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Mit Inkrafttreten des HHVG zum 11.4.2017 sind die Krankenkassen verpflichtet, die den Leistungserbringern obliegenden gesetzlichen und vertraglichen Pflichten durch Auffälligkeits- und Stichprobenprüfungen zu überwachen. Voraussetzung hierfür ist, dass in den Leistungsbeschreibungen und Verträgen die zu erbringenden Leistungen und Qualitätsanforderungen so eindeutig und differenziert beschrieben sind, dass die Leistungserbringer ihre Pflichten kennen und einhalten und dass andererseits eine effiziente Überprüfung durch die Krankenkassen möglich ist. Solche Qualitätsprüfungen waren bereits in der Vergangenheit von den Krankenkassen durchgeführt worden, allerdings reichten nach Angabe des GKV-Spitzenverbandes die vorhandenen Prüfinstrumente nicht aus, um alle Schwachstellen der Hilfsmittelversorgung erkennen, analysieren und beseitigen zu können.
Mit den neuen gesetzlichen Regelungen beabsichtigt der Gesetzgeber eine durchgreifende Überprüfung der Ergebnisqualität von Hilfsmittelversorgungen und hat den Krankenkassen weitere Prüfkompetenzen zugesprochen. Dies gilt gleichermaßen auch für die Versorgung mit Pflegehilfsmitteln. Damit gehören insbesondere alle im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 enthaltenen 41 Produktgruppen (davon 37 für die Krankenversicherung und 4 für die Pflegeversicherung) zum Bereich der Auffälligkeits- und Stichprobeprüfungen. Gleichzeitig soll die nötige Transparenz geschaffen werden, um die Ursachen von Versorgungsdefiziten und unverhältnismäßig vielen oder hohen Aufzahlungen der Versicherten umfassend aufzudecken und dadurch gezielte Qualitätssicherungsmaßnahmen zu ermöglichen.
Nach Abs. 7 Satz 1 haben die Krankenkassen die Einhaltung der vertraglichen und gesetzlichen Pflichten der Leistungserbringer nach dem SGB V zu überwachen. Dazu sind die Leistungserbringer verpflichtet worden, den Krankenkassen die notwendigen Dokumentationen zur Verfügung zu stellen und Auskünfte zu erteilen. Damit aus den im Rahmen der Prüfungen der Krankenkassen gewonnenen Erkenntnisse auch Konsequenzen gezogen und so die Qualität der Hilfsmittelversorgung verbessert werden kann, haben die Krankenkassen vertraglich sicherzustellen, dass die Gesetzes- und Vertragsverstöße der Leistungserbringer angemessen geahndet werden (Abs. 7 Satz 6). Schwerwiegende Verstöße sind nach Abs. 7 Satz 7 der zuständigen Präqualifizierungsstelle mitzuteilen, welche das Zertifikat gemäß § 126 Abs. 1a erteilt hat.
Zur Durchführung der Prüfungen nach Satz 1 sind die Leistungserbringer verpflichtet, den Krankenkassen auf Verlangen die für die Prüfungen erforderlichen einrichtungsbezogenen Informationen und Auskünfte zu erteilen und die von den Versicherten unterzeichnete Bestätigung über die Durchführung der Beratung nach Abs. 5 Satz 1 vorzulegen. Soweit es für die Prüfungen nach Satz 1 erforderlich ist und der Versicherte schriftlich oder elektronisch eingewilligt hat, können die Krankenkassen von den Leistungserbringern auch die personenbezogene Dokumentation über den Verlauf der Versorgung einzelner Versicherter anfordern. Auch insoweit sind die Leistungserbringer zur Datenübermittlung verpflichtet.
Die bundeseinheitlichen Rahmenempfehlungen des GKV-Spitzenverbandes nach Abs. 8 beinhalten im Übrigen für die Krankenkassen Vorschläge, nach welchen Kriterien die Qualität der Hilfsmittelversorgung geprüft werden kann. Dort werden auch Auffälligkeiten und Anlässe benannt, um weitergehende Prüfungen und Maßnahmen durchzuführen. Auffälligkeiten sind z. B. Beschwerden der Versicherten, Datenauswertungen, Auswertungen von Unterlagen und Dokumentationen, Versichertenbefragungen oder Bewertungen durch den Medizinischen Dienst. Der Verwaltungsaufwand muss für die Krankenkassen angemessen sein und letztlich obliegt es ihnen zu entscheiden, in welchem Umfang und mit welchen Mitteln sie die Qualitätsprüfungen durchführen. Auffälligkeitsprüfungen kommen insbesondere zum Zuge, wenn sich Versicherte über Leistungserbringer beschweren, bei einem Leistungserbringer ungewöhnlich häufig vorzeitige Wiederversorgungen stattfinden, es wiederholt zu Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung und in Kostenvoranschlägen kommt oder ein Leistungserbringer deutlich häufiger als andere Mehrkostenvereinbarungen abschließt.
Auch in diesem Zusammenhang hatte das Bundesamt für Soziale Sicherung mit dem vorerwähnten Schreiben auf vorliegende Erkenntnisse verwiesen, dass die Krankenkassen ihrer Verpflichtung zur Durchführung von Auffälligkeits- und Stichprobenprüfungen bislang nicht ausreichend nachgekommen sind, und deshalb um Mitteilung gebeten, ob und – wenn ja – wie (z. B. durch Versichertenbefragung) und mit welchem Ergebnis die bundesunmittelbaren Krankenkassen diese Prüfungen durchgeführt haben.