Rz. 2
PIA erfüllen durch multiprofessionelle Angebote unterschiedlicher Therapieverfahren der Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik einen spezifischen ambulanten Versorgungsauftrag für Kranke, die wegen der Art, Schwere und Dauer ihrer psychischen Erkrankung oder wegen zu großer Entfernung zu geeigneten Ärzten einer ambulanten, krankenhausnahen Versorgung bedürfen. In dieser Funktion nehmen PIA eine Schnittstellenfunktion zwischen stationärer, teilstationärer und ambulanter Behandlung wahr. Die nach Art, Schwere und Dauer ihrer psychischen Krankheit definierten Versicherten müssen aber auf die ambulante Behandlung durch diese Krankenhäuser bzw. deren PIA angewiesen sein (vgl. Abs. 1 Satz 2), weil nur dann das gesetzlich geregelte Abweichen von der Regelversorgung gerechtfertigt ist, wonach die ambulante ärztliche Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich durch niedergelassene Vertragsärzte, medizinische Versorgungszentren (MVZ) oder Vertragspsychotherapeuten durchgeführt wird.
Ziel der Vorschrift ist es, Krankenhausaufnahmen zu vermeiden, stationäre Behandlungszeiten zu verkürzen und die Behandlungsabläufe zu optimieren, um dadurch die soziale Integration der Kranken zu stabilisieren. Dies setzt voraus, dass PIA eine organisatorische und räumliche Anbindung an die betreffenden Krankenhäuser haben, es sich also um Institutsambulanzen der Krankenhäuser handelt. Dagegen ist es nicht Aufgabe der PIA, neben der vorhandenen ambulanten außerklinischen Versorgung zusätzliche Angebote i. S. von Doppelstrukturen aufzubauen, weshalb PIA in hohem Maße mit dem niedergelassenen Versorgungsbereich zu vernetzen sind. Das Angebot der PIA richtet sich an ein bestimmtes Klientel, welches wegen der Art, Schwere und Dauer seiner psychischen Erkrankungen so besonders ist, dass es von anderen vertragsärztlichen Versorgungsangeboten, insbesondere von niedergelassenen Vertragsärzten und Psychotherapeuten sowie medizinischen Versorgungszentren (MVZ) nicht oder nur unzureichend erreicht wird.
2.1.1 PIA als Einrichtungen der Krankenhäuser
Rz. 2a
PIA sind organisatorische Bestandteile psychiatrischer und psychosomatische Krankenhäuser oder sie sind angebunden an Allgemeinkrankenhäuser mit selbständig fachärztlich geleiteten psychiatrischen, psychosomatischen sowie kinder- und jugendpsychatrischen Abteilungen. Psychiatrische Krankenhäuser unterscheiden sich von Allgemeinkrankenhäusern z. B. durch die historisch entstandene, unterschiedliche Trägerschaft, da sie von den Bundesländern getragen werden. Die heutigen Begriffe zusammen mit der Ortsbezeichnung umreißen den Zuständigkeitsbereich/Einzugsbereich des psychiatrischen Fachkrankenhauses, Landeskrankenhauses oder der Landesklinik. Nahezu alle psychiatrischen Fachkrankenhäuser und psychiatrische Abteilungen haben aufgrund gesetzlicher Vorschriften der Länder eine regionale Versorgungsverpflichtung, d. h., sie müssen psychisch erkrankte Patienten aus einer bestimmten Region stationär aufnehmen; zur regionalen Aufnahmepflicht gehört auch, dass sie nach den Psychisch-Kranken-Gesetzen (PsychKG) der Länder gehalten sind, psychisch kranke Menschen im Falle akuter Selbst- oder Fremdgefährdung aufgrund eines gerichtlichen Verfahrens gegen ihren Willen unterzubringen und zu behandeln. Die PsychKG heißen z. B. in Bayern und im Saarland Unterbringungsgesetz (UBG), in Hessen kurz Freiheitsentziehungsgesetz; in Baden-Württemberg ist mit Wirkung zum 1.1.2015 das "Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten" (Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz – PsychKHG) in Kraft getreten. Um ein psychiatrisches Krankenhaus handelt es sich, wenn das Haus von seinem Gesamtcharakter her einer psychiatrischen Klinik entspricht und das Krankenhaus entsprechend seines im Krankenhausbedarfsplan des Landes bestimmten Versorgungsauftrages Geisteskrankheiten oder psychische Krankheiten mit psychiatrischen oder psychotherapeutischen Mitteln behandelt.
Psychotherapeutischen Verfahren sind nichtmedikamentöse Verfahren, bei denen der ärztliche oder nichtärztliche Psychotherapeut keine Medikamente verabreicht, sondern versucht, die relevanten Störungen eines Patienten zu diagnostizieren und durch Gespräche, Deutungen, Imaginationen oder Verhaltenstraining die Symptome zu heilen bzw. zu lindern. Psychoanalyse oder Verhaltenstherapie sind zwei der bekanntesten Verfahren der Psychotherapie.
Psychiatrische Verfahren werden dagegen immer von Fachärzten für Psychotherapie und Psychiatrie ausgeübt, weil die Behandlung in aller Regel im Verbund mit Psychopharmakotherapie stattfindet und diese Medikamente ohnehin nur ein Arzt verschreiben darf. Soweit psychiatrische Krankenhäuser zur ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung durch den Zulassungsausschuss ermächtigt sind, wird dieser unselbständige ambulante Teil des Krankenhauses als PIA bezeichnet.
Ein Allgemeinkrankenhaus besitzt dann eine PIA, wenn das Krankenhaus über eine selbständige, fachärztlich geleitete psychiatrische Abteilung mit regionaler Ver...