Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 24
Abs. 1 Satz 2 beschreibt den Inhalt der Arzneimittelvereinbarung. Das Ausgabevolumen ist jährlich anzupassen. Unterjährige Korrekturen sind möglich (BT-Drs. 14/7170 S. 14) Sie umfasst:
- ein Ausgabenvolumen für die insgesamt von den Vertragsärzten nach § 31 veranlassten Leistungen (Arzneimittel, Verbandmittel, Harn- und Blutteststreifen, vom Gemeinsamen Bundesausschuss festgelegte Medizinprodukte, die zur Anwendung am oder im Körper bestimmt sind, bilanzierte Diäten entsprechend der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses und unter bestimmten, in § 31 geregelten Voraussetzungen die Versorgung mit Cannabis und mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol und Nabilon bei Patienten mit einer schwerwiegenden Erkrankung),
- Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele und konkrete, auf die Umsetzung der Ziele ausgerichtete Maßnahmen, insbesondere Verordnungsanteile für Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen im jeweiligen Anwendungsgebiet, Verordnungsanteile für Generika und im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel i. S. d. Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 6.11.2011 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 v. 28.11.2001 S. 67) die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 v. 7.1.2019 S. 24) geändert worden ist, auch zur Verordnung wirtschaftlicher Einzelmengen (Zielvereinbarungen), insbesondere zur Information und Beratung und
- Kriterien für Sofortmaßnahmen zur Einhaltung des vereinbarten Ausgabenvolumens innerhalb des laufenden Kalenderjahres.
Rz. 25
Die Erweiterung in Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bei den Zielvereinbarungen um die Formulierung auch zur Verordnung wirtschaftlicher Einzelmengen geht davon aus, dass die Abgabe von Einzelmengen dann zu Einsparungen führt, wenn hierfür preisgünstige Großpackungen verfügbar sind. Für die Ärzte sollten in den Zielvereinbarungen für 2008 erstmals Anreize geschaffen werden, die Abgabe von Einzelmengen wirtschaftlich zu verordnen.
Rz. 26
Die mit Wirkung zum 16.8.2019 in Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 in die Arzneimittelvereinbarung neu eingeführten Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele für Generika und im Wesentlichen gleiche biotechnologische hergestellte biologische Arzneimittel beruhen auf der Erkenntnis, dass die Verordnung von Generika und im Wesentlichen gleichen biologischen Arzneimitteln (Biosimilars) statt eines Originalpräparats i. d. R. wirtschaftlicher ist als die Verordnung des Originalpräparates. Durch die Verordnung von Generika sollen Wirtschaftlichkeitsreserven erschlossen werden (Scholz, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 84 Rz. 7), indem der Anteil der Generika, Biosimilars, rabattierten Arzneimittel und Reimporte erhöht und die Verordnung sog. Me-TOO-Präparate reduziert wird (vgl. z. B. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 15.11.2006, L 10 B 14/06 KA ER). Der Grund für diese Einschränkungen liegt in der ausschließlichen Schrittinnovation dieser Präparate. Regional bestehen aber nach der Gesetzesbegründung erhebliche Unterschiede in den Verordnungsquoten von Biosimilars. In den Vereinbarungen zu Arzneimitteln zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen, den Ersatzkassen und der jeweiligen KV sind daher auch für Biosimilars Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele zu definieren. Erfasst hiervon sind biologische Arzneimittel, die im Wesentlichen einem bereits zugelassenen biologischen Arzneimittel gleichen und die den Regelungen des Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie 2001/83/EG v. 6.11.2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel entsprechen. Diese Arzneimittel sind im Anhang I Teil I, Ziff. 3.2.1.1 der Richtlinie 2001/83/EG näher definiert.
Rz. 27
Die Richtlinie 2001/83/EG ist eine Richtlinie der Europäischen Union, in der die seit 1965 verabschiedeten Richtlinien, die Humanarzneimittel betreffen, zu einem Gemeinschaftskodex zusammengefasst wurden. Durch eine Reihe von Richtlinien ist in den letzten Jahrzehnten das Arzneimittelrecht in der Europäischen Union weitgehend harmonisiert worden. Als Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates wirkt die Richtlinie 2001/83 EG mittelbar, indem sie die Mitgliedstaaten der Europäischen Union verpflichtet, die Richtlinie in nationale Gesetzes umzusetzen. Die Richtlinie 2001/83/EG führt im umfangreichen Anhang I detailliert die Zulassungsanforderungen für Humanarzneimittel auf; ferner enthält der Teil I Angaben zum Common Technical Document, dem Format, in dem die Zulassungsunterlagen einzureichen sind. Teil II enthält Angaben zu spezifischen Zulassungsanträgen z. B. für Generika und Biosimilars.