Rz. 24
Nimmt ein Versicherter das Krankenhaus auf die von der Krankenkasse geschuldete Sachleistung in Anspruch, entsteht die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar durch die Inanspruchnahme der Sachleistung. Der im Gesetz abstrakt verankerte Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung wird durch die Entscheidung des Krankenhausarztes über die Aufnahme erstmalig und durch die im Verlauf der Behandlung geplanten und durchgeführten Behandlungsschritte fortlaufend konkretisiert. Dabei wird die Krankenhausbehandlung in aller Regel vom Vertragsarzt verordnet und vom zugelassenen Krankenhaus auf ihre Notwendigkeit überprüft (Abs. 1 Satz 2). Die Vorlage der ärztlichen Verordnung (vgl. § 73 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, § 73 Abs. 4; §§ 4 und 6 KE-RL) hat lediglich verfahrensauslösende Funktion (§ 19 Satz 1 SGB IV) und wirkt nicht konstitutiv. Die Notwendigkeit der stationären Krankenhausbehandlung ist auf dem Verordnungsformular zu dokumentieren. Hierzu gehören die Angabe der Hauptdiagnose, der Nebendiagnosen und die Gründe für die stationäre Behandlung. Zur Unterstützung der Diagnostik und Therapie, zur Vermeidung von Doppeluntersuchungen und zur Verkürzung der Verweildauer im Rahmen der Krankenhausbehandlung hat der Vertragsarzt nach § 5 KE-RL ebenfalls die für die Indikation der stationären Behandlung des Patienten bedeutsamen Unterlagen hinsichtlich Anamnese, Diagnostik und ambulanter Therapie beizufügen, soweit sie ihm vorliegen. Gemäß § 3 Abs. 1 KE-RL hat der Vertragsarzt vor der Verordnung stationärer Krankenhausbehandlung unter Berücksichtigung des Allgemeinzustandes des Patienten abzuwägen, ob er selbst die ambulante Behandlung fortsetzen kann, oder ob z. B. eine ambulante Weiterbehandlung ggf. auf Überweisung durch einen anderen Arzt, eine Notfallpraxis, durch ein zur Durchführung ambulanter Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe zugelassenes Krankenhaus oder andere Einrichtungen ausreicht und stationäre Krankenhausbehandlung so vermieden werden kann.
Rz. 25
Ähnlich wie bei der ambulanten Behandlung dem Vertragsarzt kommt hier auch dem Krankenhausarzt eine "Schlüsselstellung" zur Konkretisierung des Leistungsanspruchs zu. Die ärztliche Verordnung allein bindet die Krankenkassen nicht. Vielmehr sind das zugelassene Krankenhaus und dessen Ärzte gesetzlich ermächtigt, mit Wirkung für die Krankenkasse über die Aufnahme sowie die erforderlichen Behandlungsmaßnahmen zu entscheiden. Dieser Entscheidung folgt der Sachleistungsanspruch des Versicherten. Diese Konkretisierung des Sachleistungsanspruchs ist allerdings keine verwaltungsverfahrensrechtliche Entscheidung im Sinne eines Verwaltungsaktes gegenüber dem Versicherten, der bei Unrichtigkeit nach den entsprechenden Vorschriften des SGB X über die Rücknahme von Verwaltungsakten zurückgenommen werden müsste. Die Krankenkasse ist allerdings an die Entscheidung gegenüber dem Versicherten gebunden, weil der Versicherte grundsätzlich auf die Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahme der Leistung vertrauen darf. Von Vertrauen kann allerdings dann keine Rede sein, wenn dem Versicherten schon bei Beginn der Behandlung bewusst war, dass er diese Behandlung selbst zahlen und später einen Erstattungsanspruch beantragen muss (BSG, Urteil v. 9.10.2001, B 1 KR 26/99 R). Erweist sich die Entscheidung nachträglich als unrichtig, muss sich die Krankenkasse mit dem Leistungserbringer auseinandersetzen und dort ihre Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung geltend machen. Allerdings entfällt diese Bindung nur dann, wenn der Krankenhausarzt vorausschauend hätte erkennen können, dass die geklagten Beschwerden nicht die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung begründen. Unerheblich ist, ob eine Kostenübernahmeerklärung der Krankenkasse vorliegt oder nicht (vgl. hierzu BSG, Urteil v. 21.8.1996, 3 RK 2/96).
Rz. 26
Es obliegt der Entscheidung der Krankenkasse und nicht der des Krankenhauses oder eines Krankenhausarztes, ob den Versicherten ein Anspruch auf Gewährung vollstationärer Krankenhausbehandlung als Sachleistung zusteht und insbesondere, ob eine stationäre Behandlung aus medizinischen Gründen notwendig war und dies von den Sozialgerichten uneingeschränkt überprüfbar ist. Der 3. Senat des BSG hatte im Urteil v. 13.12.2001 (B 3 KR 11/01 R) zunächst die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung von der Beurteilung des verantwortlichen Krankenhausarztes abhängig gemacht. Diese erbringe prima facie den Beweis für deren Vorliegen. In späteren Entscheidungen ersetzte der 3. Senat den Begriff des Anscheinsbeweises durch den der Einschätzungsprärogative. Danach sei die Krankenhausbehandlung dann notwendig, wenn sie aus der vorausschauenden Sicht des Krankenhausarztes unter Zugrundelegung der zu diesem Zeitpunkt bekannten und erkennbaren Umstände vertretbar gewesen sei, nicht im Widerspruch zur ärztlichen Erfahrung gestanden und keine medizinischen Standards verletzt habe. Dem Krankenhausarzt sei insofern ein Entsch...