Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 134
Der ab 1.1.1999 gültige Abs. 10 regelte im Sinne einer zeitlich begrenzten Übergangsregelung die Bedingungen für eine sofortige, bedarfsunabhängige und im Sinne eines Bestandsschutzes wirkende Zulassung der Psychotherapeuten zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung der Versicherten. Diese als Härtefallregelung gestaltete Ausnahme, die 1999 die Einführung der vertragspsychotherapeutischen Versorgung in das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung sichern sollte, steht, wie das BSG im Urteil v. 8.11.2000 (B 6 KA 51/00 R) festgestellt hat, mit dem Verfassungsrecht im Einklang. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist der Gesetzgeber im Rahmen der Neuordnung des Rechts eines bestimmten Berufsbereichs gehalten, Übergangsregelungen für diejenigen Personen zu schaffen, welche eine künftig unzulässige Tätigkeit in der Vergangenheit in erlaubter Weise ausgeübt haben. Dabei liegt es regelmäßig nicht im Ermessen des Gesetzgebers, ob er sich zu solchen Übergangsregelungen entschließt. Bis auf den Fall, dass das Gesetz akute Missstände in der Berufswelt unterbinden soll, steht dem Gesetzgeber lediglich die Ausgestaltung der Übergangsregelung frei (BVerfGE 98 S. 265, 309 ff.). Eine Härte resultierte daraus, dass Leistungserbringer, die vor 1999 in niedergelassener Praxis an der psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten teilgenommen und unter anderem daraus ihr Erwerbseinkommen erzielt haben, ohne die Ausnahmeregelung nur noch bedarfsabhängig an der Versorgung hätten teilnehmen können und sich nur in nicht gesperrten Gebieten hätten niederlassen dürfen. Allein die Notwendigkeit, eine selbst geschaffene Praxis mit ihrem materiellen und immateriellen Wert zur Fortsetzung der bereits ausgeübten Behandlungstätigkeit als nunmehr zugelassener Vertragspsychotherapeut aufgeben zu müssen, rechtfertigte die Zulassung auch in überversorgten Gebieten und die Bevorzugung einer bestimmten Gruppe von Psychotherapeuten bei der Zulassung unabhängig von der örtlichen Bedarfssituation im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG.
Rz. 135
Bewerber um diese privilegierte, weil unabhängig vom Bedarf und der späteren Anordnung von Zulassungsbeschränkungen mögliche, Zulassung mussten danach die Approbation nach § 12 PsychThG besitzen, durch den Fachkundenachweis nach § 95 c Satz 2 Nr. 3 Kenntnisse und Erfahrungen in den durch die Psychotherapie-Richtlinien v. 3.7.1998 i. d. F. v. 17.12.1996 anerkannten Behandlungsverfahren in vollem Umfang nachweisen, den Antrag auf Zulassung bis 31.12.1998 gestellt und in eigener, niedergelassener Praxis und damit eigenverantwortlich an der psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten in der Zeit vom 25.6.1994 bis 24.6.1997 (sog. Zeitfenster) entweder im Rahmen des Delegationsverfahrens der vertragsärztlichen Versorgung oder des Kostenerstattungsverfahrens nach § 13 teilgenommen haben. Die Dauer der tatsächlichen Teilnahme an der Versorgung musste zwar nicht den gesamten Zeitraum umfassen, aber sich auf die psychotherapeutische Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung in einem zumindest in den letzten Monaten vor dem Stichtag 24.6.1997 annähernd halbtägigen Umfang in niedergelassener Praxis und mit den anerkannten Behandlungsverfahren beziehen (BSG, Urteil v. 8.11.2000, a. a. O.). Das Erfordernis einer eigenverantwortlichen Tätigkeit in niedergelassener Praxis hatte zugleich ausgeschlossen, dass Zeiten einer angestellten psychotherapeutischen Tätigkeit (z. B. an einer Universität, die die Behandlungskosten im Rahmen ihrer Ermächtigung abgerechnet hatte) oder Tätigkeiten im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses berücksichtigt werden konnten (BSG, Urteil v. 8.11.2000, B 6 KA 46/00 R). Nur die Fortführung einer bestehenden Praxis mit entsprechender Praxissubstanz schien dem Gesetzgeber schützenswert. Keinen Schutz aufgrund der Härtefallregelung erkannte das BSG dagegen Psychotherapeuten zu, die neben einer Teilzeittätigkeit als angestellte Psychotherapeuten lediglich 40 bzw. 60 Behandlungsstunden im Beauftragungs- und im Kostenerstattungsverfahren erbracht hatten (Urteile v. 8.11.2000, B 6 KA 44/00 R, B 6 KA 52/00 R). Das BVerfG hat mit Beschlüssen v. 22.3.2001 (1 BvR 409/01) und 3.4.2001 (1 BvR 462/01) Verfassungsbeschwerden gegen die BSG-Rechtsprechung v. 8.11.2000 (a. a. O.) nicht angenommen.
Rz. 136
Die Approbation, die nach Ableistung der durch die beiden Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen für Psychologische Psychotherapeuten und für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten vom 18.12.1998 (BGBl. I S. 3749, 3761) vorgegebenen staatlichen Prüfungen und nach Vorlage bestimmter Unterlagen wie Lebenslauf, Geburtsurkunde, Nachweis der Staatsangehörigkeit, amtliches Führungszeugnis, ärztliche Bescheinigungen über die Berufsfähigkeit und das Prüfungszeugnis durch die zuständige Landesbehörde auf Antrag erteilt wird, erlaubt erst die Ausübung der heilkundlichen Psychotherapie in Deutschland; der Fachkundenachweis sichert die Qualität der Behandlung i...