Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 27
Nach dem mit Wirkung zum 1.3.2017 eingeführten Abs. 4 kann die Vertreterversammlung der KBV bzw. die Vertreterversammlung der KZBV (vgl. "Bundesvereinigungen") ihren Vorsitzenden oder dessen Stellvertreter abberufen, wenn aufgrund von objektiv nachprüfbaren, d. h. dem Beweis zugänglichen Tatsachen das Vertrauen der Mitglieder der Vertreterversammlung in die Amtsführung des Vorsitzenden oder des stellvertretenden Vorsitzenden ausgeschlossen ist. Die Betonung liegt bei objektiv nachprüfbaren Tatsachen, nicht auf einem schuldhaften Verhalten. Zu den Tatsachen zählen insbesondere, wenn der Vorsitzende oder dessen Stellvertreter seine Pflicht als Willensvertreter der Vertreterversammlung oder seine Informationspflichten gegenüber der Vertreterversammlung verletzt hat. Die das Vertrauen ausschließenden Tatsachen können sich sowohl aus Amtspflichtverletzungen als auch aus erheblichen Mängeln in der Amtsführung ergeben. In Abs. 4 genannt sind insbesondere Fälle, in denen die oder der Vorsitzende der Vertreterversammlung Pflichtverletzungen im Hinblick auf ihre oder seine Funktion als Willensvertreter/in der Vertreterversammlung oder als Informationsvermittler zwischen Vorstand und Vertreterversammlung begeht. Die in Abs. 4 aufgezählten Fallkonstellationen tragen der Funktion der oder des Vorsitzenden der Vertreterversammlung Rechnung. Diese oder dieser hat einerseits den Informationsfluss in das Plenum der Vertreterversammlung sicherzustellen (hinsichtlich der Tätigkeiten der Ausschüsse der Vertreterversammlung und auch hinsichtlich der Überwachung des Vorstandes), andererseits fungiert sie oder er als Willensvertreter/in der Vertreterversammlung als gesetzliche/r Vertreter/in der KBV bzw. der KZBV gegenüber dem Vorstand der jeweilige Körperschaft. Pflichtverletzungen, die mit diesen Funktionen im unmittelbaren Zusammenhang stehen, können z. B. der Abschluss von rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen zwischen der Körperschaft und dem Vorstand ohne Beteiligung der zuständigen Gremien sein oder auch die fehlende Mitteilung einer pflichtwidrigen Handlung des Vorstandes an das Plenum der Vertreterversammlung. Der Mitgliederversammlung wird bei der Bewertung einer objektiven Pflichtwidrigkeit ein weiter Spielraum eingeräumt (Rademacker, in: BeckOGK, SGB V, § 80 Rz. 22).
Die Abberufung erfolgt mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Mit dem Beschluss über die Abberufung der oder des Vorsitzenden bzw. stellvertretenden Vorsitzenden hat die Vertreterversammlung gleichzeitig eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu wählen (Abs. 4 Satz 3). Bei einer Abstimmung in der Vertreterversammlung der KBV ist die Stimmgewichtung nach § 79 Abs. 3a vorzunehmen. Die Neuwahl dient gleichzeitig der Gewährleistung einer kontinuierlichen Vertretung des Selbstverwaltungsorgans. Kommt die erforderliche Mehrheit für die Abberufung zustande, endet die Amtszeit der/des abberufenen Vorsitzenden oder der/des abberufenen stellvertretenden Vorsitzenden mit der Abberufung und der Neuwahl der Nachfolgerin bzw. des Nachfolgers.