Rz. 5b
Besondere ambulante ärztliche Versorgungsaufträge beziehen sich z. B. auf den besonderen Betreuungsaufwand für Patienten mit schwierigen und langwierigen Erkrankungen. In Indikationsgruppen und Diagnoseeinteilungen sind die Patienten mit erhöhtem Versorgungsbedarf im Vertrag definiert, wie z. B. angeborene Herzfehler, angeborene Fehlbildungen des Kreislaufsystems, alkohol- oder drogeninduzierte Psychose, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, bipolare affektive Störungen/Anorexia nervosa, Bulimie, Entzündung/Nekrose von Knochen, Gelenken, Muskeln, Diplegie der oberen Extremitäten, Monoplegie und andere Lähmungen, Epilepsie, Hämophilie u. a. Der Patient, der sich für den ihn betreffenden selektiven Versorgungsauftrag entscheidet, erhält
- eine umfassende, abgestimmte, engmaschige und kontinuierliche Betreuung durch den gewählten Hausarzt, der am Versorgungsauftrag teilnimmt,
- über den Umfang der vertragsärztlichen Regelversorgung hinaus ein patientenorientiertes Dienstleistungsangebot u. a. im Bereich der Sprechstunden und Hausbesuche, bessere Kooperation, konsequente Patientenbegleitung und ein umfassendes Qualitätsmanagement,
- eine erhöhte Beratungs- und Behandlungsintensität durch den Hausarzt, indem dieser
a) die Diagnostik, Therapie und Pflege für den Patienten koordiniert,
b) den Patienten aufklärt und motiviert, präventive Maßnahmen in Anspruch zu nehmen,
c) gemeinsam mit dem Patienten die optimalen Vorsorgemaßnahmen auswählt und mit ihm den individuellen Rehabilitationsbedarf bespricht und evtl. erforderliche Schritte einleitet.
Das wesentliche Element des Versorgungsauftrages ist die Koordination der Versorgung des Patienten über alle medizinischen Bereiche hinweg. Das Zusatzangebot umfasst außerdem ein Praxismanagement, das wegen der besonderen Anforderungen von chronisch kranken Patienten den Fokus auf die Organisation von Sprechstunden und Hausbesuchen legt.
Ein besonderer ambulanter ärztlicher Versorgungsauftrag kann sich aber auch nur auf eine bestimmte Diagnose beziehen, wie z. B. die Erhöhung der Versorgungsqualität für chronisch Hepatitis-C (HCV)-infizierte Patienten. Dieser Versorgungsauftrag dient insbesondere der Etablierung der erforderlichen Voraussetzungen einer am individuellen Krankheitsverlauf abgestimmten, qualitätsgesicherten und passgenauen Behandlung durch erfahrene Ärzte. Dabei spielt auch der medizinisch/pharmakologische Fortschritt eine wesentliche Rolle.
Der besondere ambulante ärztliche Versorgungsauftrag kann die gesamte ambulante Versorgung oder einzelne Bereiche der ambulanten ärztlichen Versorgung umfassen. So hat z. B. die Techniker Krankenkassen einen Vertrag nach § 73c a. F. abgeschlossen, der sich auf 2 zusätzliche Früherkennungsuntersuchungen im Rahmen der Kinder- und Jugendmedizin erstreckt. Dieser Versorgungsauftrag umfasst für 7- bis 8-Jährige eine Früherkennungsuntersuchung, bei der die Ziele und Schwerpunkte auf Schulleistungsstörungen, Sozialisations- und Verhaltensstörungen, Zahn-, Mund- und Kieferanomalien und Medienverhalten gelegt sind; außerdem ist für 9- bis 10-Jährige eine Vorsorgeuntersuchung vorgesehen, die sich auf Schulleistungsstörungen, Sozialisations- und Verhaltensstörungen, Zahn-, Mund- und Kieferanomalien, Medienverhalten und Pubertätsentwicklung bezieht. Im Rahmen der zusätzlichen Vorsorgeuntersuchung besteht Anspruch auf eine ausführliche Beratung (vgl. hierzu auch § 26 SGB V i. d. F. d. Präventionsgesetzes v. 17.7.2015, BGBl I S. 1368).
Verträge über besondere ambulante ärztliche Versorgungsaufträge können mit allen in Abs. 3 genannten ärztlichen oder ärztlich geleiteten Leistungserbringern (z. B. Krankenhäuser) geschlossen werden. In jedem Fall ist jedoch nach Abs. 1 Satz 2 eine immer mögliche Beteiligung zugelassener ärztlicher Leistungserbringer am Vertrag sicherzustellen, sodass die Vertragsärztin und der Vertragsarzt selbst entscheiden können, ob sie ihr Recht wahrnehmen oder nicht wahrnehmen wollen, an dem der Ausschreibung öffentlicher Aufträge unterliegenden Vertrag (vgl. § 69 Abs. 2 Satz 1) teilzunehmen. Die grundsätzliche Sicherstellung der Beteiligung zugelassener ärztlicher Leistungserbringer am Vertrag folgt der Systematik der ambulanten ärztlichen Versorgung, weil die ambulante ärztliche Versorgung im Wesentlichen den Vertragsärztinnen und Vertragsärzten vorbehalten ist. Die Beteiligung muss deshalb im Vertrag selbst bzw. in der Ausschreibung zum Ausdruck kommen, auch wenn der Vertrag über den besonderen ambulanten ärztlichen Versorgungsauftrag letztlich nur zwischen einer Krankenkasse und einem Krankenhaus realisiert werden kann.