Rz. 16
Die Formulierung in Abs. 5 Satz 1 der Vorschrift, dass ergänzende Verträge auf Landesebene geschlossen werden können, heißt, dass die möglichen Vertragspartner, die Krankenkassen oder ihre Verbände bzw. der Apotheker oder sein Landesapothekerverband, ein Dispositionsrecht haben.
Vertragspartner eines ergänzenden Vertrages auf Landesebene sind einerseits die Krankenkassen oder ihre Verbände und andererseits die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgebliche Organisation der Apotheker auf Landesebene. Bezüglich der Rechtswirkung solcher Arzneilieferverträge, die diese für Apotheken und Krankenkassen auf der Landesebene entfalten, gelten die Ausführungen zur rechtlichen Bindung an den Rahmenvertrages entsprechend. Dies ergibt sich aus Abs. 5 Satz 2, nach welchem Abs. 3 der Vorschrift, bezogen auf den ergänzenden Vertrag, entsprechend gilt. Schließt z. B. der BKK Landesverband Süd einen ergänzenden Arzneimittelliefervertrag mit dem Hessischen Apothekerverband e. V., gilt dieser Vertrag für die hessischen Betriebskrankenkassen, die dem BKK-Landesverband angehören und für die hessischen Apotheken, die Mitglieder des Hessischen Apothekerverbandes sind. Andere hessische Apotheken können dem ergänzenden BKK-Vertrag auf Landesebene beitreten.
Die Änderung in Abs. 5 Satz 1 hat mit Wirkung zum 1.4.2007 den Kreis der Vertragspartner für die ergänzenden Verträge auf Landesebene erweitert, da jetzt auch die Krankenkassen (dazu gehören auch die Ersatzkassen) solche Verträge schließen können. Die Ersatzkassen haben zudem die Möglichkeit, auf Landesebene einen Bevollmächtigten mit Abschlussbefugnis zu benennen (vgl. § 212 Abs. 5).
Das Fehlen des Wortes "gemeinsam" bei den Vertragspartnern auf Krankenkassenseite lässt den Schluss zu, dass im Primärkassen- und im Ersatzkassenbereich abweichende Regelungen getroffen werden können. Von der Sache her erscheint ein Abweichen wenig sinnvoll, aber es kommt in der Praxis vor. In Nordrhein z. B. gehören die Ersatzkassen nicht zu den Vertragspartnern des auf den Landesteil Nordrhein bezogenen Arzneilieferungsvertrages, sondern sie richten sich nach dem abgeschlossenen Rahmenvertrag auf Bundesebene oder dem AVV oder verfolgen über Bevollmächtigte mit Abschlussbefugnis eigenständige Verträge auf der Landesebene. Das seit 1.4.2007 gültige Mehr an Vertragsfreiheit und die zusätzliche Einbindung der Krankenkassen und der einzelnen Apotheken als Vertragspartner lassen erwarten, dass künftig mehr ergänzende Verträge mit unterschiedlichen Inhalten vereinbart werden.
Geändert hat sich die Vertragsebene auch insoweit, als ergänzende Verträge von der Krankenkasse mit einzelnen Apotheken geschlossen werden dürfen. Damit ist sowohl auf der regionalen Krankenkassenebene als auch auf der Landesebene ein neuer Vertragsspielraum eröffnet, der sich insbesondere für solche Krankenkassen anbietet, die über eine größere Versichertenzahl verfügen. Kleinere Krankenkassen werden sich dagegen eher solchen Verträgen anschließen, die ihr Landesverband abgeschlossen hat.
"Ergänzende Verträge" bedeutet, dass diese von ihrer Zielsetzung her dem Bundesrahmenvertrag entsprechen, mithin ebenfalls der Sicherstellung der Arzneimittelversorgung dienen. Die bisher in den Ländern geschlossenen Arzneilieferungsverträge, die im Wesentlichen die Arzneimittelabgabe, die Berechnung der Preise, den Einzug der Zuzahlung des Versicherten, die Rechnungslegung und -begleichung sowie das Verfahren der Datenübermittlung und bei Rechnungsbeanstandungen regeln, sind in diesem Sinne als ergänzende Verträge anzusehen (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 20.9.2004, L 16 B 4/04 KR ER). Sie regeln darüber hinaus oft noch die Abgabe und Berechnung von Hilfsmitteln, soweit sie durch Apotheken geliefert werden (§ 127).
Die Arzneimittelabrechnungsvereinbarung nach § 300, die oft als Anlage zu den Arzneilieferverträgen geführt wird, ist dagegen eine eigenständige Vereinbarung der Bundesebene, die auf der Landesebene nicht verändert werden kann. Auch ist das Zustandekommen dieser Vereinbarung schiedsamtsfähig (vgl. § 300 Abs. 4).
Die ergänzenden Verträge können daher auch nur in dem durch § 129 gezogenen Rahmen abgeschlossen werden, da nach § 69 sowie §§ 63, 64 das Vierte Kapitel des SGB V auch die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den Apotheken abschließend regelt. Dagegen erscheint es unter dem Blickwinkel des § 69 Satz 3 abwegig, den aus dem BGB stammenden Grundsatz der völligen Vertragsfreiheit mit der durch die Neufassung des § 69 zum 1.1.2000 erfolgten Zuweisung sämtlicher Rechtsbeziehungen der Leistungserbringer zu den Krankenkassen zum öffentlichen Recht in Einklang zu bringen (LSG Nordrhein-Westfalen, a. a. O.).
Durch die Sätze 4 und 5 des Abs. 5 hat eine Apotheke die Möglichkeit, die auf Bundesebene festgelegten Höchstpreise für Arzneimittelrezepturen (vgl. Abs. 5c) sowie die auf Landesebene vereinbarten Preise für die Arzneimittel zu unterschreiten, die nicht der Arzneimittelpreisverordnung unterl...