Rz. 15

Aufbau und Durchführung von strukturierten Behandlungsprogrammen erfordern bei den Krankenkassen gutes Fachwissen und logistisches Handeln. Einzelne Krankenkassen, insbesondere kleinere, kämen mangels ausreichender Kapazitäten rasch an ihre Leistungsgrenzen, wenn sie strukturierte Behandlungsprogramme für ihre chronisch Kranken allein einführen wollten. Gleichwohl sollen auch sie die Möglichkeiten wahrnehmen können, die medizinische Versorgung ihrer Versicherten unter Wettbewerbsbedingungen qualitativ zu verbessern, was aber i. d. R. eine Unterstützung durch ihre Landesverbände oder ihren Spitzenverband voraussetzt. Für die Verbände stellt die Unterstützung eine Pflicht dar (§ 211 Abs. 1 bzw. § 217 Abs. 1). Besonderheiten bestehen für die Bundesknappschaft, die selbst die Aufgaben eines Bundes- oder Landesverbandes wahrnimmt, und für die Verbände der Ersatzkassen, die die Aufgabenübernahme in ihrer Satzung regeln. Das Gesetz ist zwar so angelegt, dass jede Kassenart und jede Krankenkasse für sich strukturierte Behandlungsprogramme auflegen kann. In der Praxis haben sich aber meist DMP entwickelt, die inhaltlich gleich sind und insoweit für die Leistungserbringer kassenartenübergreifend wirken. Dem steht nicht entgegen, dass jede Kassenart die Zulassung ihres Behandlungsprogramms beim BVA selbst betreiben muss (vgl. § 137g). DMP erstreckt sich dabei nicht nur auf den medizinischen Teil in einer Vertragsarztpraxis oder einem Krankenhaus, sondern auch darauf, wie die Krankenkasse ihre chronisch kranken Versicherten unterstützt.

Abs. 5 enthält ferner die Möglichkeit, dass die Krankenkassen ihre Aufgaben im Rahmen des strukturierten Behandlungsprogramms auf Dritte übertragen dürfen. Dies können Aufgaben aus der Datenerhebung und -auswertung oder Aufgaben rund um die Qualitätssicherung sein. Der Hinweis auf § 80 SGB X macht deutlich, dass die Datenschutzbestimmungen vom Dritten so beachtet werden müssen, als ob die Krankenkasse die Aufgabe selbst erledigen würde. Soweit ein DMP-Vertrag mit einer KV geschlossen wird, können nach der RSAV die Daten zur Pseudonymisierung des Versichertenbezugs z. B. auch einer Arbeitsgemeinschaft nach § 219 Abs. 2 versicherten- und leistungserbringerbezogen übermittelt werden. Über den Datenfluss war es im Übrigen zu Auseinandersetzungen zwischen Ärzten und Krankenkassen gekommen, nachdem sich der Deutsche Ärztetag 2002 gegen eine Datenweitergabe, wie sie die RSAV vorsieht, ausgesprochen hatte. Die Befürchtungen, anstelle der Ärzte wollten die Krankenkassen Fallmanagement betreiben, konnten aber inzwischen weitgehend ausgeräumt werden, sodass inzwischen eine Vielzahl von DMP-Verträgen abgeschlossen werden konnte.

 

Rz. 16

Abs. 6 eröffnet die Möglichkeit, abweichend von § 80 Abs. 5 Nr. 2 SGB X die Verarbeitung des gesamten Datenbestandes einem privaten Auftragnehmer zu übertragen. Dies gilt z. B. für die Erst- und die Folgedokumentationen, welche die an dem DMP-Vertrag beteiligten Vertragsärzte der vertraglich verankerten Arbeitsgemeinschaft nach § 219 Abs. 2 übermitteln (vgl. § 28f Abs. 2 der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung – RSAV – v. 3.1.1994, BGBl. I S. 55, in der jeweils gültigen Fassung). Die Plausibilitätsprüfung sowie die Pseudonymisierung der übermittelten Patientendaten würden bei der jeweiligen Arbeitsgemeinschaft in den Ländern einen erheblichen Einsatz an personellen und technischen Mitteln auslösen bzw. den Aufbau umfangreicher und kostenintensiver Ressourcen erfordern, was bei der Übertragung auf ein privates Datenverarbeitungsunternehmen wesentlich kostengünstiger gestaltet werden kann. Das private Unternehmen kann z. B. KV-übergreifend tätig werden, sodass die zu tätigenden Investitionen nur einmal anfallen, und seine Tätigkeit kann sich auf den gesamten oder den überwiegenden Teil des jeweiligen Datenbestandes beziehen. Die Verarbeitung sehr großer Datenmengen stellt bei der elektronischen Datenverarbeitung ohnehin nicht das Problem dar, eher dagegen die gelieferte Datenqualität. "Abweichend von § 80 Abs. 5 Nr. 2 SGB X" bedeutet, dass die Arbeitsgemeinschaft als Auftraggeber eine nicht öffentliche Stelle, wie nach einem normierten Ausschreibungsverfahren z. B. die T-Systems, mit der Verarbeitung sensibler Gesundheitsdaten als Ausnahme von der Regelung des § 80 SGB X beauftragen darf. Ein Zwang, den Auftrag zu erteilen, besteht jedoch nicht. Allerdings werden in der Praxis die vorgenannten Einsparungen bereits Grund genug sein, die Aufgaben dem privaten Datenverarbeitungsunternehmen zu übertragen. Deshalb hat es der Gesetzgeber für sinnvoll gehalten, dass der Auftraggeber, die vertraglich verankerte Arbeitsgemeinschaft, den für sie zuständigen Datenschutzbeauftragten rechtzeitig vor der Auftragsvergabe schriftlich informiert, damit er ggf. beratend einwirken kann. Das sollte nicht nur für den Vertrag über die Auftragsübertragung gelten, sondern auch das Vertragsverhältnis zwischen dem privaten Datenverarbeitungsunternehmen und eventuellen Subunternehmen im In- od...

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