Rz. 38
Abs. 4 enthält Regelungen, wie die KV und die Krankenkassen i. S. einer effektiven Zusammenarbeit wechselseitig gezielte Prüfungen durch den jeweils anderen Partner veranlassen und wie sie Wirtschaftlichkeitsprüfungen ärztlicher Leistungen in Gang bringen können.
Ein nach Abs. 4 Satz 1 gestellter Antrag der Krankenkasse bezieht sich auf eine Abrechnungsprüfung nach Abs. 2, also auf einen Bereich, in dem die KV ohnehin von Amts wegen zum Tätigwerden verpflichtet ist. Angesichts der ohnehin bestehenden Prüfverpflichtung der KV kann sich ein Anlass für die Stellung eines Antrags entweder daraus ergeben, dass die Krankenkasse über Erkenntnisse verfügt, die Anlass für eine Prüfung ergeben und der KV nicht vorliegen, oder aber aus einer unterschiedlichen Beurteilung des Sachverhalts und der daraus zu ziehenden Konsequenzen. Im letzteren Fall "erinnert" die Krankenkasse durch ihren Antrag die KV an die Erfüllung der dieser – ihres Erachtens – obliegenden Pflichten. Nicht gesetzeskonform wäre es, wenn eine von Amts wegen zur Prüfung verpflichtete Körperschaft im Zusammenhang mit Abs. 4 bestehende Antrags- und (ggf.) Ausschlussfristen zum Anlass nähme, den Umfang der von Amts wegen durchzuführenden Prüfungen zurückzufahren und die Initiative der antragsberechtigten Gegenseite zu überlassen (so BSG, Urteil v. 23.3.2016, B 6 KA 14/15 R).
Zu den Voraussetzungen zählen, dass für die gezielte Prüfung Veranlassung besteht und die Prüfung beantragt wird. So kann z. B. die Krankenkasse, die im Rahmen ihrer Abrechnungsprüfung feststellt, dass ein Vertragsarzt unter Einbeziehung der Kostenerstattungsfälle nicht den vorgegebenen Zeitrahmen eingehalten hat, bei der KV die Plausibilitätsprüfung nach Abs. 2 beantragen. Entsprechend kann die KV verfahren, wenn sie in wenigen Einzelfällen feststellen sollte, dass Leistungen nach dem Tod des Versicherten oder zeitgleich zu einer stationären Rehabilitationsmaßnahme abgerechnet worden sind, und deshalb eine Abrechnungsprüfung durch die Krankenkassen beantragen. KV und Krankenkassen können darüber hinaus jeweils eine Wirtschaftlichkeitsprüfung der ärztlichen Leistungen bei der zuständigen Prüfungsstelle beantragen, wenn sie bei ihren Abrechnungsprüfungen Unplausibilitäten festgestellt haben, die auf Verstößen gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot beruhen.
Rz. 39
Mit Wirkung zum 23.7.2015 ist aufgrund des Abs. 4 Satz 4 eingeführt worden, dass die Krankenkasse den in ihrem Prüfantrag angegebenen Honorarberichtigungsbetrag auf die zu zahlende Gesamtvergütung anrechnen kann, wenn die KV ihren Antrag auf eine gezielte Prüfung nicht innerhalb von 6 Monaten bearbeitet hat. Diese Bearbeitungsfrist ist nach der Gesetzesbegründung erforderlich, um die Bearbeitung der Anträge der Krankenkassen auf gezielte Prüfungen durch die KV in einem angemessenen Zeitraum sicherzustellen. Die Frist und das Anrechnungsrecht dienen damit dem Interesse der Krankenkassen an einer Verfahrensbeschleunigung und der effektiven Verfahrensdurchführung. Das BSG hat im vorgenannten Urteil klargestellt, dass Abs. 4 Satz 4 nunmehr eine klare, zweifelsfrei normative Regelung darstellt, welche für die KV den endgültigen Verlust der Forderung in Höhe des Anrechnungsbetrages bedeutet, wenn sie den Antrag nicht fristgerecht bearbeitet hat. Damit ist die vorherige bundesmantelvertragliche Regelung aufgegeben worden, dass es sich, wie die Vorinstanzen interpretiert hatten, lediglich um einen vorläufigen Einbehalt handelt.