Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 4
Die Überschrift "Kassenärztliche Versorgung" ist begrifflich lange überholt, weil schon im Ersten Titel des Zweiten Abschnitts des Vierten Kapitels auf die vertragsärztliche und vertragszahnärztliche Versorgung abgestellt und in Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift die vertragsärztliche Versorgung zum Gegenstand der Vorschrift gemacht worden ist. Warum die Überschrift nicht längst redaktionell in "Vertragsärztliche Versorgung" geändert worden ist, bleibt das Geheimnis des Gesetzgebers. Die Wörter "die vertragsärztliche Versorgung gliedert sich ..." in Abs. 1 Satz 1 machen jedenfalls deutlich, dass es nicht um die kassenärztliche Versorgung, sondern um die auch in den anderen Vorschriften immer wieder genannte vertragsärztliche Versorgung geht. Eine weitere, aber ebenfalls nicht genutzte Gelegenheit, die Überschrift entsprechend anzupassen, war aufgrund des AMVSG 2017 gegeben, mit dem die Überschrift um das Wort "Verordnungsermächtigung" ergänzt worden ist. Vertragsärztliche Versorgung bezeichnet die gesamte Tätigkeit des Arztes (Sproll, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, § 73 Rz. 2). Die Gliederung in die hausärztliche und fachärztliche Versorgung hat Auswirkungen auf die entsprechende Bedarfsplanung (§ 99) und die Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen (§§ 85, 87b). Zweck dieser Einteilung ist, dass durch spezifisch vertragsärztliche Gesichtspunkte die flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Versicherten ermöglicht werden soll (vgl. auch Wenner, NZS 2002 S. 3).
Rz. 5
Ausgangspunkt für Gliederung und Umfang der vertragsärztlichen und -zahnärztlichen Versorgung sind die Sachleistungsansprüche der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung, die sich aus dem Dritten Kapitel SGB V ergeben und durch diese Vorschrift in die Beziehungen der Krankenkassen zu den Vertragsärzten bzw. -zahnärzten des Vierten Kapitels SGB V transferiert werden. Unter dem Begriff vertragsärztliche Versorgung subsumiert sich die ambulante medizinische Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung, die größtenteils durch niedergelassene Vertragsärzte freiberuflich ausgeübt wird, durch zugelassene medizinische Versorgungszentren (MVZ), sowie durch ermächtigte Ärzte (z. B. Krankenhausärzte) und für die Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigte Einrichtungen, deren Ermächtigungen aber grundsätzlich bedarfsabhängig und damit gegenüber zugelassenen Vertragsärzten nachrangig sind. Eine Ausnahme von der ambulanten medizinischen Versorgung stellt die belegärztliche Versorgung (vgl. § 121) dar, bei der ein zugelassener Vertragsarzt seine krankenversicherten Patienten vorübergehend stationär in einem Vertragskrankenhaus auf einer Belegstation behandelt, und die deshalb ebenfalls zur vertragsärztlichen Versorgung gehört. Dagegen zählen ambulante Behandlungen im Krankenhaus (vor- und nachstationäre Behandlung nach § 115a, ambulant durchgeführte Operationen und stationsersetzende Eingriffe nach § 115b, teilstationäre Leistungen im Krankenhaus sowie die ambulante spezialfachärztliche Behandlung im Krankenhaus nach § 116b) nicht zur vertragsärztlichen Versorgung.
Rz. 6
Die vertragszahnärztliche Versorgung bezieht sich auf die ambulante zahnmedizinische Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung durch niedergelassene Vertragszahnärzte, die ebenfalls freiberuflich tätig sind, sowie durch ermächtigte Zahnärzte und für die Durchführung der vertragszahnärztlichen Versorgung ermächtigte Einrichtungen.
Die Begriffe vertragsärztliche bzw. -zahnärztliche Versorgung gehen inhaltlich über die rein ärztliche oder zahnärztliche Behandlung durch Vertragsärzte weit hinaus; sie umfassen zusätzlich die Patientenbetreuung sowie den mit der Behandlung zusammenhängenden administrativen Aufwand durch die Vertragsärzte und beziehen auch die Behandlung durch nicht zugelassene Ärzte in Notfällen ein.
Rz. 7
An der kassenärztlichen (vertragsärztlichen) Versorgung nehmen mit Wirkung zum 1.7.2008 neben vertragsärztlichen Leistungserbringern nicht nur die ärztlich geleiteten Einrichtungen, sondern alle für die vertragsärztliche Versorgung ermächtigten Einrichtungen teil, wobei es nicht mehr darauf ankommt, wer die Einrichtung leitet. Es handelte sich bei der Streichung der Wörter "ärztlich geleitete" in Abs. 5 Satz 1 des § 73 a. F. nach der damaligen Gesetzesbegründung um eine Folgeänderung zum § 119b, der stationären Pflegeeinrichtungen unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung von pflegebedürftigen Versicherten einräumt, die in der Pflegeeinrichtung leben. Die Streichung der Wörter "ärztlich geleitete" bewirkte, dass auch stationäre Pflegeeinrichtungen in diese und andere Vorschriften (§§ 72a, 95, 98, 106 und 295) einbezogen werden, weil diese Pflegeeinrichtungen regelmäßig nicht ärztlich geleitet sind und damit nicht erfasst werden konnten. Die Bezeichnung "ermächtigte Einrichtung" ist im 4. Kapitel SGB V durchgängig.
Rz. 8
In §...