Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 78
Eine Videosprechstunde in der vertragsärztlichen Versorgung kann z. B. hilfreich sein bei langen Anfahrtwegen oder nach einer Operation des Patienten, wenn das Aufsuchen der Praxis unmöglich ist. Die organisatorischen Voraussetzungen der Videosprechstunde regelt die Anlage 31b zum BMV-Ä i.F.v. 13.11.2023. Eine Videosprechstunde stellt eine Online-Sprechstunde zwischen dem Patienten und dem Vertragsarzt in Echtzeit dar (Schifferdecker, in: BeckOGK SGB V, § 365 Rz. 7). Gemäß § 1 Abs. 2 der Anlage 31b BMV-Ä wird sie definiert als synchrone Kommunikation über die dem Patienten zur Verfügung stehende Ausstattung, ggf. unter Assistenz durch eine Bezugsperson.
§ 365 verpflichtet die KBV und die DKV zu Vereinbarungen von Regelungen für Videosprechstunden in der vertragsärztlichen Versorgung.
- § 1 beschreibt den Vertragsgegenstand,
- § 2 die Bestimmungen zur Informationstechniksicherheit,
- § 3 die Anforderungen an die Teilnehmer zur Durchführung der Videosprechstunde,
- § 4 die Anforderungen an den Vertragsarzt,
- § 5 die Anforderungen an den Videodienstanbieter sowie
- in der Anlage 1 die technischen Anforderungen an die apparative Ausstattung der Arztpraxis.
§ 291g ist aufgehoben worden.
Nach § 2 der Vereinbarung haben der Videodienstanbieter und der Vertragsarzt für die Verarbeitung personenbezogener Patientendaten die rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten, die sich insbesondere aus den Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), des SGB V sowie des SGB X ergeben. Bei der konkreten Umsetzung kann sich der Vertragsarzt an den "Empfehlungen zur ärztlichen Schweigepflicht, Datenschutz und Datenverarbeitung in der Arztpraxis" der Bundesärztekammer (BÄK) und der KBV orientieren. Im Hinblick auf die Datensicherheit hat der Vertragsarzt in seinen Räumlichkeiten zu gewährleisten, dass bei der Verarbeitung personenbezogener Daten die technischen und organisatorischen Maßnahmen entsprechend § 9 BDSG eingehalten werden.
Zu § 3 der Vereinbarung sind sich die Vereinbarungspartner (KBV und GKV-Spitzenverband) einig, dass die Teilnahme an der Videosprechstunde für beide Teilnehmer freiwillig ist. Die Videosprechstunde hat zur Gewährleistung der Datensicherheit und eines störungsfreien Ablaufs in geschlossenen Räumen, die eine angemessene Privatsphäre sicherstellen, stattzufinden. Zu Beginn der Videosprechstunde hat auf beiden Seiten eine Vorstellung aller im Raum anwesenden Personen zu erfolgen. Aufzeichnungen jeglicher Art sind während der Videosprechstunde nicht gestattet.
Die apparative Ausstattung des Vertragsarztes umfasst nach § 4 der Vereinbarung einen Bildschirm, eine Kamera, ein Mikrofon und einen Lautsprecher. Deren Funktionalitäten können auch vollständig oder teilweise in einem Gerät vereint sein. Die elektronische Datenübertragung sowie der Bildschirm und die Kamera müssen die in Anlage 1 definierten Standards erfüllen und die Kommunikation mit dem Patienten ermöglichen.
Nach § 4 Abs. 2 der Vereinbarung informiert der Vertragsarzt den Patienten über die Videosprechstunde entsprechend den Anforderungen an die Teilnehmer gemäß § 3 der Vereinbarung und holt eine schriftliche Einwilligung des Patienten in die Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung ein, welche die Anforderungen des § 4a BDSG erfüllt und die der Patient jederzeit widerrufen kann. Nach § 4 Abs. 3 der Vereinbarung darf die Videosprechstunde nur von einem Vertragsarzt durchgeführt werden.
Der für die Videosprechstunde genutzte Videodienstanbieter muss nach § 5 der Vereinbarung folgende Anforderungen erfüllen:
- Der Arzt muss sich für den Videodienst registrieren.
- Der Videodienst muss keinen Zweitzugang vorhalten. Sofern ein Zweitzugang für Praxispersonal möglich ist, darf dieser allein und ausschließlich zu organisatorischen Zwecken im Zusammenhang mit der Videosprechstunde genutzt und mit diesem keine Videosprechstunde durchgeführt werden.
- Patienten müssen sich ohne Account anmelden können, der Klarname des Patienten soll für den Arzt erkennbar sein. Der Zugang darf nur zum Kontakt mit dem initiierenden Arzt führen und muss zeitlich auf höchstens einen Monat befristet sein.
- Der Videoanbieter muss gewährleisten, dass der Arzt die Videosprechstunde ungestört, z. B. ohne Signalgeräusche weiterer Anrufer, durchführen kann.
- Die Nutzungsbedingungen müssen vollständig in deutscher Sprache und ohne vorherige Anmeldung online abrufbar sein.
- Das Schalten von Werbung im Rahmen der Videosprechstunde ist untersagt.
- Der Videoanbieter muss angeben, ob der Videodienst die Durchführung von Videokonferenzen mit mehr als 2 Teilnehmern ermöglicht.
- Versicherte müssen den Videodienst nutzen können, ohne sich vorher registrieren zu müssen. Den Versicherten ohne Registrierung muss ein leichter Zugang zur Videosprechstunde, ohne weitere Aufforderung zur Registrierung ermöglicht werden. Den Versicherten ohne Registrierung ist ein deutlich sichtbarer Zugang zur Videosprechstunde auf allen unterstützenden Plattformen (app- oder webbasiert) anzubieten.
- Der Videodienstanbieter muss eine ...