Rz. 10
Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) wurde ab dem 1.1.2004 an Stelle der Hälfte, die Anwendung des vollen allgemeinen Beitragssatzes auf Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen vorgeschrieben, als Ausnahme (Satz 2 a. F.) verblieb es jedoch bei Versorgungsbezügen nach § 229 Abs. 1 Nr. 4 (also bei Renten und Landabgaberenten nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte) beim hälftigen allgemeinen Beitragssatz.
Rz. 11
Die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 15/1525 S. 140 führte dazu aus: Durch die Neuregelung werden Rentner, die Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit erhalten, in angemessenem Umfang an der Finanzierung der Leistungsaufwendungen für sie beteiligt. Die Beitragszahlungen der Rentner deckten 1973 noch zu gut 70 % deren Leistungsaufwendungen ab. Inzwischen decken die eigenen Beiträge der Rentner nur noch ca. 43 % der Leistungsaufwendungen für sie. Es ist daher ein Gebot der Solidarität der Rentner mit den Erwerbstätigen, den Anteil der Finanzierung der Leistungen durch die Erwerbstätigen nicht noch höher werden zu lassen. Da die Empfänger von Versorgungsbezügen durch deren Zahlstellen lückenlos erfasst sind, erfolgt auch eine für alle gerechte Belastung, der sich niemand entziehen kann. Hinsichtlich des Arbeitseinkommens bleibt es wie bisher bei der Meldepflicht dieser Bezüge durch die Versicherten. Für Rentner, die nicht über Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen als zusätzliche ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit steigernde Einnahmen verfügen, treten keine neuen Belastungen ein.
Rz. 12
Der Übergang vom halben auf den vollen allgemeinen Beitragssatz durch das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG), der faktisch eine Verdoppelung der Beiträge der Mitglieder bewirkte, hatte zu erheblichen Widerständen der Beitragspflichtigen in Form von Widersprüchen und Klagen geführt, in denen die Verfassungswidrigkeit der Anhebung des Beitragssatzes geltend gemacht wurde. Das BSG hatte mit Urteil v. 24.8.2005 (B 12 KR 29/04 R) diese verfassungsrechtlichen Bedenken nicht geteilt. Nach Auffassung des BSG liegt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht deswegen vor, weil die Bezieher von Versorgungsbezügen diese Beiträge in voller Höhe allein zu tragen haben, denn einen verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Grundsatz, dass die Beitragslast der Versicherungspflichtigen nicht höher sein dürfe als der sich nach dem halben Beitragssatz ergebende Betrag, besteht nicht. Der Gesetzgeber war daher nicht gehalten, die bisherige Begünstigung beizubehalten, die sich daraus ergab, dass sonstige beitragspflichtige Einnahmen grundsätzlich auch zu Krankenversicherungsbeiträgen nach dem allgemeinen Beitragssatz führen (§ 241 Satz 2 a. F.) und nur wegen der besonderen Verantwortung Dritter diese an den Beiträgen zu beteiligen sind und damit eine Entlastung der Mitglieder bewirken (bei Arbeitsentgelt oder Rente). Zu ergänzen ist insoweit, dass es insoweit auch einer gesetzlichen und verfassungsrechtlich zulässigen Regelung für die Beteiligung Dritter an Beiträgen zur Krankenversicherung bedurft hätte, die für die Zahlstellen der Versorgungsbezüge gerade nicht besteht. Das BSG verweist in der Entscheidung auch auf die Entscheidung des BVerfG (Beschluss v. 15.3.2000, 1 BvL 16/96 u. a.) hin, in dem der Gesetzgeber aufgefordert war, die unterschiedliche Beitragsbelastung freiwillig und pflichtversicherter Rentner vor dem Hintergrund der Privilegierung durch § 248 in der damaligen Fassung zu überprüfen. Zutreffend hat das BSG auch einen Verfassungsverstoß in soweit verneint, als der allgemeine Beitragssatz auf Versorgungsbezüge anzuwenden ist. Wie auch der Beitragssatz für Renten nach § 247 konnte auch für die der Renten vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) der Beitragssatz eigenständig und abweichend von den Differenzierungen der §§ 241 bis 243 nach dem Anspruch auf Krankengeld geregelt werden. Diese Rechtsprechung des BSG ist vom BVerfG (Nichtannahmebeschluss v. 28.2.2008, 1 BvR 2137/06) letztendlich bestätigt worden.
2.2.1 Beitragssatz Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen
Rz. 13
Vor dem 1.1.2009 war die Höhe des maßgeblichen Beitragssatzes für Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen vom allgemeinen Beitragssatz der jeweiligen Krankenkasse abhängig, womit Veränderungen des Beitragssatzes einer Krankenkasse von den Zahlstellen beim Beitragseinbehalt nach § 256 umzusetzen waren. Dies bedingte eine gewisse Vorlaufzeit, für die besondere Regelungen getroffen worden waren (vgl. Rz. 3). Durch die gesetzliche Festlegung des allgemeinen Beitragssatzes ab dem 1.1.2009 (zunächst durch Verordnung der Bundesregierung, ab 1.1.2011 mit dem GKV-Finanzierungsgesetz – GKV-FinG v. 22.12.2010, BGBl. I S. 2309, unmittelbar in § 241) waren solche Regelungen über die verzögerte Anwendung einer Änderung des allgemeinen Beitragssatzes nicht mehr erforderlich. Der allgemeine Beitragssatz des § 241 gilt daher ab dem Tage des Inkrafttretens einer gesetzlichen Beitragssatzveränderung (vgl. aber die inzwischen längst überholte Übergan...