Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 29
§ 21 der Richtlinie gibt in Sonderfällen die Anrechnungsfaktoren auf den regionalen Versorgungsgrad vor. Diese Sonderfälle kommen einerseits nicht so häufig vor und haben somit auch keine herausragende Auswirkungen auf die Bedarfsplanung; andererseits würden sie die Aus- und Durchführung der Bedarfsplanung nur übermäßig erschweren, wenn auf die konkreten Verhältnisse in jedem einzelnen Fall abgestellt werden müsste.
Ein Arzt, welcher als Vertragsarzt für 2 Gebiete i. S. d. (Muster-) Weiterbildungsordnung zugelassen ist, wird nach Abs. 1 bei Feststellungen zum lokalen Versorgungsgrad der jeweiligen Arztgruppe als Sonderfall mit dem Faktor 0,5 zugerechnet. Dabei wird also generell unterstellt, dass dieser Arzt in beiden Fachgebieten in gleichem Umfang tätig ist. Bei Ärzten mit hälftigem Versorgungsauftrag, welche in 2 Fachgebieten tätig sind, wird der Faktor halbiert.
Nach Abs. 2 werden Ärzte, welche durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss ihren Versorgungsauftrag auf die Hälfte gemäß § 19a Abs. 2 Ärzte-ZV beschränkt haben oder bei denen der Zulassungsausschuss die hälftige Entziehung der Zulassung rechtskräftig beschlossen hat, mit dem Faktor 0,5 erfasst (vgl. § 21 Abs. 2 der Richtlinie). Erfolgt die Beschränkung auf einen Drei-Viertel-Versorgungsauftrag oder der Entzug eines Viertels einer ganzen Zulassung, werden diese Ärzte mit dem Faktor 0,75 erfasst. Diese Vorgabe entspricht im Übrigen den gesetzlichen Vorgaben des Abs. 1 Satz 9 der Vorschrift.
Das BSG (Beschluss v. 12.2.2020, B 6 KA 25/19 B) hat klargestellt, dass aus dem Wesen der vertragsärztlichen Zulassung folgt, dass einem Arzt nicht mehr als eine Zulassung mit vollem Versorgungsauftrag zugeordnet werden kann. Auch bei Doppelzulassungen (z. B. als Zahnarzt und als Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie) geht es um eine Zulassung und nicht um mehrere.
Rz. 29a
Nach § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 genehmigte angestellte Ärzte eines Vertragsarztes (vgl. § 95 Abs. 9 Satz 1) und die in einem MVZ genehmigten angestellten Ärzte werden entsprechend ihrer Arbeitszeit mit den Anrechnungsfaktoren nach den §§ 51 und 58 der Richtlinie auf den Versorgungsgrad angerechnet. Dies gilt nach § 21 Abs. 3 Satz 2 der Richtlinie auch für angestellte Ärzte in Eigeneinrichtungen. Mit Wirkung zum 1.9.2020 sind die ermächtigten Einrichtungen verpflichtet, der für ihren Sitz zuständigen KV die Anzahl der in der Einrichtung tätigen Ärztinnen und Ärzte sowie Angaben zu deren Leistungsumfang bezüglich der vertragsärztlichen Versorgung zu machen. Die Form und den Inhalt dieser Meldungen legt der Gemeinsame Bundesausschuss in der Bedarfsplanungs-Richtlinie fest, was zur Zeit aber noch aussteht.
Die Anrechnungsfaktoren in §§ 51 und 58 sind gleich und gelten für angestellte Ärzte in MVZ (§ 51) und die Beschäftigung von angestellten Ärzten in Vertragsarztpraxen (§ 58). Nach § 51 der Richtlinie werden angestellte Ärzte in MVZ mit dem Faktor 1 berücksichtigt, wenn sie vollbeschäftigt sind. Teilzeitbeschäftigte Ärzte sind bei der Feststellung des lokalen Versorgungsbedarfs der ambulanten Versorgung nach Maßgabe ihres Beschäftigungsumfangs in der ambulanten Versorgung zu berücksichtigen. Dabei gelten folgende Anrechnungsfaktoren:
vertraglich vereinbarte Arbeitszeit |
Anrechnungsfaktor |
bis zu 10 Stunden pro Woche |
0,25 |
über 10 bis 20 Stunden pro Woche |
0,5 |
über 20 bis 30 Stunden pro Woche |
0,75 |
über 30 Stunden pro Woche |
1,0 |
Werden Arbeitsstunden pro Monat vereinbart, ist der Umrechnungsfaktor 0,23 zur Errechnung der Wochenarbeitszeit anzuwenden (§ 51 Abs. 2).
Endet die Leistungsbegrenzung nach § 26 bei Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen durch die Anordnung des Landesausschusses nach § 16b Abs. 3 und 4 Ärzte-ZV, wird der angestellte Arzt eines Vertragsarztes oder eines MVZ bei der Ermittlung des Versorgungsgrades nach dem Anrechnungsfaktor gemäß § 21 Abs. 3 der Richtlinie berücksichtigt. Dies bedeutet, dass sie ebenfalls entsprechend ihrer vertraglich vereinbarten Arbeitszeit angerechnet werden.
Bei der Umwandlung einer Anstellung in eine Zulassung gemäß § 95 Abs. 9b auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes wird der Arzt, der bisher als vollbeschäftigter Angestellter mit dem Faktor 1 gezählt wurde, voll zugelassen und mit dem Faktor 1,0 angerechnet. Bei einer bisherigen Anrechnung als Angestellter mit dem Faktor 0,5 erfolgt die hälftige Zulassung, sodass auf den Versorgungsgrad mit dem Faktor 0,5 angerechnet wird. Bei einer bisherigen Anrechnung als angestellter Arzt mit dem Faktor 0,75 erfolgt die Drei-Viertel-Zulassung, sodass mit dem Faktor 0,75 angerechnet wird (§ 21 Abs. 5 der Richtlinie).