Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 47
Die berufsrechtliche Verpflichtung des Arztes, sich auf sein Fachgebiet/seine Fachgebiete zu beschränken, gilt auch für den Vertragsarzt, sodass im Zulassungsbescheid, der einen Verwaltungsakt darstellt, das Fachgebiet oder die Fachgebiete bezeichnet werden, in denen er praktiziert. Dies wird auch im Arztregister vermerkt, sodass diese Daten z. B. für die Arztgruppenbildung, die Bedarfsplanung oder die Honorarverteilung, und für weitere Zwecke der KV zur Verfügung stehen. Die Wahl des Fachgebietes, wenn der Arzt für mehrere Fachgebiete qualifiziert ist, aber eine Zulassung für mehr als ein Fachgebiet nicht in Betracht kommt, trifft der Vertragsarzt, wobei er evtl. bestehende Zulassungsbeschränkungen für einzelne Fachgebiete in den Planungsbereichen berücksichtigen sollte. Maßgeblich für die Abgrenzung der Fachgebiete in der vertragsärztlichen Versorgung sind, wie die ständige Rechtsprechung (vgl. u. a. BSG, Urteil v. 20.3.1996, 6 RKa 34/95) bestätigt hat, die berufsrechtlichen Regelungen über die ärztliche Weiterbildung (Weiterbildungsordnung als Anlage zur ärztlichen Berufsordnung).
Die Fachgebietsbeschränkung bezieht sich auf die Ärztin oder den Arzt und kann, bezogen auf die ärztliche Person, auch nicht bei einer Anstellungsgenehmigung in einem MVZ geteilt werden. So hatte z. B. ein MVZ versucht, einen in das Arztregister eingetragenen Arzt auf einer halben hausärztlich-internistischen und einer halben fachärztlich-internistischen Stelle zu beschäftigen. Mit Urteil des BSG v. 13.2.2019 (B 6 KA 62/17 R) war die darauf bezogene Klage abgewiesen worden, weil die Genehmigung des Zulassungsausschusses für einen Arzt jedenfalls im Rahmen ein und derselben Zulassung oder im Rahmen ein und desselben Anstellungsverhältnisses bei einem Vertragsarzt, einer Berufsausübungsgemeinschaft oder einem MVZ nur entweder für die hausärztliche oder für die fachärztliche Versorgung erteilt wird. Dies ergibt sich aus den Vorschriften über die Trennung beider Versorgungsgebiete; § 73 Abs. 1 Satz 1 gliedert die vertragsärztliche Versorgung in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Die Zuordnung zur haus- oder fachärztlichen Versorgung ist in § 73a Abs. 1a umfassend und abschließend geregelt. Die grundlegende Trennung von hausärztlicher und fachärztlicher Versorgung sowie die umfassenden und abschließende Zuordnung von Arztgruppen entweder zum hausärztlichen oder fachärztlichen Versorgungsbereich schließt nach Auffassung des BSG im Rahmen derselben Zulassung oder derselben Anstellung grundsätzlich aus, dass ein Arzt gleichzeitig an der hausärztlichen und an der fachärztlichen Versorgung teilnimmt. Gehört ein Arzt einer Arztgruppe an, deren Ausbildung ihn nach § 73 Abs. 1a für die Teilnahme in beiden Versorgungsbereichen qualifiziert, muss sich der Arzt für einen der beiden Bereiche entscheiden. Das Verbot, gleichzeitig hausärztlich und fachärztlich tätig zu sein, gilt im Übrigen unabhängig vom Umfang des jeweiligen Versorgungsauftrags (voller, halber oder 25 %iger Versorgungsauftrag).
Rz. 48
Eine Besonderheit im Zulassungsrecht stellen Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen dar, die auf ihren Antrag hin sowohl zur vertragsärztlichen als auch zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen werden können. Hintergrund der sonst nicht üblichen Doppelzulassung in 2 voneinander getrennten Versorgungsbereichen sind das Berufsrecht und die Weiterbildungsordnung; sie bestimmen bereits seit 1924, dass die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen die Doppelapprobation als Arzt und Zahnarzt haben können und dass ihre Berufsausübung typischerweise Leistungen einschließt, die nur Zahnärzte erbringen dürfen. Für die Praxis ergeben sich aus diesen Doppelzulassungen erhebliche Probleme bei der sachlich-rechnerischen Prüfung sowie der Plausibilitätsprüfung der abgerechneten Leistungen durch die KV/KZV und bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung durch die gemeinsamen Prüfgremien der KV/KZV und der Krankenkassen, weil diese doppelapprobierten Ärzte sowohl die Behandlungsfälle als auch innerhalb der Behandlungsfälle danach abrechnen können, wo sie die aus ihrer Sicht höchste Vergütung bekommen. Dies ermöglicht u. U. auch ein Umgehen der Budget-Regelungen und der Fallwertbegrenzungen u.Ä., die es in der vertragsärztlichen oder -zahnärztlichen Versorgung, abgestellt auf den jeweiligen Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der KV/KZV (vgl. dazu § 85 Abs. 4), gibt. Die Ziele, die der Gesetzgeber mit der Einführung von Budgets verfolgt, werden mithin konterkariert. Ein Zusammenführen der Abrechnungen bei der KV oder der KZV scheitert gelegentlich am Datenschutz, und eine denkbare Versagung der Doppelzulassung ist trotz der offenkundigen Schwierigkeiten nicht erlaubt, weil es keine normative Regelung dafür gibt (so BSG, Urteile v. 17.11.1999, B 6 KA 28/99 R, und B 6 KA 15/99 R). Eine zulässige Lösung dürfte aber darin liegen, im vertragsärztlichen und -zahnärztlichen Gesamtvertrag und als Folge im HVM nach § 85 Abs. 4 die Wahl der Abrechnung in der Weise ei...