Rz. 323
Der Satz 2, wonach Teilnehmer an dualen Studiengängen den zur Berufsausbildung Beschäftigten nach Abs. 1 Nr. 1 gleichgestellt werden, wurde mit dem 4. SGB IV-Änderungsgesetz in den Abs. 4a eingefügt. Gleiche Regelungen wurden mit § 1 Satz 5 SGB VI für die Rentenversicherung und § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III für die Arbeitslosenversicherung getroffen. Auch diese Regelungen stellen eine Reaktion auf Rechtsprechung des BSG dar. Das BSG (Urteil v. 1.12.2009, B 12 R 4/08 R) hatte entschieden, dass Teilnehmer an praxisintegrierten dualen Studiengängen nicht der Versicherungspflicht als zur Berufsausbildung Beschäftigte unterliegen. Die daraufhin erfolgte Einfügung des Satzes 2 ist in der BT-Drs. 17/6754 S. 20/21 wie folgt begründet worden:
Zitat
Die Regelung stellt sicher, dass Teilnehmer an dualen Studiengängen künftig wieder einheitlich in der Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung- und der Arbeitsförderung als Beschäftigte versicherungspflichtig sind; sie werden den zur Berufsausbildung Beschäftigten gleichgestellt. Das Bundessozialgericht hat entschieden (Urteil vom 1. Dezember 2009, B 12 R 4/08 R), dass die berufspraktischen Phasen eines praxisintegrierten dualen Studiums nicht als betriebliche Berufsausbildung, sondern als Bestandteil des Studiums zu bewerten sind. Das Studium stehe im Vordergrund und das Berufsbildungsgesetz sei somit nicht anwendbar. Nach diesem Urteil ist das bestehende Recht so auszulegen, dass Teilnehmer an praxisintegrierten dualen Studiengängen weder aufgrund einer Beschäftigung noch aufgrund einer Beschäftigung zur Berufsausbildung versicherungspflichtig in den genannten Zweigen der Sozialversicherung sind. Diese Entscheidung steht im Gegensatz zu der bis zum Zeitpunkt des Urteils von den damaligen Spitzenverbänden der Sozialversicherung vertretenen Auffassung, wonach diese Studierenden als Beschäftigte galten.
Teilnehmer an den übrigen ausbildungs- beziehungsweise berufsintegrierten dualen Studiengängen werden von dem Urteil nicht berührt und unterliegen weiterhin der Versicherungspflicht als Beschäftigte. In der gesetzlichen Krankenversicherung kommt durch die Entscheidung des Bundessozialgerichts für die betroffenen Studierenden – je nach Vorliegen der Voraussetzungen – die Krankenversicherungspflicht als Studierende nach § 5 Absatz 1 Nummer 9, die beitragsfreie Familienversicherung nach § 10, eine Fortsetzung ihrer bisherigen Mitgliedschaft als freiwillige Versicherung nach § 9 oder eine Fortsetzung ihrer bisherigen privaten Krankenversicherung in Betracht. Für die Betroffenen sind damit sehr unterschiedliche Belastungen durch die Krankenversicherungsbeiträge verbunden, während Studierende in den anderen dualen Studiengängen weiterhin einheitlich als Beschäftigte pflichtversichert sind. Die Neuregelung regelt den Versicherungsschutz der Betroffenen, indem künftig einheitlich alle Teilnehmer an allen Formen von dualen Studiengängen während der gesamten Dauer des Studienganges, das heißt sowohl während der Praxisphasen als auch während der Studienphasen, als Beschäftigte in den genannten Zweigen der Sozialversicherung gelten. Die Regelung trägt der Tatsache Rechnung, dass einheitliches Merkmal dualer Studiengänge die enge Verzahnung zwischen theoretischem Unterricht an der Hochschule oder Akademie und der praktischen Phasen im Ausbildungsbetrieb, das hohe Maß an Praxisphasen sowie typischerweise die Zahlung einer Vergütung vom Arbeitgeber an die Studierenden ist. Diese Umstände rechtfertigen es, die Studienteilnehmer sozialversicherungsrechtlich so zu behandeln wie die zur Berufsausbildung Beschäftigten, mit denen sie im Übrigen auch in wirtschaftlicher Hinsicht vergleichbar sind. Die Regelung dient der Klarstellung und der Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Sie entspricht auch der gemeinsamen Stellungnahme von Spitzenorganisationen der Sozialversicherung.
Rz. 324
Die Regelung, die alle Teilnehmer an einem dualen Studiengang erfasst, erscheint zu weitgehend und ist rechtssystematisch nicht überzeugend. Verfassungsbeschwerden zur Einbeziehung von Teilnehmern an praxisintegrierten dualen Studiengängen hat das Bundesverfassungsgericht jedoch mangels Zulässigkeit nicht zur Entscheidung angenommen (vgl. BVerfG, Entscheidung v. 3.6.2013, 1 BvR 131/13 u. a.). Der Begriff des dualen Studienganges ist nicht gesetzlich definiert. Gemeinhin unterscheidet man 3 Arten von dualen Studiengängen (vgl. Koch/Rosentreter, NJW 2011, 2852). Beim ausbildungsintegrierten dualen Studiengang, wird eine betriebliche Ausbildung mit einem zumeist berufsqualifizieren Studium verbunden. Hier folgt, wie auch in der Gesetzesbegründung ausgeführt ist, aus der betrieblichen Ausbildung bereits die Versicherungspflicht aus Abs. 1 Nr. 1 als zur Berufsausbildung Beschäftigter. Für diesen Personenkreis hätte es der zusätzlichen Gleichstellung nicht bedurft. Bei berufsintegrierten oder berufsbegleitenden dualen Studiengänge, wird das Studium neben der i. d. R. abgeschlossenen Berufsausbildung absolviert und die Tätigk...