Rz. 9
Vor dem vorstehend genannten funktionalen Zweck der Vorschrift sind auch Sachverhalte zu beurteilen, in denen objektiv zeitgleich mehrere Tatbestände der Versicherungspflicht erfüllt sind. Grundsätzlich wird man hier davon ausgehen müssen, dass die erhaltene Mitgliedschaft auch in ihrem Rang erhalten bleibt, in dem sie zuvor stand, so dass grundsätzlich die Rangfolgeregelungen des § 5 Abs. 6 bis 8 maßgebend bleiben. Da die Vorschrift im Regelfall an eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 anknüpft, bedeutet dies, dass die erhaltene Mitgliedschaft allen anderen Tatbeständen der Versicherungspflicht gegenüber vorrangig ist.
Rz. 10
Von diesem Rangverhältnis wird man jedoch nur dann und insoweit ausgehen können, als die Tatbestände der Versicherungspflicht nebeneinander bestehen können, wie z. B. die Versicherungspflicht als Beschäftigter und Rentner, nicht dagegen eine wegen Elterngeld/Elternzeit erhaltene Mitgliedschaft neben einer Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2, 5 bis 8. Ansonsten käme es zu einer originären und einer erhaltenen Mitgliedschaft. Auch das Fehlen einer Konkurrenzklausel spricht daher dagegen, die erhaltene Mitgliedschaft als eine solche sui generis zu verstehen (vgl. Rz. 8a).
Rz. 11
Weiterhin wird man für die Erhaltung der Mitgliedschaft fordern müssen, dass jedenfalls das der Versicherungspflicht zugrunde liegende (i. d. R.) Arbeits-/Beschäftigungsverhältnis noch besteht. Die ehemals Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis beendet ist und die sich während der Elternzeit oder des Elterngeldbezuges als Studentin einschreibt, unterliegt der Versicherungspflicht als solche. In diesen Fällen ist es nicht gerechtfertigt, sie auch von Studentenbeiträgen freizustellen, und es besteht keine Notwendigkeit, die Mitgliedschaft nur über § 192 zu erhalten.
Rz. 12
Diese Überlegung liegt wohl auch § 3 Abs. 1 Nr. 2 KVLG 1989 zugrunde, wenn dort ausdrücklich für Nebenerwerbslandwirte die Geltung des KVLG und damit die Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Krankenkasse ausgeschlossen ist, wenn eine Mitgliedschaft über § 192 bei einer anderen Krankenkasse besteht. Dies betrifft solche Nebenerwerbslandwirte, die eine abhängige Beschäftigung von voraussichtlich mehr als 26 Wochen ausüben, so dass bei Wegfall des Arbeitsentgeltes bei den Tatbeständen des § 192 an sich die Zuständigkeit und Versicherungspflicht nach dem KVLG ’89 gegeben wäre. Gleiches gilt umgekehrt im Verhältnis von landwirtschaftlicher Krankenversicherung zur allgemeinen Krankenversicherung, wenn die Mitgliedschaft in der landwirtschaftlichen Krankenversicherung gemäß § 25 KVLG 1989 erhalten bleibt.
Rz. 13
Das Konkurrenzverhältnis der Tatbestände des § 192 Abs. 1 zum Unterbrechungstatbestand der entgeltlichen Beschäftigung wegen nicht bestehender Arbeitsentgeltansprüche (bis 1998 in Abs. 1 Nr. 1 geregelt), ist in § 7 Abs. 3 SGB IV so geregelt, dass für die Zeit von längstens einem Monat das entgeltliche Beschäftigungsverhältnis als fortbestehend gilt, wenn das Beschäftigungsverhältnis (gemeint ist das Arbeitsverhältnis bzw. die grundsätzliche Bereitschaft zur Fortsetzung der tatsächlichen Beschäftigung; vgl. dazu Seewald, SGb 2010 S. 448) fortbesteht. Damit wird das entgeltliche Beschäftigungsverhältnis und damit bei krankenversicherungspflichtig Beschäftigten der Versicherungstatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 1 als fortbestehend fingiert. Da diese Fiktion der Versicherungspflicht gerade dann nicht gilt, wenn Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Elterngeld bezogen oder Eltern- bzw. Pflegezeit nach § 3 des Pflegezeitgesetzes in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 2 SGB IV und Komm. dort), ergibt sich vorrangig eine nach § 192 (bei Wehr- und Zivildienst nach § 193) erhaltene Mitgliedschaft. Insoweit korrespondiert die Ausschlussregelung in § 7 Abs. 3 Satz 3 SGB IV mit den Tatbeständen des § 192 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und § 193 bei zuvor versicherungspflichtig Beschäftigten. Dass dabei in § 7 Abs. 3 Satz 3 SGB IV nur auf den Bezug der genannten Leistungen, in Abs. 1 Nr. 2, 2a und 3 dagegen auch auf den Anspruch abgestellt wird, hat keine erkennbaren rechtssystematischen Gründe.