Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 45
Abs. 5 räumt den Arbeitsgemeinschaften der Ärzte-, Psychotherapeuten- und Zahnärztekammern Gelegenheit zur Stellungnahme ein, falls Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses die Berufsausübung der Ärzte, Psychotherapeuten oder Zahnärzte tangieren. Damit wird bestätigt und soll gleichzeitig sichergestellt werden, dass Berufsrecht eine Angelegenheit der Kammern ist und dass Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht im Widerspruch zum Berufsrecht stehen können. Die Gelegenheit zur Stellungnahme ist innerhalb einer angemessenen Frist einzuräumen, bevor der Gemeinsame Bundesausschuss seinen Beschluss fasst. Die Entscheidung, ob eine Stellungnahme einer Arbeitsgemeinschaft ggf. Berücksichtigung findet oder nicht, obliegt dem Gemeinsamen Bundesausschuss. Er muss sich aber ernsthaft mit etwaigen Bedenken der Arbeitsgemeinschaften auseinandersetzen und ihnen gegenüber u. U. darlegen, weshalb den Einwänden nicht Rechnung getragen worden ist. Den Kammern keine Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, wäre im Übrigen ein so gravierender Rechtsverstoß, dass das BMG die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses beanstanden müsste. Vom Recht auf Stellungnahme unberührt bleibt für die Qualitätssicherung bei zugelassenen Krankenhäusern, dass die Bundesärztekammer nach § 137 Abs. 1 Satz 1 an der Beschlussfassung über solche Qualitätssicherungsmaßnahmen beteiligt ist. Der Hinweis auf § 136b Abs. 2 Satz 2 erweitert z. B. das Beteiligungsrecht der Bundesärztekammer und ggf. der Bundespsychotherapeutenkammer bei Richtlinien und Beschlüssen des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Qualitätssicherung, soweit darin die Nachweise über die Fortbildungspflichten der Fachärzte, psychologischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (vgl. § 95d) tangiert sind.
Rz. 46
Der ohnehin große Kreis der gesetzlich bestimmten Stellungnahmeberechtigten ist mit Wirkung zum 1.1.2012 erneut erweitert worden. Die Rechte auf Stellungnahme ergeben sich z. B. aus den §§ 35 Abs. 2, 35a Abs. 3, 56 Abs. 3, 63 Abs. 3c, 91 Abs. 5, 137 Abs. 4, 137f Abs. 2 und 92 Abs. 1a, 1b, 3a, 6, 7, 7a, 7b, 7c. Nach der Gesetzesbegründung hat sich diese gesetzlich geregelte Form der Verfahrensbeteiligung von Dritten bewährt, insbesondere für Verbände und Berufsgruppen von Leistungserbringern, die institutionell nicht unmittelbar in das System der Gemeinsamen Selbstverwaltung von Krankenkassen, Vertragsärzten, Vertragszahnärzten und Krankenhäusern im Gemeinsamen Bundesausschuss eingebunden sind. Durch das Recht auf Stellungnahme, welches von Dritten wahrgenommen werden kann, aber nicht wahrgenommen werden muss, wird gewährleistet, dass ihre spezifische Sachkenntnis und ihre berufspolitische bzw. wirtschaftliche Interessenlage in die Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses einbezogen werden. Neu hinzugekommen sind wissenschaftliche Fachgesellschaften, Hersteller von Medizinprodukten und deren Interessenvertretungsorganisationen, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, das Robert-Koch-Institut, die Interessenorganisationen der Vorsorge und Rehabilitation sowie die Selbsthilfe. Nach Art. 161 des Gesetzes zum Abbau verzichtbarer Anordnungen der Schriftform im Verwaltungsrecht des Bundes kann die schriftliche Stellungnahme mit Wirkung zum 5.4.2017 auch elektronisch abgegeben werden. Wurde eine schriftliche oder elektronische Stellungnahme abgegeben, haben die Berechtigten nach Abs. 9 Satz 1 i. d. R. auch ein mündliches Stellungnahmerecht im jeweiligen Unterausschuss. Die mündliche Anhörung erleichtert den fachlichen Austausch, dient einer fundierten Auseinandersetzung mit den eingegangenen Stellungnahmen und erhöht zugleich die Akzeptanz der Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses. Näheres ist in der Verfahrensordnung zu regeln, ebenso die mögliche Teilnahme eines Vertreters an den Beratungen zu diesem Gegenstand im zuständigen Unterausschuss.