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Das LSG Nordrhein-Westfalen hatte sich bereits in seinem Urteil v. 6.11.1996 (L 11 Ka 180/95) gegen die Überweisung als Zugangsvoraussetzung ausgesprochen, weil schon das vorgegebene Zwischenschalten eines niedergelassenen Vertragsarztes gerade die Versorgung dieses besonderen Patientenkreises behindern würde. Diese Entscheidung ist in § 4 der auf Bundesebene entwickelten, dreiseitigen Vereinbarung zu Psychiatrischen Institutsambulanzen v. 30.4.2010 in der Weise umgesetzt worden, dass der Zugang zu PIA zwar i. d. R. auf dem Wege der Überweisung erfolgen soll, aber letztlich die Inanspruchnahme der PIA nicht abhängig ist von der Vorlage eines vertragsärztlichen Überweisungsscheines. Überweisungen können danach die psychiatrischen bzw. kinder- und jugendlichen Abteilungen der Krankenhäuser vornehmen, in denen der Patient aktuell stationär behandelt wird, oder niedergelassene Vertragsärzte, wobei die Überweisungen durch Vertragsärztinnen oder Vertragsärzte nicht auf bestimmte Arztgruppen eingegrenzt sind. Im Falle der Überweisung aus der psychiatrischen bzw. kinder- und jugendlichen Abteilung soll die erste Konsultation der PIA zur Vorbereitung auf eine ambulante Behandlung noch während des stationären Aufenthaltes erfolgen. Dies dient dazu, den Patienten darauf vorzubereiten, sich nach der stationären Behandlung in die ambulante Weiterbehandlung durch PIA zu begeben. Dagegen kann eine aufsuchende Behandlung von Bewohnern in Alten- oder Pflegeheimen durch die PIA nur bei Vorliegen einer Überweisung eines Vertragsarztes oder Heimarztes erfolgen. Eine aktiv-akquirierende Tätigkeit der PIA in Alten- oder Pflegeheimen sowie Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe gehört nach § 4 der dreiseitigen Vereinbarung nicht zum Leistungsspektrum der PIA.
In Abs. 3 Satz 3 der Vorschrift ist mit Wirkung zum 1.1.2017 vorgeschrieben, dass die ambulante ärztliche Behandlung in der PIA eines psychosomatischen Krankenhauses oder eines Allgemeinkrankenhauses mit selbständiger, fachärztlich geleiteter psychosomatischer Abteilung nur auf Überweisung in Anspruch genommen werden kann. Die Formulierung "nur auf Überweisung" macht den Zugang zu psychosomatischen PIAs immer abhängig von der Vorlage eines fachärztlichen Überweisungsscheines, sodass die entgegenstehende Bestimmung des Abs. 4 Satz 2 der dreiseitigen Vereinbarung v. 30.4.2010 wegen des gesetzlichen Vorrangs für psychosomatische PIA keine Gültigkeit hat.
Zur Sicherstellung einer strukturierten Vorbehandlung hat eine Überweisung durch den die maßgebliche Erkrankung behandelnden Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie oder den ärztlichen Psychotherapeuten zu erfolgen (Anlage 2 § 5 Nr. 1 der Vereinbarung). Damit ist eine systemkonforme Koordination der Versorgungsebenen vorgesehen, wobei die psychosomatischen PIAs die psychotherapeutisch/psychosomatische-medizinische Versorgung, welche regelmäßig durch die ca. 2.600 Vertragsärztinnen und Vertragsärzte für psychosomatische Medizin und Psychotherapie durchgeführt wird, sachgerecht ergänzen sollen. Nach Anlage 2 § 5 Nr. 1 Satz 3 der Vereinbarung ist ein Jahr nach Behandlungsbeginn in der Einrichtung eine erneute fachärztliche Überweisung erforderlich und bei fortdauernder Behandlung nach jedem Jahr erneut einzuholen. Die Regelung des strikten Überweisungserfordernisses entspricht Abs. 3 Satz 3 der Vorschrift.
Nach Anlage 2 § 5 Abs. 1 Nr. 2 der Vereinbarung kann zur Verkürzung von stationären Behandlungszeiten und zur Sicherung des Behandlungserfolges im Ausnahmefall nach Entlassung aus der psychiatrischen oder psychosomatischen stationären Behandlung bei direkter Überleitung in die Institutsambulanz nach Abs. 3 der Vorschrift auf die fachärztliche Überweisung verzichtet werden, wenn die Behandlungsleistungen nicht durch niedergelassene Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten oder Medizinische Versorgungszentren (VZ) erbracht werden können. Die maximale Behandlungsdauer ohne Vorliegen einer fachärztlichen Überweisung beträgt in diesen Fällen 6 Monate.
Die Institutsambulanz nach Abs. 3 der Vorschrift hat bei jedem Patienten zu Beginn der Behandlung und mindestens halbjährlich zu prüfen, ob und inwieweit die Behandlung in der Institutsambulanz weiterhin erforderlich ist und ob eine Weiterbehandlung durch niedergelassene Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten oder MVZ erfolgen kann. Die Ergebnisse der Prüfung finden Eingang in die Patientendokumentation und in die Therapieberichte gemäß § 10 Abs. 2 der Vereinbarung, sind also nachprüfbar.