Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 11
Nach Abs. 1 Satz 1 HS 2 sind ermächtigte Ärzte bei der Feststellung einer Überversorgung nicht zu berücksichtigen. Die Formulierung "durch Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte" ist umfassend und bezieht sich nicht nur auf Ärztinnen, Ärzte und ärztliche Einrichtungen, sondern auch auf ermächtigte Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (vgl. § 72 Abs. 1 Satz 2). Nach der Gesetzesbegründung sind zudem Ärztinnen und Ärzte in ermächtigten ärztlichen Einrichtungen oder Psychotherapeutinnen bzw. Psychotherapeuten in ermächtigten Einrichtungen insofern gleichgestellt, als sie bei der Feststellung der Überversorgung ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Für Ärzte in ermächtigten Einrichtungen ist nunmehr mit Wirkung zum 1.9.2020 nochmals ausdrücklich klargestellt worden, dass sie bei der Feststellung der Überversorgung nicht mitgerechnet werden. "Mit Wirkung zum 1.9.2020" bezieht sich in dem Zusammenhang auf Art. 12 Abs. 2 des Gesetzes zur Reform der Psychotherapeutenausbildung, was aber für die vorgenannte Klarstellung keine Bedeutung hat.
Rz. 11a
Bei ermächtigten Ärzten ist also mit Wirkung zum 23.7.2015 im Rahmen der Bedarfsplanung zu differenzieren, ob es um ihre Anrechnung auf den Versorgungsgrad oder um die Nichtanrechnung bei der Feststellung der Überversorgung geht. Eine Berücksichtigung der ermächtigten Ärztinnen und Ärzte beim Versorgungsgrad (vgl. § 101 Abs. 1 Nr. 2b) konnte nach der Gesetzesbegründung bei der ggf. zwangsläufig nachfolgenden Feststellung einer Überversorgung bisher dazu führen, dass der Versorgungsgrad in einem Planungsbereich über 110 % (§ 101 Abs. 1 Satz 3) stieg und der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen demzufolge das Vorliegen einer Überversorgung festzustellen hatte. Damit war dieser Planungsbereich für Neuzulassungen gesperrt und niederlassungswillige Ärztinnen oder Ärzte konnten sich dort wegen der ermächtigten Ärzte nicht mehr niederlassen bzw. zugelassen werden (vgl. dazu Geiger, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 103 Rz. 38a). Dabei sind Zulassungen die hauptsächlichen Formen der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung und deshalb i. d. R. für die vertragsärztliche Versorgung prinzipiell wichtiger als Ermächtigungen, die nicht selten nur dafür gedacht sind, Versorgungslücken zu schließen bzw. bei bestimmten Konstellationen auch nur befristet infrage kommen, wenn es keine entsprechenden Zulassungen gibt. Durch die generelle Nichtberücksichtigung aller ermächtigten Ärztinnen und Ärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sowie der ermächtigten ärztlichen Einrichtungen bei der Feststellung der Überversorgung werden diese unerwünschten Effekte nunmehr vermieden.
Rz. 11b
§ 22 Bedarfsplanungs-Richtlinie beschreibt die pauschalierte Anrechnung von ermächtigten Ärzten auf den Versorgungsgrad entsprechend ihrem tatsächlichen Tätigkeitsumfang in der vertragsärztlichen Versorgung. Rechtsgrundlage dafür ist § 101 Abs. 1 Nr. 2b; in der Bedarfsplanungs-Richtlinie findet sich jedoch kein ergänzender Hinweis auf die Nichtanrechnung bei der Feststellung einer Überversorgung, der allerdings in Abs. 1 Satz 1 HS 2 als die ohnehin vorrangige Gesetzesbestimmung so unmissverständlich und ohne Bezug auf die Richtlinie formuliert ist, dass ein Hinweis in der Bedarfsplanungs-Richtlinie nicht erforderlich ist, sondern allenfalls deklaratorische Bedeutung haben kann.