Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 35
Zu den wichtigen Aufgaben der Vertreterversammlung gehören das Überwachungsrecht ( Abs. 3 Nr. 2) und die Überwachungsbefugnis von Entscheidungen (Abs. 3 Nr. 3), die für die Körperschaft von grundsätzlicher Bedeutung sind. Beide unbestimmte Rechtsbegriffe sind im Gesetz nicht näher definiert. Sie erhalten ihre Konturen durch das Selbstverwaltungsrecht ihres Organs Vertreterversammlung. Aus ihm ist abzuleiten, dass die Vertreterversammlung bei ihrer Überwachung ein weites Recht mit Einschätzungsprärogative hat (vgl. auch Hamdorf, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 79 Rz. 23). Die Fragen von grundsätzlicher Bedeutung sind am Begriff der laufenden Geschäfte zu spiegeln, den man aus der Kommunalverwaltung kennt. In einer gewissen Weise spricht dafür, dass Abs. 7 dem Vorstand aufgibt, geeignete Maßnahmen zur Herstellung und Sicherung einer ordnungsgemäßen Verwaltung zu ergreifen. Zusammenfassend handelt es sich um richtungsweisende Entscheidungen, die nicht nur von einzelnen Berufsgruppen als grundsätzlich angesehen werden (Becker/Kingreen/Scholz, SGB V, § 79 Rz. 7).
Rz. 36
Nach Abs. 3 Satz 2 kann die Vertreterversammlung im Rahmen ihrer Kontrollpflichten sämtliche Geschäfts- und Verwaltungsunterlagen einsehen und prüfen. Dieses umfassende Einsichtnahme- und Prüfrecht ist notwendig, damit die Vertreterversammlung der KV/KZV bzw. der Bundesvereinigungen die ihr übertragenen Überwachungsfunktion gegenüber dem Vorstand wahrnehmen kann und diese Überwachungsfunktion in tatsächlicher Hinsicht auch gewährleistet ist. Die jeweilige Vertreterversammlung kann diese Befugnis jederzeit ausüben; es bedarf dazu keines besonderen Anlasses und die Vertreterversammlung muss die Ausübung ihrer Befugnis gegenüber dem Vorstand auch nicht begründen. Die Wahrnehmung des Einsichtnahme- und Prüfrechts setzt i. d. R. einen Mehrheitsbeschluss der Vertreterversammlung der KV bzw. der KZV voraus.
Der Vorstand einer KV/KZV ist verpflichtet, der Vertreterversammlung oder dem mit dieser Funktion von der Vertreterversammlung beauftragten Ausschuss alle erbetenen Unterlagen vorzulegen und nähere Auskünfte über die entsprechenden Geschäftsvorgänge zu erteilen. Aus den Überwachungs- und Informationsrechten der Vertreterversammlung ist keineswegs der Schluss zu ziehen, dass diese gegenüber dem Vorstand ein Weisungsrecht hat (vgl. auch Krauskopf/Krauskopf, SGB V, § 79 Rz. 13).
Rz. 37
Weil die ordnungsgemäße Erfüllung der Kontrollpflichten aber eine ausreichende Information der Mitglieder der Vertreterversammlung der Bundesvereinigungen voraussetzt, kann die Vertreterversammlung der KBV bzw. der KZBV nach Abs. 3 Satz 3 mit Wirkung zum 1.3. 2017 vom hauptamtlichen Vorstand jederzeit einen Bericht über die Angelegenheiten der Körperschaft verlangen. Diese Gesetzesvorschrift gilt nur für die KBV bzw. die KZBV, was auch mit der auf das gesamte Bundesgebiet bezogenen Zusammensetzung der Vertreterversammlung der KBV bzw. der KZBV zurückzuführen sein dürfte. Wegen der zum Teil komplexen Sachverhalte sind nach der Gesetzesbegründung mündliche Berichte der Vorstandsmitglieder in den Sitzungen der Vertreterversammlung der Bundesvereinigungen nicht geeignet, die Notwendigkeit der ausreichenden Information sachgerecht zu erfüllen. Von daher regelt Abs. 3 Satz 4, dass die Mitglieder der Vertreterversammlung der Bundesvereinigungen verlangen können, über wesentliche, in ihren Aufgabenbereich fallende Sachverhalte rechtzeitig, umfassend und schriftlich informiert zu werden. Dazu gehört im Rahmen der Überwachung des Vorstandes z. B. auch, dass der Vorstand der KBV bzw. der KZBV die Vertreterversammlung über seine Nebentätigkeiten in ärztlichen Organisationen zu informieren hat. Nach der Gesetzesbegründung dient dies der Transparenz über die Vorstandstätigkeit und damit im Ergebnis der Vermeidung von Interessenkonflikten.
Um die Kontrollrechte der Mitglieder der Vertreterversammlung der Bundesvereinigungen zu stärken, regelt Abs. 3 Satz 5, dass das Prüf- und Informationsrecht nach Satz 2 und 3 bereits wahrgenommen werden kann, wenn eine Minderheit von 25 % der abgegebenen Stimmen sich dafür entschieden hat.
In der Praxis z. B. kann nach Ziff. 3.3. der KBV-Satzung die Vertreterversammlung sämtliche Geschäfts- und Verwaltungsunterlagen einsehen und prüfen. Für die Wahrnehmung des Einsichtnahmerechts gilt, dass dieses Recht grundsätzlich durch den Vorsitzenden der Vertreterversammlung oder seine Stellvertreter gegenüber dem Vorstand wahrgenommen wird. Die Vertreterversammlung kann darüber hinaus mit mindestens 6 Ja-Stimmen eine Einsichtnahme in konkreten Fällen durch mehrere Mitglieder beschließen, wobei der Vorsitzende der Vertreterversammlung oder einer seiner Stellvertreter und 3 den Beschluss tragende Mitglieder der Vertreterversammlung zu beteiligen sind.
Mitglieder der Vertreterversammlung der KBV haben nach Ziff. 3.5. der Satzung ein Fragerecht gegenüber dem Vorstand zu konkretisierten Sachverhalten oder Themen aus dem Aufgabenbereich der Vertreterversammlung. Fragen sin...