Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 1a
Mit Wirkung zum 1.1.2004 sind der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (§ 91 a. F.), der Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen (§ 91 a. F.), der Bundesausschuss für Fragen der Psychotherapie (§ 91 Abs. 2a a. F.), der Ausschuss Krankenhaus (§ 137c Abs. 2 a.F.) und der als Arbeitsgemeinschaft gebildete Koordinierungsausschuss (§ 137e a. F.) durch den Gemeinsamen Bundesausschuss als neue sektorenübergreifende, untergesetzliche Rechtsetzungseinrichtung der gemeinsamen, paritätischen Selbstverwaltung der Leistungserbringerorganisationen abgelöst worden. Kritisch wird die verfassungsrechtliche Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses gesehen (vgl. dazu Roters, in: BeckOGK SGB V, § 91 Rz. 23, sowie die zahlreichen Nachweise aus dem Schrifttum: Hannes, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 91 Rz. 38). Es fehle an einer ausreichenden Legitimationskette. Diese Bedenken sind bisher von der Rechtsprechung nicht aufgegriffen worden (BSG, Urteil v. 15.12.2015, B 1 KR 30/15 R). Der Gemeinsame Bundesausschuss hat weitreichende Regelungskompetenz, ist Rechtsnachfolger der vorgenannten Ausschüsse und auch in die Rechte und Pflichten der Arbeitsgemeinschaft Koordinierungsausschuss nach § 137e Abs. 1 eingetreten (Art. 35 § 6 GMG). Er ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt durch Richtlinien den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung für mehr als 70 Mio. Versicherte und legt fest, welche Leistungen der medizinischen Versorgung von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Darüber hinaus beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss Maßnahmen der Qualitätssicherung für den ambulanten und stationären Bereich des Gesundheitswesens. Mit Wirkung zum 23.7.2015 sind auch der Innovationsfonds und die Grundlagen der Förderung von neuen Versorgungsformen zur Weiterentwicklung der Versorgung und von Versorgungsforschung (§ 92a) sowie die Durchführung der Förderung von neuen Versorgungsformen zur Weiterentwicklung der Versorgung und von Versorgungsforschung (§ 92b) dem Gemeinsamen Bundesausschuss als neue Aufgaben zugeordnet worden.
Rz. 2
Den bis 31.12.1993 bestehenden Bundesausschüssen waren bereits durch das GSG v. 21.12.1992 (BGBl. I S. 2266) und das 2. GKV-NOG v. 23.6.1997 (BGBl. I S. 1520) erheblich mehr Aufgaben übertragen worden. Diese und weitere Aufgaben erledigt jetzt der Gemeinsame Bundesausschuss, der gleichzeitig die Aufgaben des Ausschusses Krankenhaus und des Koordinierungsausschusses übernommen hat. Gemessen an den Landesausschüssen, die nur ein relativ kleines Aufgabenspektrum abdecken, ist der Gemeinsame Bundesausschuss wesentlich bedeutsamer. Er bildet als maßgebliche Rechtsetzungseinrichtung der gemeinsamen Selbstverwaltung auf Bundesebene für die gesetzliche Krankenversicherung die Schlüsselposition für die verschiedenen Versorgungssektoren, wie ärztliche, psychotherapeutische, zahnärztliche und stationäre Versorgung, weil er durch Richtlinien und Beschlüsse den Inhalt der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung und der Krankenhausversorgung bestimmt, innerhalb des gesetzlichen Rahmens z. B. auch Versorgungsausschlüsse vornehmen kann und die unbestimmten Rechtsbegriffe wie Wirtschaftlichkeit und Qualitätssicherung oder Überversorgung ausfüllt. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat den Gemeinsamen Bundesausschuss bereits in der Rechtsform der bis 31.12.2003 existenten Bundesausschüsse als eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit (begrenzter) Rechtsfähigkeit beschrieben, dem die Aufgabe der konkretisierenden Rechtsetzung in der Krankenversicherung übertragen ist. Das GMG hat mit Abs. 1 Satz 2 dem Gemeinsamen Bundesausschuss die volle Rechtsfähigkeit verliehen und damit seine Rechtsstellung weiter gestärkt. Das Nähere über die Amtsdauer und Amtsführung der Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses bestimmt die Verordnung über die Amtsdauer, Amtsführung und Entschädigung der Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses und der Landesausschüsse der Ärzte (Zahnärzte) und Krankenkassen (Ausschussmitglieder-Verordnung – AMV) v. 10.11.1956 in der im BGBl. Teil III, Gliederungsnummer 827-9, veröffentlichten, bereinigten Fassung, die zuletzt durch Art. 12 des Gesetzes v. 22.12.2011 (GKV-VStG) geändert worden ist. Die Rechtsverordnung wird nach Abs. 3 Satz 2 der Vorschrift i. V. m. § 90 Abs. 3 Satz 4 vom BMG mit Zustimmung des Bundesrates erlassen, nachdem zuvor die 4 Trägerorganisationen des Gemeinsamen Bundesausschusses, die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), angehört worden sind.
Mit dem RVOrgG ist in Abs. 1 Satz 1 der Name "Bundesknappschaft" durch den Namen "Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See" ersetzt worden. Sachliche Änderungen ergeben sich dadurch nicht, w...