2.3.1 Behandlungsmaßnahmen
Rz. 12
Nach Nr. 10. der Richtlinien zur künstlichen Befruchtung kommen nach aktuellem Stand folgende ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung im Rahmen folgender Verfahren zum Einsatz:
10.1 intrazervikale, intrauterine oder intratubare Insemination im Spontanzyklus, ggf. nach Auslösung der Ovulation durch HCG-Gabe, ggf. nach Stimulation mit Antiöstrogenen,
10.2 intrazervikale, intrauterine oder intratubare Insemination nach hormoneller Stimulation mit Gonadotropinen,
10.3 In-vitro-Fertilisation (IVF) mit Embryo-Transfer (ET), ggf. als Zygoten-Transfer oder als intratubarer Embryo-Transfer (EIFT = Embryo-lntrafallopian-Transfer),
10.4 intratubarer Gameten-Transfer (GIFT),
10.5 Intracytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI).
Je nach der im Einzelfall gewählten Methode der Behandlung kommen im Zusammenhang mit der Durchführung der Maßnahmen weitere Leistungen nach Maßgabe von Nr. 12 der Richtlinien über künstliche Befruchtung wie etwa erforderliche Laboruntersuchungen, hormonelle Stimulationsbehandlung, sonografische Untersuchungen und Eizellentnahme in Betracht. Nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG gehört allerdings die Präimplantationsdiagnostik nach wie vor nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (Urteil v. 18.11.2014, B 1 KR 19/13 R).
Entgegen der Grenze bei erfolglos bleibenden Befruchtungsmaßnahmen enthält § 27a keine Beschränkung für die Zahl der Schwangerschaften, die durch Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung herbeigeführt werden.
Rz. 13
Neue Methoden der künstlichen Befruchtung dürfen nach § 135 Abs. 1 in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur abgerechnet werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 Empfehlungen unter anderem über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode abgegeben hat. Damit wird zugleich der Leistungsanspruch des Versicherten begrenzt: Solange der Bundesausschuss die umstrittene Therapie nicht empfohlen hat, ist nicht nur ein entsprechender Sachleistungsanspruch, sondern auch eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 ausgeschlossen. Denn Letztere kann nur für Leistungen beansprucht werden, die zumindest ihrer Art nach zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehören (st. Rechtsprechung, BSGE 86 S. 54, 56 = SozR 3-2500 § 135 Nr. 14 S. 61 f. m. w. N.; BSGE 88 S. 51, 59 = SozR 3-2500 § 27a Nr. 2).
Neuartige Methoden der künstlichen Befruchtung sind von dem Erlaubnisvorbehalt in § 135 Abs. 1 nicht ausgenommen. Die Zuordnung der Maßnahmen nach § 27a zur Krankenbehandlung bewirkt, dass die für die Krankenbehandlung maßgebenden Vorschriften auch für sie gelten, soweit das Gesetz keine abweichenden Regelungen trifft. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft abweichend von anderen ärztlichen Therapieverfahren ohne vorherige Qualitätsprüfung zur Anwendung kommen lassen wollte (BSGE 88 S. 51, 60 = SozR 3-2500 § 27a Nr. 2).
Rz. 14
Mit Urteil v. 3.4.2001 (B 1 KR 40/00 R) hat das BSG entschieden, dass der Ausschluss der intrazytoplasmatischen Spermainjektion (ICSI) aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (jetzt Gemeinsamer Bundesausschuss) über künstliche Befruchtung gegen höherrangiges Recht verstößt. Unabhängig von der Reichweite des Begriffs der Krankenbehandlung würde die In-vitro-Fertilisation jedenfalls der Prüfung der Zweckmäßigkeit bzw. des therapeutischen Nutzens nicht standhalten, wie sie in § 12 Abs. 1 bzw. in § 135 Abs. 1 für Behandlungsmethoden gefordert wird. Behandlungsmethoden, deren Wirksamkeit und Risiken nicht ausreichend erforscht sind, sind zwar nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung (BSGE 86 S. 54, 64 = SozR 3-2500 § 135 Nr. 14 S. 70 – Aktiv-spezifische Immuntherapie).
§ 27a könne aber nur dahin verstanden werden, dass diese Grundsätze bei der künstlichen Befruchtung nicht uneingeschränkt gelten sollten. Mit der In-vitro-Fertilisation sei eine Maßnahme in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen worden, die nach der Gesetzesbegründung bestenfalls in 16 von hundert Versuchen zur Geburt eines Kindes führe, das überdies einem erhöhten Mortalitätsrisiko bei der Geburt oder kurz danach sowie einer unkalkulierbaren Wahrscheinlichkeit von Fehlbildungen ausgesetzt sei. Gründliche Erhebungen über Fehlbildungsraten im Vergleich zu normal gezeugten Kindern würden bis heute nicht vorliegen, weil Statistiken über Fehlbildungen nach den unterschiedlichsten Kriterien zustande kommen würden und es mangels eindeutiger Daten über Fehlbildungen bei normal gezeugten Kindern an einem verlässlichen Vergleichsmaßstab fehle. Abweichend von den sonstigen Grundsätzen des Leistungsrechts bliebe es der Entscheidung der Eheleute überlassen, ob sie ihren Kinderwunsch trotz dieser Risiken und der mäßigen Er...