0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist mit Art. 1, Art. 68 des Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (Pflege-Versicherungsgesetz – PflegeVG) v. 26.5.1994 (BGBl. I S. 1014) mit Wirkung zum 1.1.1995 in Kraft getreten und seither nicht geändert worden.
1 Allgemeines
Rz. 2
Die Pflegeversicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung für Mitglieder des Deutschen Bundestages und der Parlamente der Länder war im ursprünglichen Entwurf des PflegeVG (BT-Drs. 12/5262 S. 15, dort in § 18 Abs. 1 Nr. 5) für Mitglieder des Deutschen Bundestages und der Parlamente der Länder (Abgeordnete) vorgesehen, wenn sie in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind. Die Pflegeversicherungspflicht für privat krankenversicherte Abgeordnete war nicht ausdrücklich angeordnet, sondern folgte aus der privaten Krankenversicherung. Im Zusammenhang mit der Neufassung des (jetzt) § 20 durch den AuS-Ausschuss (BT-Drs. 12/5920 S. 35) wurde die Regelung für Abgeordnete als § 20b ohne nähere Begründung in den Gesetzentwurf eingefügt und ist als § 24 Gesetz geworden.
Rz. 3
Der Regelungsinhalt der Vorschrift ist nicht ganz eindeutig. Zwar spricht die Überschrift von der "Versicherungspflicht der Abgeordneten", der Inhalt und Wortlaut der Regelung in Abs. 1 beinhaltet aber nur die Verpflichtung der Abgeordneten, das Bestehen einer Versicherung gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit gegenüber dem jeweiligen Parlamentspräsidenten nachzuweisen. Damit handelte es sich letztlich nur um eine Melde- und Nachweispflicht, die systematisch zu den §§ 50, 51 gehörte. Inhaltlich sollte wohl, dies scheinen Entwicklung, Überschrift und systematische Stellung im Dritten Kapitel zu belegen, eine eigenständige Regelung der Pflegeversicherungspflicht für Abgeordnete angeordnet werden (so Luthe, in: Hauck/Noftz, SGB XI, § 24 Rz. 1, Stand: XII/2015; Baier, in: Krauskopf, SozKV, SGB XI, § 24 Anm. 1.2, Stand: August 2001; Udsching, in: Udsching, SGB XI, 4. Aufl., § 24 Rz. 2; Karl Peters, in: KassKomm. SGB XI, § 24 Rz. 5, Stand: Juni 2016; a. A. Beck, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, § 24 Rz. 3; Stand: 12.8.2013), die sich aus der Verpflichtung zum Nachweis der Versicherung gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit ergibt. Mittelbar ließe sich aus der "unbeschadet einer bereits nach § 20 Abs. 3 oder § 23 Abs. 1 bestehenden Verpflichtung des Nachweises" auf einen eigenen Versicherungspflichttatbestand schließen. Auch das BVerfG hat in seinem Urteil v. 3.4.2001 (1 BvR 81/98, BVerfGE 103 S. 225 Rz. 7) auf die Versicherungspflicht nach § 24 verwiesen, ohne allerdings auf den Inhalt der Vorschrift einzugehen. Die dafür notwendigen Folgeregelungen in anderen Vorschriften sind jedoch nicht vorhanden; so ist z. B. in § 110 für zum Betrieb der Pflegeversicherung befugten privaten Krankenversicherungsunternehmen kein Kontrahierungszwang auch für die nach § 24 versicherungspflichtigen Abgeordneten vorgesehen. Selbst eine Sanktion für den Fall der Nichtversicherung oder des unterlassenen Nachweises enthält das Gesetz nicht, denn § 24 wird an keiner Stelle in § 112 in Bezug genommen. Satz 2 dehnt den nachweispflichtigen Personenkreis auf solche Personen aus, die nicht mehr aktive Parlamentarier, sondern Bezieher von Versorgungsleistungen nach den Abgeordnetengesetzen des Bundes oder der Länder sind.
2 Rechtspraxis
2.1 "Versicherungspflichtiger" Personenkreis
Rz. 4
Die Vorschrift erfasst nach ihrem Wortlaut die Abgeordneten des Bundestages, des Europäischen Parlaments und der Parlamente der Länder sowie der Senate in den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen. Ausgenommen sind von der Regelung damit sonstige gewählte Mitglieder anderer Gebietskörperschaften, insbesondere Kreis- und Kommunalabgeordnete.
Rz. 5
Wie oben (Rz. 3) ausgeführt, soll die Regelung wohl als eigenständige Anordnung der Pflegeversicherungspflicht für Abgeordnete zu verstehen sein, weil der Nachweis gegenüber dem Parlamentspräsidenten praktisch nur dann geführt werden kann, wenn eine solche Pflegeversicherung besteht. Angesichts des Wortlautes und der fehlenden Sanktionsmöglichkeit in den Fällen der Nichtversicherung ist jedoch äußerst zweifelhaft, ob sich diese mögliche Verpflichtung rechtlich durchsetzen ließe.
Rz. 6
Die Pflicht zum Nachweis einer Versicherung gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit besteht „unbeschadet einer bereits nach § 20 Abs. 3 oder § 23 Abs. 1 bestehenden Versicherungspflicht“. Diese Formulierung kann man nach der offenbar gewollten Zwecksetzung der Anordnung einer Pflegeversicherungspflicht dahingehend verstehen, dass diese eigenständige Pflicht zur Versicherung gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit nur besteht, wenn nicht schon nach § 20 Abs. 3 aufgrund einer freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung oder nach § 23 aufgrund einer privaten Krankenversicherung Pflegeversicherungspflicht besteht. Dann wäre dieses "unbeschadet" ein Hinweis auf den nur subsidiären Charakter der originären Versicherungspflicht für Abgeordnete (so Udsching, in: Udsching, SGB XI, 4. Aufl., § 24 Rz. 2). Allerdings wäre in dies...