1 sind gering und liegen vorrangig im somatischen Bereich. Sie erfordern Teilhilfen bei der Selbstversorgung, beim Verlassen der Wohnung und bei der Haushaltsführung sowie evtl. beratende und informierende Unterstützungsangebote. Insgesamt stehen Leistungen im Vordergrund, die den Verbleib in der häuslichen Umgebung sicherstellen, ohne dass bereits voller Zugang zu den Leistungen der Pflegeversicherung angezeigt ist. Dies gilt insbesondere für Pflegebedürftige des Pflegegrades 1, die alleine leben, aber auch für diejenigen, deren soziales Umfeld die erforderlichen Unterstützungsleistungen nicht erbringen kann oder will.
§ 28a gibt einen Überblick über die Leistungen bei Pflegegrad 1, ohne selbst eine anspruchsbegründende Bestimmung zu sein.
2 Rechtspraxis
Rz. 3
Pflegebedürftige, die in Pflegegrad 1 eingestuft sind, haben Anspruch auf
- Pflegeberatung (§§ 7a und 7b),
- Pflegeberatungbesuch in der eigenen Häuslichkeit (§ 37 Abs. 3),
- Wohngruppenzuschlag (§ 38a), auch wenn der Entlastungsbetrag nach § 45b nicht bezogen oder für eine Inanspruchnahme zu einem späteren Zeitpunkt angespart wird,
- Versorgung mit Pflegehilfsmitteln (§ 40 Abs. 1 bis 3 und 5),
- finanzielle Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen oder gemeinsamen Wohnumfelds (§ 40 Abs. 4),
- zusätzliche Betreuung und Aktivierung in stationären Pflegeeinrichtungen (§ 43b),
- zusätzliche Leistungen bei Pflegezeit und kurzzeitiger Arbeitsverhinderung, u. a. Pflegeunterstützungsgeld, wenn die kurzzeitige Arbeitsverhinderung nach § 2 PflegeZG erforderlich ist, um für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen des Pflegegrades 1 in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen (§ 44a),
- Pflegekurse für Angehörige und ehrenamtliche Pflegepersonen (§ 45)
sowie
- Entlastungsbetrag (§ 45b Abs. 1 Satz 1) in Höhe von 125,00 EUR monatlich zur Finanzierung von Leistungen der Tages- und Nachtpflege oder der Kurzzeitpflege oder der vollstationären Pflege.
Die konkreten Leistungsvoraussetzungen des Anspruchs ergeben sich aus aus den genannten normativen Grundlagen.
Rz. 4
Darüber hinaus sind die sonstigen Regelungen des SGB XI auch auf Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 anzuwenden. D.h., es gelten auch die Regelungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 18 Abs. 1 Satz 3 und 6, § 18a Abs. 1, § 31 und § 32 SGB XI) oder die Anschubfinanzierung zur Gründung von ambulant betreuten Wohngruppen nach § 45e.
3 Literatur
Rz. 5
Richter, Die neue soziale Pflegeversicherung – Ein leistungsrechtlicher Überblick, NJW 2016 S. 598.
Gemeinsames Rundschreiben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen zu den leistungsrechtlichen Vorschriften v. 13.02.2018-I.