Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 80
Als Bestandteil der Bundesmantelverträge gibt Abs. 1 Satz 1 je einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die ärztlichen und einen für die zahnärztlichen Leistungen (EBM bzw. BEMA) vor, welche die KBV bzw. die KZBV mit dem GKV-Spitzenverband durch Bewertungsausschüsse, getrennt nach ärztlichen bzw. zahnärztlichen Leistungen, zu vereinbaren haben. Diese rechtliche Einbindung der Bewertungsmaßstäbe in beide Bundesmantelverträge und die damit verbundene automatische Überleitung in die vertrags(zahn)ärztlichen Gesamtverträge auf Landesebene (vgl. § 82 Abs. 1) führt dazu, dass der EBM für die KV, den Vertragsarzt/Psychotherapeuten, das zugelassene medizinische Versorgungszentrum, die ärztlich geleitete Einrichtung sowie jeden anderen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt, und dass der BEMA für die KZV und den Vertragszahnarzt bzw. beide Bewertungsmaßstäbe für die Krankenkassen bzw. Landesverbände der Krankenkassen verbindlich sind. Die Partner auf der Landesebene haben nicht das Recht, den EBM/BEMA zu ändern oder z. B. ganz oder teilweise nicht anzuwenden.
Die untrennbare Kombination zwischen BMV-Ä einerseits und dem EBM andererseits bietet dem Gesetzgeber die Möglichkeit, den Partnern des BMV-Ä aufzugeben, die vertragsärztliche Versorgungspraxis i. S. einer Verbesserung und Weiterentwicklung im BMV-Ä zu ändern, und gleichzeitig den Bewertungsausschuss zu veranlassen, die ggf. dafür notwendigen neuen Gebührenordnungspositionen im EBM inhaltlich zu regeln und betragsmäßig zu bewerten. Beispiele dafür sind die Videosprechstunde und die palliativ-medizinische Versorgung nach Anlage 30 zum BMV-Ä sowie die im TSVG enthaltenen Maßnahmen für schnellere Behandlungstermine und bessere Versorgung.
Bindung an die BMV bedeutet allerdings nicht, dass im Falle der Nichteinigung über die als Anlagen zum BMV-Ä bzw. BMV-Z geregelten Bewertungsmaßstäbe auf der Bundesebene das nach § 89 Abs. 2 gebildete Schiedsamt für die vertragsärztliche Versorgung oder das Schiedsamt für die vertragszahnärztliche Versorgung von der KBV/KZBV oder dem GKV-Spitzenverband angerufen werden könnte. Hier entscheidet bei Nichteinigung letztlich der erweiterte Bewertungsausschuss (Abs. 5).
Ab dem EBM 2000 plus wird die Rahmenstruktur des jeweils aktuellen EBM durch das mit Wirkung zum 1.1.2004 eingeführte GMG bestimmt. Neu war, dass die ärztlichen Leistungen in Komplexen bzw. Fallpauschalen zusammenzufassen und kooperative Versorgungsformen besonders zu berücksichtigen sind. Der EBM wird fortlaufend durch den Bewertungsausschuss für ärztliche Leistungen weiterentwickelt. Die derzeit aktuelle Fassung des EBM gilt mit Wirkung zum 1.7.2019.
Die aktuelle Version des BEMA für die zahnärztlichen Leistungen ist am 1.7.2023 in Kraft getreten. Mit Wirkung zum 1.7.2018 sind, dem § 22a SGB V folgend, präventive Leistungen für die zahnärztliche Versorgung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen in den BEMA aufgenommen worden.
Rz. 81
Mit Wirkung zum 23.7.2015 ist Abs. 1 Satz 1 HS 2 dahingehend ergänzt worden, dass durch den Bewertungsausschuss im EBM die ärztlichen Leistungen einschließlich der Sachkosten geregelt werden. Bisher sind die Sachkosten, wie z. B. die Dialysesachkostenpauschalen oder die Kostenpauschalen für die Versendung und den Transport ärztliche Unterlagen, durch die Partner des BMV-Ä inhaltlich beschrieben, in Eurobeträgen bewertet und lediglich die erzielten Ergebnisse im Anhang zum EBM aufgeführt worden. Um die Zuständigkeit für die bundeseinheitlich zu entscheidenden Fragen der ärztlichen Vergütung zu bündeln, ist nunmehr dem Bewertungsausschuss für die ärztlichen Leistungen auch die inhaltliche Beschreibung und Bewertung der Sachkosten übertragen worden, der dabei nach der Gesetzesbegründung durch das Institut des Bewertungsausschusses (vgl. Abs. 3b) unterstützt werden soll. Mit Abs. 2 Satz 4 ist aber die bewährte Praxis der Partner des BMV-Ä übernommen worden, dass die Bewertung der Sachkosten in Eurobeträgen bestimmt werden kann. Ohne diesen Satz hätten auch für die Sachkosten Punkte vergeben werden müssen, was aber durch die Formulierung "abweichend von Satz 1" verhindert worden ist. Sachkosten beruhen auf unterschiedlichen Kostenarten, wie z. B. Einkaufspreise mit oder ohne Rabatte, Boni, Umsatzvergütungen oder Lagerhaltungs- bzw. Betriebskosten und Sachgemeinkosten. Diese und weitere Kostenarten bei der Bewertung in Punkte zu fassen, wäre für den Bewertungsausschuss problematisch gewesen, sodass es sinnvoller erschien, die Bewertung der Sachkosten wie bisher nach Eurobeträgen vorzunehmen. Die Verlagerung der Bewertung der Sachkosten auf den Bewertungsausschuss für ärztliche Leistungen bedeutet, dass jetzt auch die Sachkosten fester Bestandteil des EBM sind und im Nichteinigungsfall nicht mehr wie bisher das Bundesschiedsamt, sondern ebenfalls der erweiterte Bewertungsausschuss für ärztliche Leistungen nach Abs. 5 entscheidet.
Rz. 82
Die Überprüfung des EBM im Hinblick auf telemedizinische Leistungen ist eine k...