Rz. 17
Die BKK ist zu schließen, wenn die Voraussetzungen nach Nr. 1, 2 oder 3 erfüllt sind. Die Schließung ist für die Aufsichtsbehörde ein streng rechtsgebundener Verwaltungsakt, der von Amts wegen zu ergehen hat. Eines formellen Antrages bedarf es nicht. Die Aufsichtsbehörde ist jedoch verpflichtet, einem entsprechenden Hinweis nachzugehen. Ein Ermessen steht ihr für die Frage, ob eine Schließungsverfügung zu erfolgen hat, nicht zu. Die Prognoseentscheidung über die voraussichtlich fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auf Dauer enthält zwar einen gewissen Beurteilungsspielraum, diese Beurteilung ist jedoch gerichtlich überprüfbar.
Rz. 17a
Die Aufsichtsbehörde bestimmt nach Satz 2 den Zeitpunkt, an dem die Schließung wirksam wird. Bisher hatte die Aufsichtsbehörde die Möglichkeit, den Schließungszeitpunkt allein nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten (z. B. Quartalsende wegen der quartalsweisen Leistungsabrechnungen der Leistungserbringer) oder dem akuten Finanzzustand zu bestimmen. Durch die mit dem GKV-VStG (vgl. Rz. 4a) mit Wirkung zum 1.1.2012 vorgeschriebene Mindestfrist von 8 Wochen zwischen der Zustellung des Schließungsbescheides und dem Zeitpunkt der Schließung, ist die Aufsichtsbehörde in der Festlegung des Schließungszeitpunktes eingeschränkt.
Rz. 17b
Die mit dem GKV-VStG (vgl. Rz. 4a) zwingend vorgeschriebene Frist von mindestens 8 Wochen zwischen Zustellung der Schließungsverfügung und dem Schließungszeitpunkt erscheint vor dem Hintergrund der den oder die Arbeitgeber nach § 155 Abs. 4 Satz 1 und 2 treffenden Haftung, insbesondere auch im Falle der Schließung des Betriebes bedenklich. Dies gilt auch vor dem Hintergrund und der Zwecksetzung, dass damit die Möglichkeit und letztlich die Verpflichtung zur Wahl einer anderen Krankenkasse für die Mitglieder gesichert werden soll. § 175 Abs. 3a regelt insoweit lediglich eine "späteste" Frist für die Abgabe einer Wahlrechtserklärung. Da nach § 155 Abs. 2 Satz 5 der Vorstand im Falle der Schließung die Mitglieder jedoch unverzüglich über die Notwendigkeit der Wahl einer anderen Krankenkasse und die möglichen wählbaren Krankenkassen zu unterrichten hat, wird ein Großteil der Mitglieder sein Wahlrecht auch vor Ablauf von 6 Wochen nach Zustellung der Schließungsverfügung ausüben, so dass die in der Leistungsfähigkeit gefährdete Krankenkasse Mitglieder (und Familienversicherte) in erheblichem Umfang verliert und dann für diese auch keine Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds mehr erhält, womit sich die Leistungsfähigkeit erheblich verschlechtern und den Umfang der Haftung erhöhen wird. Dies gilt insbesondere auch im Falle der Schließung des Betriebes, wenn die ehemals bei der BKK versicherten versicherungspflichtig Beschäftigten im Zusammenhang mit dem Ende der Mitgliedschaft ihren Versicherungsstatus wechseln (anderweitige Beschäftigung oder Arbeitslosigkeit) und dafür die Krankenkasse wechseln. Die BKK kann daher, wenn alle Mitglieder nach § 175 Abs. 3a binnen 6 Wochen wechseln, noch für 2 Wochen ohne Mitglieder weiter bestehen und der Arbeitgeber für die weiterhin laufenden Kosten haften.
Rz. 18
Vor Erlass des Schließungsbescheides sind nach § 172 die beteiligten Verbände der Krankenkassen zu hören, ohne dass diese dadurch zu Beteiligten werden (vgl. Komm. zu § 172). Eine Anhörung des Inhabers des Trägerbetriebes oder der BKK selbst ist nicht ausdrücklich vorgesehen. Eine solche Anhörungspflicht des Arbeitgebers folgt aber aus § 24 Abs. 1 SGB X, da durch die Schließungsverfügung der ursprünglich positiv entschiedene Antrag des Arbeitgebers auf Errichtung der BKK wieder rückgängig gemacht wird und die Anhörung der BKK aus § 12 SGB X, da sie Empfängerin der Schließungsverfügung und Betroffene ist.
Rz. 19
Die Schließungsverfügung ist ein gestaltender Verwaltungsakt, durch den die BKK ihre Eigenschaft als Träger der Krankenversicherung verliert, der keines weiteren Vollzuges bedarf. Da davon nicht nur die BKK und der Arbeitgeber betroffen sind, sondern (nunmehr) auch die Mitglieder und Versicherten und mittelbar auch andere Krankenkassen, kommt die Schließungsverfügung einer Allgemeinverfügung (§ 31 Satz 2 SGB X) nahe.
Rz. 20
Gegen die Schließungsverfügung der Aufsichtsbehörde ist die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 und 3 SGG) von Arbeitgeber und BKK ohne Widerspruchsverfahren möglich. Ob auch einzelne Mitglieder der BKK oder andere Krankenkassen die Schließung anfechten können, ist zweifelhaft. Es dürfte insoweit seit 1996 an einem subjektiven Recht auf die Mitgliedschaft in einer bestimmten Krankenkasse bzw. am Weiterbestehen der BKK fehlen.