Rz. 13
Ändern sich während des Bezuges von Krankengeld die Verhältnisse des Versicherten maßgeblich, ist auf Antrag des Versicherten der Betrag des Arbeitslosengeldes zu zahlen, den er bezogen hätte, wenn er nicht arbeitsunfähig erkrankt wäre (§ 47b Abs. 2 Satz 1). Zu den maßgeblichen Verhältnissen eines Versicherten, die sich ändern können, zählt z. B. die Änderung der Steuerklasse aufgrund der Veränderung des Familienstandes (z. B. Eheschließung oder Geburt einer Tochter während des Krankengeldbezugs).
Die Vorschrift ist eine Spezialvorschrift zu § 48 SGB X und ermöglicht es, Umstände auch bei der Krankengeldhöhe zu berücksichtigen, die ohne Arbeitsunfähigkeit zur Erhöhung des Arbeitslosengeldes geführt hätten. Von der Erhöhung sind ausschließlich Änderungen der persönlichen Verhältnisse betroffen, nicht dagegen Anpassungen der Leistungen nach dem SGB III wegen des Inkrafttretens gesetzlicher Vorschriften etc. und auch nicht Veränderungen wegen der Änderung der Leistungsbemessungsgrenze.
Änderungen in den Verhältnissen sind aufgrund der ausdrücklichen Regelung in Abs. 2 Satz 2 nur dann zu berücksichtigen, wenn sie zu einer Erhöhung des Krankengeldes von mehr als 10 % führen. Hierbei kann es sich auch um mehrere Erhöhungen handeln, die dann insgesamt die Grenze von 10 % übersteigen und ab dem Zeitpunkt der Überschreitung zu einer Erhöhung führen.
Ändert sich der Familienstand und kommt es zu einer Minderung des fiktiven Arbeitslosengeld-Leistungssatzes (z. B. Änderung der Steuerklasse und des fiktiven Leistungssatzes wegen Scheidung), kommt es nicht zu einer Veränderung des Krankengeldzahlbetrages; die Veränderung führt nämlich nicht zu einer Erhöhung des Zahlbetrages um mindestens 10 %. Somit darf eine Krankenkasse den täglichen Zahlbetrag des Krankengeldes auch dann nicht verringern, wenn ihr der Versicherte die für ihn ungünstige Änderung anzeigt.
Der Versicherte bezieht seit dem 1.2. Arbeitslosengeld in Höhe von 50,00 EUR täglich. Seit dem 3.3. ist er arbeitsunfähig erkrankt und erhält nach Ablauf der 42-tägigen Leistungsfortzahlung (§ 146 SGB III) ab 14.4. Krankengeld in Höhe des Arbeitslosengeldes.
Aufgrund der Geburt eines Kindes und der damit verbundenen Änderung der Steuerklasse würde das tägliche Arbeitslosengeld ab 1.5. fiktiv
a) 54,50 EUR
b) 56,00 EUR
betragen. Der Versicherte beantragt bei der Krankenkasse am 16.8. die Erhöhung des Krankengeldes für die Zeit ab 1.5.
Fazit:
Im Fall a) kommt es noch nicht zu einer Erhöhung des Krankengeldes, weil – ausgehend von den 50,00 EUR täglich – eine 10 %ige Erhöhung des Krankengeldes (noch) nicht erreicht wird.
Im Fall b) hat die Krankenkasse rückwirkend ab 1.5. Krankengeld in Höhe von 56,00 EUR täglich zu zahlen.
Der Antrag ist an keine Frist gebunden und kann jederzeit rückwirkend gestellt werden; es ist lediglich die Verjährung des Anspruchs zu berücksichtigen, die 4 Jahre nach dem Leistungsjahr eintritt (§ 45 SGB I). Das Krankengeld ist dann von dem Zeitpunkt an zu erhöhen, zu dem sich die Verhältnisse maßgeblich geändert haben.
Rz. 14
Das nach § 47 berechnete Krankengeld (= Krankengeld für Arbeitnehmer und für selbstständig Tätige) wird nach Ablauf eines Jahres nach Beendigung des Bemessungszeitraumes dynamisiert bzw. angepasst (§ 70 SGB IX). Maßgeblich für den Anpassungssatz ist die Veränderung der Löhne und Gehälter der Arbeitnehmer aus dem vorvergangenen gegenüber dem vergangenen Kalenderjahr. Damit wird ein Kaufkraftausgleich bei einer Inflation gewährleistet.
Das Krankengeld für Arbeitslosengeldbezieher wird nicht angepasst, weil § 138 SGB III a. F. mit Wirkung zum 1.1.2003 sowie der darauf verweisende § 47b Abs. 1 Satz 3 SGB V ersatzlos gestrichen wurden. Begründet wurde der Wegfall der Anpassung mit der angespannten Haushaltslage des Bundes und der Bundesanstalt für Arbeit sowie mit der Verwaltungsvereinfachung im Leistungsverfahren der Bundesanstalt für Arbeit (vgl. BT-Drs. 15/25 S. 31 Nr. 17). Aus diesem Grund unterliegt das Krankengeld in Höhe des Arbeitslosengeldes keiner Anpassung i. S. d. § 70 SGB IX.