0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die ursprüngliche, durch Gesetz v. 22.12.1999 (BGBl. I S. 2626) eingefügte gesetzliche Regelung betraf den Koordinierungsausschuss und wurde als Folge zum neu geschaffenen Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) nach § 91 mit dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) v. 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190) zum 1.1.2004 aufgehoben.
Rz. 2
Zum 1.1.2012 erfolgte die Neuregelung durch das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz – GKV-VStG) v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 2983).
1 Allgemeines
Rz. 3
Die Regelungen zur Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der gesetzlichen Krankenversicherung sehen für den ambulanten Bereich die vorherige Anerkennung der Methode durch den GBA i.S. eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt (§ 135) vor, wohingegen im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung auch ohne vorherige Anerkennung durch den GBA eine Einführung und Finanzierung möglich ist, soweit der GBA nicht eine Aberkennung der Abrechnungsbefugnis nach Maßgabe von § 137c regelt (Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt). Nicht immer ist aber der Nutzen innovativer Methoden ausreichend genug belegt, um über eine flächendeckende Einführung entscheiden zu können. Mit der Regelung des § 137e erhält der GBA nunmehr ein neues Instrument für die Bewertung von Methoden, deren Nutzen (noch) nicht mit hinreichender Evidenz belegt ist (BT-Drs. 17/6906 S. 45).
Rz. 4
Danach hat er die Möglichkeit, durch Richtlinien innovative Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit Potenzial für eine allgemeine Anerkennungsentscheidung zeitlich begrenzt unter strukturierten Bedingungen bei gleichzeitigem Erkenntnisgewinn unter Aussetzung des Bewertungsverfahrens nach § 135 oder § 137c zu erproben (Abs. 1). Abs. 2 der Vorschrift betrifft den Regelungsinhalt der Richtlinie und Abs. 3 die Anforderungen an die teilnehmenden Leistungserbringer. In Abs. 4 ist die Vergütung der im Rahmen der Erprobung erbrachten und verordneten Leistungen normiert. Regelungen zur wissenschaftlichen Begleitung und Auswertung der Erprobung durch eine unabhängige wissenschaftliche Institution einschließlich der Datenübermittlung durch die teilnehmenden Leistungserbringer ergeben sich aus Abs. 5, die zur Kostenübernahme der Hersteller von Medizinprodukten finden sich in Abs. 6. Die Erprobung neuer Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden kann nicht nur im Rahmen von Beratungsverfahren nach § 135 oder § 137c beschlossen werden. Auch die Hersteller eines Medizinprodukts oder die Anbieter einer neuen Methode haben ein Recht, beim GBA eine Erprobung zu beantragen (Abs. 7). Diese Unternehmen können sich zu den Voraussetzungen der Erbringung einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode durch den GBA beraten lassen (Abs. 8).
2 Rechtspraxis
2.1 Erprobung innovativer Behandlungsmethoden (Abs. 1)
Rz. 5
Nach der bisherigen Rechtslage hatte der GBA bei noch unzureichendem Nutzenbeleg einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode zwar die Möglichkeit des Ausschlusses, jedoch keine wirksame Möglichkeit, auf eine Beseitigung der unzureichenden Evidenzlage hinzuwirken (BT-Drs. 17/6906 S. 87). Seit Inkrafttreten von § 137e durch das GKV-VStG am 1.1.2012 ist dem GBA die Möglichkeit eröffnet, ein laufendes Beratungsverfahren nach § 135 oder § 137c auszusetzen (zur Beantragung der Richtlinie durch Hersteller von Medizinprodukten und sonstigen Anbietern vgl. Abs. 7) und eine Richtlinie zur Erprobung (i.S.v. § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5) zu beschließen, um die notwendigen Erkenntnisse des Nutzens der Behandlungsmethode zu gewinnen, die das Potenzial für eine allgemeine Anerkennung hat. Der Gesetzgeber sieht ein Potenzial für die Erforderlichkeit einer Behandlungsmethode, wenn diese aufgrund ihres Wirkprinzips und der bisher vorliegenden Erkenntnisse mit der Erwartung verbunden ist, dass andere aufwendigere, für den Patienten invasivere oder bei bestimmten Patienten nicht erfolgreiche Methoden ersetzt werden können, die Methode weniger Nebenwirkungen hat, sie eine Optimierung der Behandlung bedeutet oder die Methode in sonstiger Weise eine effektivere Behandlung ermöglichen kann (BT-Drs.a. a.O., S. 88). Über die Bewertungskriterien für den Nutzen besteht bislang noch keine Einigung (Krüger-Brand, Nutzenbewertung ist machbar, Deutsches Ärzteblatt 2012 S. A 406).
Rz. 6
Rechtsfolge der Aufnahme in die Erprobungs-Richtlinie ist nach Abs. 1 Satz 2, dass die Untersuchungs- oder Behandlungsmethode in einem befristeten Zeitraum im Rahmen der Krankenbehandlung (§ 27) oder der Früherkennung (§§ 25 und 26) zulasten der Krankenkassen erbracht wird. Wegen der weiteren Voraussetzungen im Bereich der Früherkennung (vgl. insbesondere § 25 Abs. 3) ist davon auszugehen, dass in der Praxis die Erprobung ganz überwiegend im Rahmen der Krankenbehandlung stattfinden wird.
Die Richtlinie ist auf einen angemessenen Zeitraum zu befristen, um den notwendigen Erkenntnisgewinn zu erlangen. Stellt sich jedoch heraus, dass die Erprobung nicht durchgeführt werden kann (weil sich insbesondere nicht genügend teilnehmende Leistungserbringer finden oder ...