Rz. 6
Nach Abs. 1 Satz 3 gelten die bis zum Inkrafttreten des GKV-VSG am 23.7.2015 wirksam gewordenen Strukturverträge, Verträge über die besondere ambulante ärztliche Versorgung und die Verträge über die integrierte Versorgung in der bis dahin geltenden Fassung der §§ 73a, 73c und 140a fort. Das Weitergelten dieser Verträge folgt nach der Gesetzesbegründung bereits daraus, dass die Neuregelung einen weiteren Gestaltungsspielraum als das bisherige Recht vorsieht. "Wirksam geworden" ist der Selektivvertrag dann, wenn er in die Praxis umgesetzt ist, sodass der Tag des Vertragsabschlusses i. d. R. nicht entscheidend ist. Für Selektivverträge, die ab 23.7.2015 wirksam geworden sind, stellt aber die Neufassung des § 140 a die maßgebende Rechtsgrundlage dar. Abs. 1 Satz 3 der Vorschrift bildet nunmehr anstelle der aufgehobenen Vorschriften für die Altverträge die formelle Rechtsgrundlage, sodass eine verwaltungsaufwendige, aber keine Regelungswirkung entfaltende Umstellung dieser Verträge auf die neue Rechtsgrundlage nicht erforderlich ist. Die Einbindung der Altverträge in die neue Vorschrift bedeutet gleichzeitig, dass die in der Neuregelung zum Ausdruck kommende Vereinfachung auch für die Altverträge gilt, was bei jeder Vertragsänderung oder -anpassung eines Altvertrages von den Vereinbarungspartnern mit berücksichtigt werden sollte. Zur Vereinfachung gehört z. B. die Regelung des Abs. 2 Satz 4, dass die Wirtschaftlichkeit der besonderen Versorgung erst nach 4 Jahren nachweisbar sein muss. Dies gilt nunmehr auch ohne Vertragsänderung für die Altverträge, weil das Gesetz einer ggf. abweichenden Vertragsregelung vorgeht.
Verträge über besondere Versorgungsformen können seit dem 23.7.2015 nur noch auf der aktuellen Rechtsgrundlage des § 140a geschlossen werden; für Altverträge, die nach § 73a, § 73c und § 140a in der bis 22.7.2015 geltenden Gesetzesfassung geschlossen worden waren, hatte der Gesetzgeber dagegen zunächst ein Fortgelten angeordnet.
Mit Wirkung zum 1.1.2021 sollen nach Abs. 1 Satz 4 diese Altverträge bis spätestens 31.12.2024 durch Verträge nach dieser Vorschrift ersetzt oder alternativ beendet werden. Nach der Gesetzesbegründung ist das Nebeneinander gleichartiger Versorgungsverträge auf verschiedener bzw. überkommener Rechtsgrundlage auf Dauer nicht gerechtfertigt und daher bis Ende 2024 zu beenden.
Da die Rechtsgrundlagen einen weitgehend gleichen Gestaltungsspielraum ermöglichen, können sich die Krankenkassen darauf beschränken, mit Zustimmung der jeweiligen Vertragspartner die Verträge ohne weitgehende inhaltliche Änderung anzupassen. Die Vertragspartner haben aber auch die Möglichkeit, Verträge inhaltlich neu zu verhandeln oder zu beenden. Damit sollen die Krankenkassen nach der Gesetzesbegründung zu einer kritischen Überprüfung ihres Vertragsbestandes angehalten werden.
Im Falle einer freiwilligen Vertragsanpassung an die geltende Rechtslage ist aber die an sich obligatorische Vorlagepflicht des Vertrages beim oder die Unterrichtung des Bundesamtes für Soziale Sicherung über den angepassten Vertrag nicht erforderlich (vgl. § 137g Abs. 2 Satz 4).
Die Vertragsanpassung an geltendes Recht hat zwischen den Vertragspartnern einvernehmlich zu erfolgen; eine Schiedsstellenlösung ist in der Vorschrift nicht vorgesehen, würde aber im Hinblick darauf, dass die Krankenkasse nach Abs. 1 nicht zum Vertragsabschluss gezwungen werden kann, auch nicht sinnvoll sein.
Erfolgt bis 31.12.2024 aber keine Anpassung an die geltende Rechtslage oder werden sich die Vertragspartner bis dahin über die notwendige Vertragsanpassung nicht einig, endet der bisherige Selektivvertrag von Amts wegen, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Die in Abs. 1 Satz 4 enthaltene Gesetzesformulierung ist eindeutig und geht auch insoweit jeder Vertragsregelung vor.