Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 21
Nach Abs. 2 wählt die Vertreterversammlung in unmittelbarer und geheimer Wahl aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter. "Aus ihrer Mitte" bedeutet, dass die Kandidaten für die Ämter des Vorsitzenden und des stellvertretenden Vorsitzenden Mitglieder der Vertreterversammlung sein müssen. Gewählt ist der Kandidat, der die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen erhält. Bei Stimmengleichheit erfolgt ein neuer Wahlgang. Bei erneuter Stimmengleichheit entscheidet das Los. Der ehrenamtliche Vorsitzende der Vertreterversammlung und sein Stellvertreter dürfen nicht zugleich Vorsitzender oder stellvertretender Vorsitzender des hauptamtlichen Vorstandes sein, weil dies dem Grundsatz der Gewaltenteilung widersprechen würde. Die klare Aufgabenteilung zwischen dem Selbstverwaltungsorgan und dem Vorstand (z. B. Wahl und Überwachung des Vorstandes durch die Vertreterversammlung) kann daher durch Ämterhäufung nicht unterlaufen werden. Über eine Abwahl ihres Vorsitzenden oder stellvertretenden Vorsitzenden beschließt die Vertreterversammlung nach der Satzung mit zwei Drittel der Stimmen aller Mitglieder der Vertreterversammlung. Die Abwahl kann nur in einer Vertreterversammlung erfolgen, zu der mit einer Frist von 1 Monat unter Hinweis auf einen entsprechenden Antrag eingeladen worden ist. Damit können sich alle Mitglieder auf den Antrag zur Abwahl einstellen und ihre Teilnahme an dieser besonderen Versammlung planen.
Rz. 22
Nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 wählt die Vertreterversammlung der KV/KZV den hauptamtlichen Vorstand, dessen Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden als ersten und zweiten Vorsitzenden. Die Wahl erfolgt unmittelbar und geheim, sodass die vorgenannten Ausführungen zu den Wahlgrundsätzen entsprechend gelten.
Rz. 23
Abs. 2 Satz 2 betrifft nur die KV und die KBV und verfolgt die Absicht, im Sinne des gebotenen fachgruppenspezifischen Proporzes den großen ärztlichen Gruppierungen in der Vertreterversammlung, den hausärztlichen und den fachärztlichen Vertreterversammlungsmitgliedern, künftig einen gleichgewichtigen Einfluss auf die Wahl der Vorstandsmitglieder einzuräumen. Die Vorschrift gilt mit Wirkung zum 1.1.2012, hat also erst Auswirkung auf die nächsten Wahlen, nicht aber auf die laufende 6-jährige Amtsperiode der Vorstände, die voraussichtlich 2016 endet. Die Mitglieder der Hausärzte und der Fachärzte in der Vertreterversammlung wählen künftig aufgrund getrennter Vorschläge. Die beiden Vorschläge beziehen sich auf 2 Vorstandssitze. Besteht der Vorstand aus maximal 3 Mitglieder (vgl. § 79 Abs. 4 Satz 1), gilt die Vorschrift für 2 von ihnen. Zwar können sich auch die getrennten Vorschläge auf gemeinsame Kandidaten beziehen, aber es können auch konkurrierende Kandidaten zur Wahl nominiert werden. Die vorgeschlagenen Kandidaten werden jedoch weiterhin mehrheitlich von allen Mitgliedern der Vertreterversammlung gewählt.
Mit Wirkung zum 1.3.2017 ist durch Abs. 2 Satz 4 für den aus 3 Personen bestehenden KBV-Vorstand geregelt, dass ein Vorstandsmitglied eine in Bezug auf die Versorgungsbereiche innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung neutrale Person sein muss. Diese Person darf daher weder dem hausärztlichen noch dem fachärztlichen Versorgungsbereich angehören, wobei die Gruppe der Psychologischen Psychotherapeuten der fachärztlichen Versorgung zugerechnet wird. Als neutrale Person kann nach der Gesetzesbegründung entweder ein Jurist, ein Ökonom oder auch ein Arzt in Betracht kommen.
Für die Wahl der oder des Vorstandsvorsitzenden der KBV ist aufgrund des GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetzes eine 2/3-Mehrheit vorgegeben, um für die besondere Position des Vorstandsvorsitzenden der KBV eine breitere Legitimation und stärkere Akzeptanz durch die Vertreterversammlung zu erreichen. Die Legitimation der oder des Vorstandsvorsitzenden soll durch diese Mehrheitsentscheidung auf eine verlässliche und versorgungsbereichübergreifende Grundlage gestellt werden. Kommt die notwendige qualifizierte Mehrheit nicht zustande, gilt nach Abs. 2 Satz 6, dass die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen im 3. Wahlgang genügt.
Wird ein ehrenamtliches Mitglied der Vertreterversammlung einer KV/KZV in den hauptamtlichen Vorstand gewählt, scheidet es als Mitglied der Vertreterversammlung aus. Ein Ruhen der Mitgliedschaft in der Vertreterversammlung und das Nachrücken eines Ersatzmitgliedes ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung mit dem Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl nicht zu vereinbaren (so BSG, Urteil v. 28.8.1996, 6RKa 7/96).
Für die KZBV gelten diese gesetzlichen Vorgaben nicht, da es bei den Vertragszahnärzten solche Gruppierungen wie bei den Vertragsärzten nicht gibt.