Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 84
Die Zulassung begründet kraft Gesetzes (Abs. 3) die Mitgliedschaft des Vertragsarztes bei der für seinen Vertragsarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung. Auch bei einem MVZ bewirkt die Zulassung, dass die dort angestellten und vom Zulassungsausschuss genehmigten Ärzte automatisch Mitglieder der für den Niederlassungsort des Versorgungszentrums zuständigen KV werden (vgl. Abs. 3 Satz 2), während die im MVZ tätigen Vertragsärzte aufgrund ihrer Zulassung KV-Mitglieder bleiben. Der Vertragsarzt tritt durch die Zulassung in Rechtsbeziehungen zu seiner KV. Es besteht Pflichtmitgliedschaft, sodass die Mitgliedschaft weder im Ermessen des MVZ bzw. des dort angestellten Arztes noch der Kassenärztlichen Vereinigung steht. Folgerichtig endet die KV-Mitgliedschaft mit dem Ende der Zulassung des Vertragsarztes oder der Zulassung des MVZ. Die KV-Pflichtmitgliedschaft kann daher nicht unabhängig vom Zulassungsstatus des Vertragsarztes oder des MVZ bestehen und auch nicht zum Gegenstand einer gerichtlichen Feststellung gemacht werden (so BSG, Urteil v. 25.11.1998, B 6 KA 4/98 R). Die Mitgliedschaft berechtigt den Vertragsarzt oder den angestellten Arzt eines MVZ, durch Ausübung seines aktiven und passiven Wahlrechts (§ 80 Abs. 1) an den Willensbildungsprozessen seiner Kassenärztlichen Vereinigung mitzuwirken. Auch für Psychotherapeuten oder in einem MVZ angestellte Psychotherapeuten hat die Zulassung die Rechtsfolge, dass sie automatisch KV-Mitglieder werden.
2.2.1 Versorgungsauftrag
Rz. 85
Die Zulassung berechtigt und verpflichtet zugleich den Vertrags(zahn)arzt/Vertragspsychotherapeuten, an der Versorgung der Versicherten im allgemein üblichen Umfang teilzunehmen (Versorgungsauftrag); die vertraglichen Bestimmungen über die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung sind für den zugelassenen Leistungserbringer verbindlich. Die Berechtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung bedeutet, dass der Vertragsarzt/der Vertragspsychotherapeut/der Vertragszahnarzt oder das MVZ jeden ihn bzw. es in Anspruch nehmenden Versicherten zulasten der zuständigen Krankenkasse im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen ärztlich, psychotherapeutisch oder zahnärztlich versorgen darf.
Die Verpflichtung zur Teilnahme an der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung bedeutet andererseits, dass der Vertragsarzt und die anderen vorgenannten Leistungserbringer durch seine/ihre Zulassung die Verpflichtung übernimmt/übernehmen, die Versicherten im Rahmen seiner/ihrer Sprechstundentätigkeit und Hausbesuchstätigkeit zulasten der Krankenkasse (d. h. grundsätzlich ohne Zahlung oder Zuzahlung des Patienten) ärztlich, psychotherapeutisch oder zahnärztlich zu versorgen. Dazu gehört z. B. auch die grundsätzliche Verpflichtung eines jeden Vertragsarztes, seinem Versorgungsauftrag entsprechend am Notdienst oder Bereitschaftsdienst (vgl. § 75 Abs. 1) der für ihn zuständigen KV teilzunehmen (so auch BSG, Urteil v. 13.2.2019, B 6 KA 51/17 R).
Diese Verpflichtung übernimmt der Vertragsarzt/Vertragspsychotherapeut gegenüber seiner KV, die ihrerseits den Krankenkassen für die Erfüllung seiner Verpflichtung Gewähr zu leisten hat und bei Zuwiderhandlung den Vertragsarzt mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten hat. Dies gilt auch für ein zugelassenes MVZ. Eine Behandlungspflicht gegenüber dem einzelnen Versicherten erwächst dem Vertragsarzt oder dem MVZ dagegen grundsätzlich erst aus der Übernahme der Behandlung (vgl. § 76 Abs. 4).
Rz. 86
Die Behandlungspflicht schließt ein, dass die Inanspruchnahme der vertragsärztlichen Versorgung nicht durch einen Boykott der Krankenversichertenkarte (jetzt Gesundheitskarte) und durch Druck auf den Versicherten beeinträchtigt werden kann, die Kostenerstattung nach § 13 zu wählen. Wer als Vertrags(zahn)arzt, MVZ oder als KV bzw. KZV sich so verhält, handelt rechtswidrig. Während gegen den Vertrags(zahn)arzt oder das MVZ seitens der KV/KZV mit Disziplinarmaßnahmen vorzugehen wäre, hätte eine KV/KZV, die selbst den Boykott initiiert oder unterstützt bzw. gegen diesen vertragsärztlichen Leistungserbringer nichts unternimmt, mit aufsichtsrechtlichen Maßnahmen der Aufsichtsbehörde zu rechnen. Damit scheiden finanzielle Gesichtspunkte bei der Auswahl der Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung durch den Vertragsarzt rundweg aus. Mit der Behandlungspflicht wäre es im Übrigen nicht zu vereinbaren, wenn ein Vertragsarzt bestimmte, in sein Fachgebiet fallende Leistungen bei Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung nur noch privatärztlich oder gegen Kostenerstattung erbringen und abrechnen würde (BSG, Urteil v. 14.3.2001, B 6 KA 67/00 R). Die Behandlungspflicht bedeutet aber nicht generell, dass ein überlasteter oder aufgrund seines Alters oder Gesundheitszustandes überforderter Arzt seinen Patientenstamm nicht verkleinern dürfte; nur wenn dies geschieht, muss es gleichmäßig für die Versicherten aller Krankenkassenarten geschehen. Eine Ausnahmeregelung gilt lediglich für Ärzte, die am 1.10.197...