Rz. 2c
Nach Abs. 2 Satz 2 besteht auf Bundesebene die Verpflichtung, in einem dreiseitigen Vertrag die Gruppe psychisch Kranker festzulegen, die wegen ihrer Art, Schwere und Dauer ihrer Erkrankung der ambulanten Behandlung durch PIA bedürfen. Partner des dreiseitigen Vertrages sind der GKV-Spitzenverband, die DKG und die KBV. Die gesetzlich vorgegebene Zusammensetzung der gleichberechtigten Vertragspartner ermöglicht, dass die Interessen aller Beteiligten, also der niedergelassenen ärztlichen/nichtärztlichen Psychotherapeuten, der psychiatrischen/psychosomatischen Krankenhäuser, der Allgemeinkrankenhäuser mit selbständigen psychiatrischen/psychosomatischen Abteilungen und der Krankenkassen angemessen berücksichtigt werden können. Mit Wirkung zum 1.1.2017 ist der Gesetzesauftrag durch Abs. 3 in der Weise erweitert worden, dass im Vertrag nach Abs. 2 für die psychosomatischen Krankenhäuser und Allgemeinkrankenhäuser mit selbständigen, fachärztlich geleiteten psychosomatischen Abteilungen auch zu regeln ist,
- unter welchen Voraussetzungen eine ambulante psychosomatische Versorgung durch diese PIA als bedarfsgerecht anzusehen ist, insbesondere weil sie eine zentrale Versorgungsfunktion wahrnehmen,
- besondere Anforderungen an eine qualitativ hochwertige Leistungserbringung sowie
- das Verfahren, in dem nachzuweisen ist, ob diese vertraglichen Vorgaben erfüllt sind.
Das Wort "auch" gibt vor, dass die für den psychosomatischen Bereich bestimmten Bedingungen zu 1. bis 3. in der bestehenden Vereinbarung zu regeln sind und nicht etwa in einem besonderen Vertrag. Allerdings stand es den Vertragsparteien frei, die bestehende dreiseitige Vereinbarung in einen öffentlich-rechtlichen Vertrag gemäß § 53 SGB X umzuwidmen. Nach der Gesetzesbegründung sind bei der psychosomatischen Versorgung durch PIA besondere Regelungen zur Sicherstellung der Versorgungsqualität und zur Vermeidung medizinisch nicht gerechtfertigter Leistungsausweitungen erforderlich, weil die Ermächtigung zur ambulanten Leistungserbringung von vornherein nur diejenigen Fälle umfasst, die wegen Art, Schwere und Dauer der Erkrankung durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte nicht erfolgreich behandelt werden können. Bei den Qualifikationsanforderungen kann es sich z. B. um spezielle Anforderungen an die Qualifikation des medizinischen Personals, an die Ausstattung der Einrichtungen oder an den Inhalt von Qualitätsberichten handeln. Weiteres Kriterium kann das Vorhandensein eines breit gefächerten Fachabteilungsspektrums sein, um den speziellen interdisziplinären Belangen der Psychosomatik bestmöglich zu entsprechen. Unabhängig hiervon haben die Vertragsparteien zu vereinbaren, welche Gruppe von Kranken aufgrund der Art, Schwere und Dauer der Erkrankung der Behandlung in einer psychosomatischen PIA bedarf.
Lange Zeit war der durch Abs. 3 erweiterte Gesetzesauftrag von den Vertragsparteien nicht umgesetzt worden, sodass zunächst weiterhin die dreiseitige Vereinbarung zu Psychiatrischen Institutsambulanzen gemäß § 118 SGB V v. 30.4.2010 Bestand hatte, welche am 1.7.2010 in Kraft getreten ist. Die Vereinbarung beinhaltet die Ziele, die Einrichtungen, die Patientengruppe, den Patientenzugang, die Leistungsinhalte, die Qualitätssicherung, die Zusammenarbeit, die Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfung, das Inkrafttreten und die Kündigung. Oft sind zu den einzelnen Inhaltspunkten der Vereinbarung nur die gesetzlichen Vorgaben übernommen worden, was nicht gerade dafür spricht, dass sich die Vertragsparteien in bestimmten Grundsatzfragen einig sind.
Warum die Vereinbarungspartner im Übrigen anstelle des in Abs. 2 genannten Vertrages für die Überschrift die Formulierung Vereinbarung gewählt haben, ist eine weitere Besonderheit, die sich nur mit der historischen Entwicklung der Vorschrift erklären lässt. Ab 1986 hatten nämlich die KBV und die damals noch zuständigen Spitzenverbände der Krankenkassen eine gemeinsame Empfehlung nach § 368n Abs. 6 RVO z. B. zu psychisch Kranken mit schwersten Krankheitsbildern als Zielgruppen der Institutsambulanz abzugeben und die Verträge waren auf der Landesebene zwischen Krankenhäusern und der zuständigen KV im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen abzuschließen.
Rein rechtlich macht es aber zwischen dem hier verwendeten Begriff Vereinbarung und dem gesetzlich bestimmten Vertrag keinen Unterschied, weil die schriftliche Vereinbarung ebenso wie der öffentlich-rechtliche Vertrag rechtsverbindlich ist. Die Spezifikation der Patientengruppe, der Kernpunkt des ursprünglichen Gesetzesauftrages, ergibt sich aus der Anlage zur Vereinbarung. Aber auch ohne die notwendige Erweiterung der Vereinbarung gilt für psychosomatische PIA das Recht auf Teilnahme an der ambulanten psychosomatischen Versorgung des betreffenden Klientels, weil nach Abs. 3 Satz 1 der Abs. 2 mit dem Rechtsanspruch eines psychiatrischen Krankenhauses auf Ermächtigung für psychosomatische Krankenhäuser und Allgemeinkrankenhäuser mit psychosomatischen PIA entsprechen...